Historisches:"Spiegel"thema vom 10.11.69/"Die Haschischwelle

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Sabine
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Registriert: Fr 18. Apr 2014, 09:15

Historisches:"Spiegel"thema vom 10.11.69/"Die Haschischwelle

Beitrag von Sabine »

Lang, lang ist es her, da bin ich auch noch mit dem Butterbrot ums Haus gelaufen ;)

Aber geändert hat sich, zumindest wenn man die Medienschlagzeilen unter "Tibet ist überall" liest, nicht soo viel. Außer das jetzt Marihuana das Objekt der Wahl und Qual ist.

"Die Haschischwelle" SPIEGEL vom 10.11.1969

"Hausmitteilung

Die literarische Tradition ist sehens- und lesenswert: aus dem frühen neunzehnten Jahrhundert Quinceys Bekenntnisse eines Opiumessers, aus dem späten neunzehnten Jahrhundert Baudelaires liebevolle Pflege im Blumengarten des Bösen, Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts das Protokoll des Selbstversuchs mit Meskalin, dem sich Aldous Huxley auslieferte, in den sechziger Jahren die vehemente Warnung von Jean Cau, Sartres ehemaligem Sekretär, vor den Bewusstseinsverzerrungen durch LSD (Lysergsäurediäthylamid). Der Auftrag zur Recherche in ungewohnte Dimensionen des Selbstgefühls, den SPIEGEL-Mitarbeiter Wilhelm Bittorf und SPIEGEL-Redakteur Karl-Heinz Krüger vor einigen Monaten übernahmen, blieb demgegenüber sehr viel enger umgrenzt: Es sollte für sie nur um die Ausforschung von Herstellung, Vertrieb (sprich: Schmuggel), von Konsum und Wirkung des aus Hanfblättern gewonnenen Haschisch gehen, eines teerartig aussehenden Stoffes, dessen freier Verkauf zwar wie bei den suchtverursachenden Mitteln Opium, Heroin und Morphium verboten ist, dessen Wirkung aber nach immer mehr Expertenmeinung und bis zum (immer noch möglichen) Erweis des
Gegenteils ungleich harmloser sein soll als die von Nikotin und Alkohol -und bei Anfängern, offenbar, gleich Null. "


http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-45440105.html



"Tibet ist überall

Die jungen Rebellen sitzen stumm in halbdunklen Teestuben und trinken Earl Greys Ceylonesische Hochlandmischung. Warum habe ich so viele Hände? Vorhin hatte ich doch nur zwei ... Warum lache ich?
Selbstvergessen hocken sie im glimmenden Schummerlicht eines weitläufigen Beatschuppens und vibrieren innerlich zu den Conga-Trommeln und Elektro-Orgeln stereophoner Rockmusik. die aus den Verstärkern über ihre geneigten Köpfe taucht. Ich tanze. Meine Augen sind geschlossen, mein Oberkörper kreist, meine Hände spielen in der Luft.

Sie treffen sich in Hauseingängen und geparkten alten Volkswagen wie Schwarzhändler der frühen Nachkriegszeit. Sie ziehen sich in Privatbuden zurück und lagern sich im Kreis auf den Boden. Erwartungsvoll betrachten sie den Mann mit dem Stoff in ihrer Mitte. Ein älterer Beobachter erinnert sich: wie deutsche Gefangene, die in einer sibirischen Baracke darauf warten, daß einer von ihnen aus den letzten Machorka-Krümeln die letzte Gemeinschaftszigarette dreht.
...
"Eine Rauschgiftlawine bedroht Deutschland" ("Bild am Sonntag"). "Alarmierende Rauschgiftwelle in Hamburg -- Ganze Schulklassen rauchen Haschisch" ("Hamburger Abendblatt") " "Schüler rauchen Hasch heim Schulausflug -- Die Rauschgiftwelle wächst und wächst" ("Frankfurter Rundschau"). "Immer mehr Münchner Schüler "reisen" in das Land der Träume -- Rauschgifthandel an Schulen nimmt ständig zu" ("Abendzeitung", München). "Auch in Stuttgart riecht es nach Haschisch" ("Stuttgarter Zeitung") " "Rauschgift-Ring in Regensburg" ("Die Woche", Regensburg)."


http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-45440131.html



"„Heller Türke“, „Schwarzer Afghan“
Seit fünftausend Jahren hilft Hanf der Menschheit: Aus den Fasern der männlichen Pflanze werden Stricke gedreht.
Blüten und Blattspitzen der weiblichen Pflanze dienen als Rauschmittel.
Der rauscherzeugende Wirkstoff (Tetrahydrocannabinol) wird freilich nur aus der indischen Hanfsorte ("Cannabis sativa variationis indica") gewonnen, die in subtropischem Klima am besten gedeiht, so in Mexiko und in Nordafrika, in der Türkei und im Libanon, in Afghanistan, Pakistan, Indien, Nepal und Vietnam.
...
Weisheit eines Haschisch-Händlers: "Je weiter du nach Osten gehst, desto besser und schwerer wird der Stoff." "


http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-45440132.html




"„HOFFENTLICH ALLIANZ-VERSICHERT“

Hasch-Schmuggel und illegaler Handel werden in Pakistan mit bis zu 14 Jahren, in der Türkei mit Kerker zwischen zehn Jahren und lebenslänglich bestraft -- bei Androhung der Todesstrafe; das gilt, seit Juli dieses Jahres, auch für den Iran.
Trotzdem nehmen Dutzende von Großhändlern und Hunderte von Schmuggel-Amateuren den riskanten, aber profitablen Haschisch-Handel wahr.
Noch vor einem Jahr gelangte der Stoff aus dem Vorderen Orient und dem ferneren Osten überwiegend in kleineren Portionen nach Mitteleuropa -- Hippies verstauten ihn in den Gitarren. Gammler in ihren Schlafsäcken, Auto-Touristen in der Türfüllung ihres Wagens, Neckermann-Reisende im Koffer oder einfach in der Unterwäsche. Andere Gelegenheitsschmuggler füllten Beinprothesen auf.

Inzwischen aber ist die Nachfrage jugendlicher Bundesbürger nach "Shit" so stark gestiegen, daß sich Haschisch-Import im großen Stil lohnt: Händler, .die jeweils Mengen zwischen 500 und 1000 Kilogramm ordern, gründen zuvor, etwa in Hamburg, über einen Strohmann eine Import-Firma und sichern sich Raum in einem Hafenschuppen oder einer Lagerhalle."


http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-45440133.html



"„RAUCHE PUR, MEIDE DAS GEFÄHRLICHE NIKOTIN“

Der erfahrene Kiffer achtet bereits beim Einkauf der Hasch-Klümpchen auf Konsistenz, Farbe und Geruch der angebotenen Ware. Er besteht darauf, eine Probe fühlen, riechen, rauchen oder schmecken zu dürfen. Preiswucher, Betrug und Fälschung sind auf dem Haschisch-Markt nicht selten.
Schon ein Gramm Haschisch bester Qualität kann, Sorgsam genossen, drei bis vier Personen berauschen; Ware minderer Qualität erfordert bis zu acht Gramm.

Einen Krümel des Stoffs zu verschlucken ist die einfachste Weise des Haschisch-Genusses. Ebenso unkompliziert (und besonders unter nichtrauchenden Damen verbreitet) ist es, die Substanz in einer Tasse Tee aufzulösen. Gourmets mischen den Stoff in aromatische Suppen oder (in der Pfanne) unter Kandis, backen Hasch-Plätzchen, Hasch-Florentiner oder gar eine Haschisch-Schokoladentorte."


http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-45440134.html



"„Plumps, ein Dandy“

Haschisch-Raucher über ihre Erlebnisse im Rausch „Haschisch kann nichts aus einem Menschen herausholen, das nicht In ihm ist“, sagte ein erfahrener Hasch-Raucher. „Hasch ist ein Wahrmacher und wirkt wie ein Vergrößerungsglas.“ -- Auf einem West-Berliner Rauch-Gelage äußerten Hascher sich über Ihre Empfindungen."


http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-45440135.html
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bushdoctor
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Re: Historisches:"Spiegel"thema vom 10.11.69/"Die Haschischw

Beitrag von bushdoctor »

Dieser "Spiegel"-Artikel diente nur der medialen Vorbereitung (vugo: Propaganda) für die absehbare "Einführung" des Betäubungsmittelgesetzes 1971/72!
Ich bin mir sicher, dass in allen Tages- und Wochenzeitungen zu dieser Zeit verstärkt "Propaganda" gemacht wurde... wäre ein interessantes Thema für eine Studien- / Doktorarbeit. (!)

Man musste erst das "Problem" (zumindest im Bewußtsein der Bevölkerung) schaffen, damit man dann später auch die "passende Lösung" bringen kann, ohne ungewollte Diskussionen auszulösen...
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