Bay.Staatszeitung "Dr.konsumräume: Reizthema für die CSU"

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Sabine
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Bay.Staatszeitung "Dr.konsumräume: Reizthema für die CSU"

Beitrag von Sabine »

"Gesundheitsausschuss: Die meisten Drogentoten gibt es in Bayern – dennoch sperrt man sich gegen Fixerstuben"

Sehr "interessant" auch die CSU-Reaktionen im Landtag, als ihnen ein Arzt trinkende Politiker als schlechtes Vorbild vorhielt.

http://www.bayerische-staatszeitung.de/ ... e-csu.html
Sabine
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Re: Bay.Staatszeitung "Dr.konsumräume: Reizthema für die CSU

Beitrag von Sabine »

"Nürnberg lässt bei Drogenkonsumraum nicht locker
Die Stadt Nürnberg hat einen erneuten Anlauf für einen sogenannten Drogenkonsumraum genommen - zunächst jedoch erfolglos. Das bayerische Gesundheitsministerium und die CSU im Landtag lehnen die umgangssprachlich auch Fixerstuben genannten Räume weiterhin kategorisch ab. "


http://www.pnp.de/nachrichten/bayern/18 ... ocker.html
Sabine
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Re: Bay.Staatszeitung "Dr.konsumräume: Reizthema für die CSU

Beitrag von Sabine »

"Nürnberg kämpft für Drogenkonsumraum

Ein Fachausschuss des Bezirkstags könnte die Wende bringen – bislang lehnt der Freistaat legale Fixerstuben ab.
...
Seit Jahren bemüht sich die Stadt Nürnberg vergeblich um eine Genehmigung über den Bayerischen Landtag oder um eine Erlaubnis für ein Modellprojekt beim Bayerischen Sozialministerium. Nun ist von einem Fachausschuss des Bayerischen Bezirkstags neuer Schwung in die Debatte gekommen. Er empfiehlt dem Hauptausschuss des Bayerischen Bezirkstags, in städtischen Brennpunkten die Einrichtung eines Drogenkonsumraums zu unterstützen. Wird dieser Beschluss im Februar angenommen, soll die Staatsregierung aufgefordert werden, eine entsprechende Verordnung zu erlassen.
...
Die Polizei ist skeptisch

Der leitende Kriminaldirektor Karl Geyer im Nürnberger Polizeipräsidium hat allerdings Sorge: Richte man eine Art Bannmeile von 500 Metern um einen Drogenkonsumraum in der Innenstadt ein, könne das zu einer Art Freiraum auch für Alkoholmissbrauch, Kleinkriminelle und Stricher werden. Nürnberg verstärke wegen seiner guten Hilfsstrukturen eine „Sogwirkung“ für Süchtige aus anderen Städten. Daher warnt er vor einem Abrücken von der Abstinenzpolitik. Die Polizei entziehe sich aber keiner fruchtbaren Diskussion.

Kategorisch lehnt der Nürnberger CSU-Landtagsabgeordnete Michael Brückner den erneuten Vorstoß des Runden Tisches ab. Man schaffe einen legalen Raum, „das ist in Bayern mit uns nicht zu machen“.


http://www.mittelbayerische.de/region/n ... 15285.html
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overturn
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Re: Bay.Staatszeitung "Dr.konsumräume: Reizthema für die CSU

Beitrag von overturn »

Dr. Wolf Dietrich Braunwarth, Oberarzt am Nürnberger Klinikum und Leiter der Substitutionsambulanz, berichtet beim Runden Tisch im Nürnberger Rathaus von einer kalifornischen Langzeitstudie: Demnach waren von den Drogenabhängigen nach 30 Jahren 48 Prozent verstorben, 22 Prozent abstinent. Sein Fazit: „Der größte Teil war nicht aus seiner Krankheit herauszubekommen.“ Diesem Personenkreis helfen weder Entzugsklinik oder eine medizinische Substitutions-Behandlung mit Ersatzpräparaten, die auch die Klinik leistet. Diesen harten Kern an Drogenabhängigen könne man nur langfristig gesundheitlich stabilisieren, wenn man nicht am Ziel Abstinenz festhalte.
Problematisch finde ich, dass hierbei unterstellt wird, dass eine Heroinabhängigkeit derart häufig mit dem frühzeitigen Tod endet und es sich bei Betroffenen um derart "hoffnungslose Fälle" handelt, was zwar empirisch teilweise zu belegen ist (s. Teesson et al. 2015: Long-term mortality, remission, criminality and psychiatric comorbidity of heroin dependence), jedoch einer viel weiteren Betrachtung bedarf - man denke einfach an den typischen "Morphinisten" der vergangenen Jahrhunderte: Hausfrauen, Soldaten, Ärzte, bisweilen Frau und Herr Jedermann). Ob den Betroffenen in der untersuchten Gruppe keine evidenzbasierte und freiwillige Behandlung oder Substitution geholfen hätte, lässt sich der im Bericht erwähnten Studie (Hser et al. 2001: A 33-year follow-up of narcotics addicts) überhaupt nicht klar entnehmen. Viel bedeutsamer: Die Betroffenen waren allesamt Personen, die bereits kriminalisiert und über Wege des Strafrechts registriert wurden. Es ist richtig, dass der Verlauf einer Heroinabhängigkeit insgesamt relational überaus schlecht aussieht (s. auch Darke 2011: The Life of the Heroin User), nur kann man hierbei nicht aus der Geschichte heraustreten und muss differenzieren - misst man hierbei also die Konsequenzen des Konsums, oder vielmehr der Konsumbedingungen und letztlich auch größtenteils die Konsequenzen der Drogenpolitik, nicht der Drogen selbst? Setzt man Erfolg teilweise mit Enthaltsamkeit gleich? Berücksichtigt man die Dunkelziffer und die Möglichkeit des kontrollierten Konsums, oder die Erfolge eines regulierten Zugangs zur Originalsubstanz samt psychosozialer Unterstützung (bspw. Blanken et al. 2009: Outcome of long-term heroin-assisted treatment offered to chronic, treatment-resistant heroin addicts in the Netherlands)? Derartige Ergebnisse dürften also eher nachdenklich stimmen, ob es sich bei einer Drogenabhängigkeit nicht ohnehin zu weiten Teilen gewissermaßen um eine soziale Krankheit handelt, die ebenso einen "Heilungsprozess" auf gesellschaftlicher und politischer Ebene benötigt. Man diskutiert hier über schmerzhaft überfällige Dinge - eine Substitution (gibts in Bayern eigentlich Nikotinpflaster?) wäre vielleicht denkbar? Eine Abstinenz sollte eventuell nicht das primäre Ziel sein? Na, kommt man vielleicht in den nächsten Jahren auch noch mal im 21. Jahrhundert an? Welche Gründe gegen Konsumräume sprechen, habe ich immer noch nicht so recht verstanden. Vielleicht ist man sich der Problematik auch nicht bewusst. Generell sind ganzheitlichere Konzepte gefragt, Perspektiven schaffen. Und in der internationalen Literatur muss man dann lesen, die deutsche Drogenpolitik wäre vorbildlich und fortschrittlich - wohl eher: mehr Schein als Sein.
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Unbegreiflich
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Re: Bay.Staatszeitung "Dr.konsumräume: Reizthema für die CSU

Beitrag von Unbegreiflich »

Es gibt bei dem Thema viel zu bedenken (“overturn“ hat vieles angesprochen).

Sauberes Infusionszubehör, so wie Druckräume sind das mindeste was eine Gemeinde diesen Menschen anbieten “MUSS”.

Das meinte ich in meinem aller ersten Eintrag in diesem Forum.
Was ist das für ein Respekt gegenüber Menschen und wie gut ist das für das gesamte soziale zusammenleben?!?

Ich lebe in einer Stadt in der es auch Heroinabhängige Menschen gibt.
Es gibt hier einen Druckraum!
Schadet das meiner Gemeinde?
Im Gegenteil!
Es liegen keine gebrauchten Spritzen auf der Straße (geschweige denn auf Spielplätzen in Parkanlagen).

Ich bin äußerst dankbar das dieser Konsumraum existiert.
Ich selber benötige diese Räumlichkeit nicht.
Die meisten Menschen brauchen das nicht, aber alle profitieren davon.
Unsere Gemeinde hat sicherlich Probleme, aber dieses Problem mit weggeworfenen Spritzen im Park haben wir nicht.
Wenn ich mitbekomme, dass in mittelgroßen Bayerischen Städten weggeworfene Spritzen zum Stadtbild gehören, dann erinnert mich das an Hamburg vor 30 Jahren.
So weit kann man eigentlich nicht hinterherhinken.
Einfach traurig und unbegreiflich.
Man lässt Leute verrecken und eine ganze Gemeinde muss die negativen Auswirkungen ertragen.
Auf der Straße können Kinder oder Hunde in gebrauchte Nadeln greifen oder treten.
Wenn eine Gemeinde da keine Alternative schafft, will ich rasend werden.
WAS MACHT IHR DA FÜR EINEN MÜLL???

Diese Räume müssten streng genommen flächendeckend aufgebaut werden.
Ohne palaver.
So eine Einrichtung verhindert einfach nur schlimme Auswirkungen.

Hier noch zwei Links zur momentanen Situation in Bayern:
Drogenszene auf Spielplatz: Stadt gegen Schließung - Nordbayern
http://www.nordbayern.de/region/nuernbe ... -1.4581167

Die Zahl der Drogentoten bleibt auch in Regensburg weiterhin hoch - Wochenblatt
http://www.wochenblatt.de/nachrichten/r ... 172,329209

Hier noch ein Link zu den Standorten der Drogenkonsumräume in Deutschland.
http://drogenkonsumraum.net/standorte
(Da sind wohl nicht alle Standorte gelistet. Warum kann ich nicht sagen, aber in Süddeutschland gibt es so etwas wohl nicht)

Wenn so eine Einrichtung installiert wird, steigert das auch nicht die Anzahl der Konsumenten.
Ich behaupte mal das Gegenteil wird passieren.
Weggeworfene Spritzen am Wegesrand, erinnern mich persönlich an Heroin und nicht der Konsumraum.
Der Konsumraum bewahrt auch die Gemeinde.
Man wird nicht auf der Straße mit Leuten konfrontiert die sich auf der Treppe kauernd den Löffel warm machen.
Das ganze passiert in der entsprechenden Einrichtung.
Gut für alle!
Der Konsumraum sieht auch nicht so einladend aus wie eine gemütliche Kneipe und man nimmt oftmals keinerlei Notiz davon.
Das ist wie gesagt eine notwendige Einrichtung die ziemlich unauffällig ist.
Nürnberg und andere Bayerische Gemeinden scheinen solche Einrichtungen wohl zu benötigen.
Der "Bayerische Landtag" sollte so etwas endlich zulassen. Das ist doch schon grausam was da abläuft!

Man müsste auch den Leuten die nicht davon loskommen, alternativen bieten.
Eventuell den Stoff den diese benötigen und zwar in gleichbleibender Qualität.
So verhindert man die ganzen negativen Effekte des unkontrollierten Marktes.

Wenn ein Abhängiger beispielsweise mit Heroin (pharmazeutische Qualität) versorgt wird, kann man das als Medikamentierung betrachten.
So könnte eine betroffene Person auch viel besser versuchen in einem begleiteten Programm den eigenen Konsum zu drosseln.
Gäbe da sicherlich viele Möglichkeiten.

Ich möchte noch auf etwas eingehen!
“overturn” schrieb …
Derartige Ergebnisse dürften also eher nachdenklich stimmen, ob es sich bei einer Drogenabhängigkeit nicht ohnehin zu weiten Teilen gewissermaßen um eine soziale Krankheit handelt, die ebenso einen "Heilungsprozess" auf gesellschaftlicher und politischer Ebene benötigt.
Das ganze ist super verschachtelt, aber du sprichst wahre Worte.
Es ist eine soziale Krankheit.
Eigentlich sind fast alle Probleme in unserer Gesellschaft auch auf eine
“Soziale-Gesellschaftliche-Politische Ebene” zurückführbar.
Suchtkrankheiten haben fast immer damit zu tun.

Es geht dabei aber nichtmal um Geld und eventuell bestehende gute Bezugsquellen.
Man stelle sich vor das es sogar sehr reiche Menschen gibt die total auf Drogen sind.
Das sind nicht nur “Stars und Sternchen“, da gibt es Leute von denen wohl kaum einer in seinem Leben gehört hat.
Diese Leute haben den großen Betrug an der Gesellschaft und dem gesamten Planeten schon lange erkannt.
Da macht dann das Geld auch nicht glücklich (wie man so schön sagt).
Es kommt schlicht darauf an was die Leute für ein Wissen besitzen und wie man dann mit diesen Erkenntnissen umgeht.
Einige stürzen ins bodenlose und betäuben sich mit Rauschmitteln
(diese Leute können das auch ganz einfach finanzieren, ohne ins finanzielle Abseits zu geraten).

Um viel von dem Schmerz aus der Welt zu räumen, bedürfte es großen sozialen und politischen Veränderungen.
Der Drogenkonsum und der Versuch sich zu betäuben würde dadurch sicherlich gemildert werden.

Hier nochmal ein Beispiel für den fatalen und irgendwie sehr traurigen Drogenkonsum von sehr reichen Drogensüchtigen.
„Hans Kristian Rausing“ und seine Frau lebten in Villen für über 50 Millionen Euro.
Seine Frau verstarb vor rund 3 Jahren.
Geld wird dort niemals zur Mangelware. Die „Familie Rausing“ hat wohl ausgesorgt.
Das Ehepaar lernte sich wohl damals schon auf einem Entzug kennen, dass Leben war schon sehr lange von Sucht geprägt.

Arbeiten müssen solche Leute auch nicht.
Warum auch, wenn man Milliarden besitzt?
Etwa um noch mehr Milliarden zu verdienen in einem kranken System?
Politische und soziale Veränderungen sind nötig, dass ist einfach so.
Alles Kaputt.
Einige haben die ganze Kohle und andere können sich nichteinmal eine Eigentumswohnung leisten.
Alles Absurd!

Tragödie bei Tetra-Pak-Erben: Die Geschichte von Eva und Hans - Spiegel
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/t ... 43868.html
Zitat aus dem Bericht:
Auch wenn sie selbst ihren Drogenkonsum anscheinend nicht in den Griff bekamen - oder gerade deswegen - unterstützten die Rausings jahrelang Suchthilfeeinrichtungen. Unter anderem brachten sich beide in der Mentor Foundation ein, die jungen Menschen mit Drogenproblemen hilft, und spendeten enorme Beträge.
Besonders Hans Kristian Rausing steht in dem Ruf eines Menschenfreundes und Kulturförderers. Er ließ dem Royal Opera House eine große Spende zukommen und unterstützte die Prince's Foundation, deren Schirmherr Prinz Charles ist. Dieser würdigte Rausing für sein Engagement in der Drogenhilfe einst als "ganz besonderen Philantropen".
Es wird einfach Zeit für generelle Veränderungen.
Auch Milliardere sind oft genug verzweifelt und fertig mit den Nerven.
Warum sollte so jemand auch sinnlos “Oldtimer” sammeln oder sonst wo Millionen und aber Millionen verplempern?
“Neureiche” würden sich so etwas wie eine “Oldtimer-Sammlung” sicherlich oftmals wünschen.
Weil es einfach schier unerreichbar ist für jedermann. Utopische Träume!

Einige Milliardere, die schon Reich geboren wurden sind einfach nur gelangweilt und haben erkannt das es viel wichtigeres im Leben geben würde.
Solche Leute stürzen dann oftmals ab. Geld hin oder her.
“overturn” schrieb …
Generell sind ganzheitlichere Konzepte gefragt, Perspektiven schaffen. Und in der internationalen Literatur muss man dann lesen, die deutsche Drogenpolitik wäre vorbildlich und fortschrittlich - wohl eher: mehr Schein als Sein.
Absolut!
Ganzheitlichere Konzepte sind gefragt!
Im Ausland grasieren die wildesten Gerüchte über Deutschland, besser gesagt die konsumieren teilweise auch deutsche Medien und glauben das alles.
Das hier einiges verdreht wird, merkt man in der Regel erst wenn man hier wohnt.
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overturn
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Re: Bay.Staatszeitung "Dr.konsumräume: Reizthema für die CSU

Beitrag von overturn »

Hey, Unbegreiflich!
Unbegreiflich hat geschrieben: Man müsste auch den Leuten die nicht davon loskommen, alternativen bieten.
Eventuell den Stoff den diese benötigen und zwar in gleichbleibender Qualität.
So verhindert man die ganzen negativen Effekte des unkontrollierten Marktes.

Wenn ein Abhängiger beispielsweise mit Heroin (pharmazeutische Qualität) versorgt wird, kann man das als Medikamentierung betrachten.
So könnte eine betroffene Person auch viel besser versuchen in einem begleiteten Programm den eigenen Konsum zu drosseln.
Gäbe da sicherlich viele Möglichkeiten.
Das ist ein sehr wichtiger Punkt, denn Konsumräume ändern letztlich leider nichts an den verunreinigten Substanzen, die dann aber immerhin unter sterilen Bedingungen konsumiert werden können. Die Vergabe der Originalsubstanz samt psychosozialer Unterstützung wird heutzutage vielleicht als fortschrittlich und zunehmend als "Goldstandard" betrachtet, interessant ist hierbei aber, dass man dies ursprünglich bereits vor ca. 100 Jahren erkannt hat (s. z.B. Trebach 1982/2006: The Heroin Solution). Meine Frage würde lauten, wo der Diskurs und die Praxis einer Schadensminimierung möglicher- und paradoxerweise weiteren Schaden verursacht, um dies zukünftig bestenfalls zu vermeiden. Indem man bspw. betont, dass Heroinabhängige an einer lebenslangen Krankheit leiden (um hierdurch z.B. nobler Weise die kontrollierte Vergabe der Originalsubstanz oder einer Substitution zu legitimieren), produziert man derartige Fälle unweigerlich mit: "Opiate addicts entering the treatment system risk being “made up” as chronic addicts regardless of how they themselves look upon their own addiction problem and notwithstanding that many of them have not given up their hope of becoming drug-free." (Järvinen/Andersen 2009: Creating Problematic Identities: The Making of the Chronic Addict - im Falle einer Methadon-Klinik in Kopenhagen). Es ist auch schlicht unnötig und entzieht sich der faktischen Grundlage, derart zu argumentieren. Es gibt keinen triftigen Grund, Betroffenen einen Zugang, bzw. zumindest die Möglichkeit hierzu zu verwehren, oder? Oder Konsumräume von der Vorstellung abhängig zu machen, dass es sich bei den Nutzern und einer gesamten Gruppe von Menschen um hoffnungslose Fälle handelt. Ich halte das für gefährliche Einstellungen. Vielmehr entsteht die Notwendigkeit derartiger "Innovationen" und Interventionen durch ein gesamtgesellschaftliches Versagen, nicht aus einer postulierten Andersartigkeit der Konsumenten. Selbst die besprochenen Maßnahmen lassen bspw. die individuellen Lebensumstände und sozialstrukturellen Gegebenheiten weiterhin weitestgehend unberührt und basieren auf einer pathologischen Perspektive. Hierdurch wird "Sucht" letztlich entpolitisiert und verdinglicht. Diese vielmehr als sozio-historisches Konstrukt zu betrachten (s. bspw. Fraser/Moore 2011: The Drug Effect; Schabdach 2009: Soziale Konstruktionen des Drogenkonsums und Soziale Arbeit) erscheint im ersten Moment vielleicht mehr als befremdlich, nur: wenn wir unsere Welt zum größten Teil selbst erschaffen, dann liegt es auch in unserer Kraft, sie ebenso massiv wieder zu verändern.

Beste Grüße!
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Unbegreiflich
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Re: Bay.Staatszeitung "Dr.konsumräume: Reizthema für die CSU

Beitrag von Unbegreiflich »

Hallo “overturn”.
“overturn” schrieb …
Das ist ein sehr wichtiger Punkt, denn Konsumräume ändern letztlich leider nichts an den verunreinigten Substanzen, die dann aber immerhin unter sterilen Bedingungen konsumiert werden können.
...
Als erstes:
Wenn man Ahornsirup über einen Kuhfladen gießt, wird noch lange kein Pfannkuchen daraus!

Das selbe gilt beispielsweise für Heroin.
Wenn das Material verunreinigt ist, kann man nix mehr machen.
Es wird massiver Schaden entstehen, da kann man dann auch Infusionszubehör bereitstellen und so weiter, dass ist nur zweitrangig.
Der Stoff, welcher zugeführt wird ist die Basis beim Konsum.
Ein sauberes Equipment gehört dann zum guten Gesamtpaket.
“overturn” schrieb …
Meine Frage würde lauten, wo der Diskurs und die Praxis einer Schadensminimierung möglicher- und paradoxerweise weiteren Schaden verursacht, um dies zukünftig bestenfalls zu vermeiden. Indem man bspw. betont, dass Heroinabhängige an einer lebenslangen Krankheit leiden (um hierdurch z.B. nobler Weise die kontrollierte Vergabe der Originalsubstanz oder einer Substitution zu legitimieren), produziert man derartige Fälle unweigerlich mit:
"Opiate addicts entering the treatment system risk being “made up” as chronic addicts regardless of how they themselves look upon their own addiction problem and notwithstanding that many of them have not given up their hope of becoming drug-free." (Järvinen/Andersen 2009: Creating Problematic Identities: The Making of the Chronic Addict - im Falle einer Methadon-Klinik in Kopenhagen). Es ist auch schlicht unnötig und entzieht sich der faktischen Grundlage, derart zu argumentieren. Es gibt keinen triftigen Grund, Betroffenen einen Zugang, bzw. zumindest die Möglichkeit hierzu zu verwehren, oder? Oder Konsumräume von der Vorstellung abhängig zu machen, dass es sich bei den Nutzern und einer gesamten Gruppe von Menschen um hoffnungslose Fälle handelt. Ich halte das für gefährliche Einstellungen.
Wie du schon sagtest gibt es beim Thema “Sucht” vieles zu bedenken.
Du liegst da auch bei vielem absolut richtig!

Vorab:
Oftmals ist es einfach so, dass Süchtige ein sehr anstrengendes Leben führen.
Erstmal gibt es irgendwo einen Grund für den Konsum, also eine Ursache.
Wenn dann dieser Mensch eine illegale Substanz nutzt, die ihm eigentlich (halbwegs) erfolgreich hilft um zum Beispiel mit einer traumatische Erfahrung fertig zu werden, dann ist das erstmal so festzuhalten.
Das Problem dabei ist das so eine Sucht meistens viel Geld verschlingt (oftmals mehr Geld als verfügbar).
Ab diesem Zeitpunkt hat diese Person ein neues Problem.
Woher bekomme ich Geld???

Vor allem geht es dabei nicht um ein unnötiges menschliches Verlangen, wie beispielsweise “Shopping”.
Man benötigt kein Geld für einen mehr oder minder überflüssigen Konsumartikel.

Man benötigt Geld für eine Substanz die einem hilft mit den Symptomen (oftmals psychischer Natur) eines Traumas klar zu kommen.
Das ist ein gigantisches Problem und bringt viele erst richtig in Schieflage.

Zu deinem Text:
1- Es kann gut sein das die allermeisten Nutzer von Heroin an “einer Lebenslangen Krankheit” leiden.
Sprich man hat zum Beispiel ein Trauma und Heroin hilft einem, beim oftmals jahrelangen überwinden des Traumas (eventuell benötigt man dass Heroin auch ein Leben lang).

Wenn dem so ist, könnten diese Leute definitiv von einer Heroinabgabe profitieren.
Ich bin ganz sicher das viele Heroin-Nutzer über die Jahre, ihren Konsum drosseln würden oder ganz aufhören würden.

Fiktiv:
Ein Heroin-Konsument nutz heute 0,6 Gramm fragliches Heroin mit nicht so toller Straßenqualität.
Diese Person benötigt im Monat rund 18 Gramm Heroin.
Was das kostet kann ich nicht sagen, kommt auch auf die Stadt an.
Das ist aber teuer, also unter 1000 Euro wird da kaum was zu machen sein (denke ich).
So eine Person ist doch heutzutage alleine schon durch diese Tatsache total beschäftigt.
Das zehrt die Leute doch aus.
Die sind immer unterwegs um Geld und Stoff zu organisieren.
Wie soll so ein Mensch genesen???
Diese Menschen müssen zur Ruhe kommen, am besten mit sauberem Heroin von einer Ausgabestelle.

2- Wenn so eine Abgabestelle besteht, dann werden diese Konsumenten das erste mal nach Ewigkeiten wirklich innehalten können.
Der Stress ist weg und man bekommt den Stoff einfach, dem man von früh bis spät hinterher rannte!
Nach kürzester Zeit werden diese Leute schon davon profitieren.
Diese Art von Ruhe und Versorgungssicherheit ist wichtig für Heilungsprozesse, zumindest kann man damit sehr oft eine verschlimmerung der gesamten Krankheit verhindern.

Sagen wir mal eine Person die 0,6 Gramm Heroin von der Straße konsumierte mit 70% Reinheit, würde dann in etwa mit 0,40 Gramm sauberem Pharma-Heroin am Tag auskommen.
Wenn er das eine gewisse Zeit konsumiert und wieder zu einem halbwegs geregelten Tagesablauf zurückfindet weil er nicht mehr den ganzen Tag mit der Organisation von Drogen beschäftigt ist, dann wird bei vielen nach einer Weile eine positive Veränderung stattfinden.
Kann gut sein das so eine Person sagt ich benötige diese Medikamentation sehr lange.
(Das ist bei anderen Medikamentationen nicht anders)
Einige werden aber nach Jahren (Jahrzehnten) der Medikamentation von sich aus kommen und sagen ich würde das “Medikament gerne ausschleichen lassen” oder meine Dosierung halbieren.
Dann kann man das sehr gut versuchen.
Wenn der Patient sagen wir 8 Jahre lang, täglich 0,4 Gramm Pharma-Heroin konsumierte und sagt ich will meinen Konsum in einem halben Jahr halbieren auf 0,2 Gramm täglich, dann kann man so eine runterdosierung in die Wege leiten.
Auch da sollte der Patient das Tempo vorgeben.
Wenn der Patient denkt er schafft das in einem halben Jahr (180 Tage Programm) dann sollte man das versuchen.

Täglicher Konsum zu Beginn = 0,400 Gramm
Verminderung des täglichen Konsums um 30mg - Bis Tag 30 = 0,370 Gramm
Verminderung des täglichen Konsums um 35mg - Bis Tag 60 = 0,335 Gramm
Verminderung des täglichen Konsums um 35mg - Bis Tag 90 = 0,300 Gramm
Verminderung des täglichen Konsums um 35mg - Bis Tag 120 = 0,265 Gramm
Verminderung des täglichen Konsums um 35mg - Bis Tag 150 = 0,230 Gramm
Verminderung des täglichen Konsums um 30mg - Bis Tag 180 = 0,200 Gramm

Am Anfang konsumiert der Patient 400mg Heroin und verringert nach jeweils 30 Tagen seinen täglichen Konsum um 30-35mg.
Nach 180 Tagen ist der Patien bei einer Dosis von 200mg/Tag angelangt.
Das wäre eine halbierung des Konsums, wenn der Patient bereit dazu wäre.
Ohne Druck läuft so etwas am besten, also wenn ein Mensch (Patient) von sich aus kommt und sagt ich würde gerne etwas verändern.

Damit wäre schon viel getan. Mancher würde garantiert komplett aufhören mit der Zeit, da bin ich sicher.
Mit einer Medikamentierung, kann man ein halbwegs normales Leben führen.
Was auch immer das bedeuten mag!
Aber so mancher würde wahrscheinlich nach langer Zeit mal wieder Zeit haben für sehr gewöhnliche Dinge, wie eine Beziehung oder ein Hobby.
So manches Leben eines Süchtigen könnte sich über die Zeit ändern, wenn man diese Leute als Patienten betrachtet und mit der entsprechenden Substanz versorgt.

Ich ziehe da ein wenig den Vergleich zum Alkohol.
Alkohol kann manchem bestimmt auch helfen, um gewisse Dinge zu verarbeiten.
(Auch wenn Alkohol bestimmt nicht das therapeutische Potenzial besitzt, wie beispielsweise ein Opiat)
Aber Alkohol kann auch süchtig machen, sogar körperlich.
Wenn man da mal richtig süchtig von war, dann zehrt das lange an den meisten Personen, wenn diese denn einmal “Trocken” sind”.
Man wird das in der Regel Jahrelang merken.
Selbst nach über 10 Jahren der absoluten Abstinenz, kann wohl schlagartig ein ganz heftiger Suchtdruck auftreten.
Irgendetwas lief schief bei der betreffenden Person, davor hatte man schon sehr viel Stress in der letzen Zeit usw.
Eine Person die sonst keinen Gedanken mehr an Alkohol verschenkt, kann auf einmal in richtig üble Situationen geraten.
Dann muss man schauen was man macht.

Ich habe schon von einigen ehemaligen Alkohol- und Heroinabhängigen gehört, das zum Beispiel gutes Haschisch im Falle eines akuten und unerwarteten Suchtdrucks helfen kann.
Finde ich sehr interessant!
Diese Leute erzählen auch oftmals das sie wirkliche Angst haben einen Rückfall zu bekommen mit Alkohol oder Heroin.
Da ist wohl auf der einen Seite ein unglaubliches Verlangen nach dieser alten Substanz (Alkohol, Heroin), auf der anderen Seite gibt es eine wahnsinnige Angst vor einem eventuellen Kontrollverlust, wenn man diese Substanzen nach Jahren der Enthaltsamkeit wieder zuführen würde.
Das verstehe ich direkt.
Jemand der es vor langer Zeit schaffte vom Heroin loszukommen und eigentlich ganz glücklich ist mit seinem leben wird in so einem Moment heftige Gewissenskonflikte haben.
Mit Angst (eventuell Wut) im Kopf eine Substanz konsumieren ist ganz schlecht.
Geschweige denn einen Rückfall mit dieser Substanz haben.
Wenn solche Leute erzählen das ihnen eine dicke Hasch-Tüte oder ein dickes Hasch-Köpfchen hilft um herunterzufahren, dann muss man das akzeptieren.
Die sind nicht “High” in dem klassischen Sinne.
Mit so einem Konsum wird eine Art Schadensminnimierung betrieben.
Die konsumieren das Haschisch und entspannen.
Entspannung ist wichtig um auf andere Gedanken zu kommen.
Das ist nur wünschenswert und bestimmt besser als das man einen Rückfall hat und eventuell die Kontrolle verliert.

Ich hatte mal gelesen das Haschisch bei diesen Leuten generell besser wirkt, als das gängige “Grass” das so im Umlauf ist.
Bei Haschisch ist die THC-CBD Konzentration wohl ausgeglichener und der Konsument erfährt kein “High“ im übertriebenen Sinne.
Das wäre logisch und würde den doch äußerst beruhigenden Effekt von Haschisch auf solche Leute erklären.
Das ginge sicherlich auch mit einem “Grass”, welches einen ziemlich ausgeglichenen “THC-CBD Wert” hat, aber woher bekommt man denn bitte so etwas im Regelfall?
Man wird in Deutschland kein “CBD Critical Mass” (CBD Crew) bekommen.
Auch nicht auf Nachfrage.
Woher denn?
Von wem?
Es gibt diese Sorten und das wäre bestimmt eine ganz feine Sorte (Laut Züchter: 5%THC 5%CBD), aber Gebrauchen darf man diese hier nicht.
Die meisten die Cannabis anbauen um es illegal zu handeln, richten ihren Fokus wohl auf THC.
Jemand der gerne etwas sachtes und ausgewogenes hätte, muss so eine Sorte eigentlich schon selber anpflanzen wenn er diese gerne hätte.
Wenn man dabei erwischt wird, kann das richtig mies ausgehen.
Einfach übel.
Das mal kurz zum Cannabis, bei diesem ganzen Bereich!

Zurück zum Kern:
Alkohol ist legal und Heroin illegal.
Das ist total absurd.
Beide Substanzen müssten einer Kontrolle unterliegen (Cannabis genauso).
Bei Alkohol ist die Möglichkeit des Aufhörens durch den legalen Markt besser gegeben.
Ein Alkoholiker kann sich Jahrzehnte mit feinstem Cognac oder Whisky kaputt saufen und dann Hilfe in Anspruch nehmen.
Zum Beispiel: Entgiftung, Therapie oder neuere Ansätze, wie “kontrolliertes Trinken” erlernen.
Die betreffende Person muss wissen was das richtige ist.
Das geschieht da auch meistens ohne Druck.
Man geht einfach los und holt sich Hilfe, wenn man das für nötig hällt, bei illegalen Drogen kommen oft Zwangsmaßnahmen wie Entzug zum Einsatz, so etwas ist eigentlich nie wirklich Erfolgsversprechend.

Darum bedarf es beispielsweise dringend einer Heroinabgabe für Süchtige.
„overturn“ schrieb …
wenn wir unsere Welt zum größten Teil selbst erschaffen, dann liegt es auch in unserer Kraft, sie ebenso massiv wieder zu verändern.
Was ganz wichtig ist!
Die “Gesundheit einer Gesellschaft” sollte im Vordergrund stehen.
Darum hatte man ja auch mit den internationalen Verträgen zu den Betäubungsmitteln, gewisse Regeln verabschiedet die Menschen schützen sollen.
Das ist erstmal ganz löblich.
Heute sehen wir aber sehr schlimme Auswirkungen dieser Verbotspolitik darum müsste eine Untersuchung her, welche alle Teilaspekte des illegalen Marktes wirklich gesamtheitlich erfasst und bewertet und dann müsste man neue Reglen verabschieden wenn nötig.

Wenn man nur bedenkt das in Europa im Jahr ca. 6.500 - 7.500 Menschen an illegalen Drogen sterben dann merkt man das einiges falsch läuft.
So mancher könnte noch leben wenn er denn gut versorgt gewesen wäre.

Unsere Medien berichten groß und breit über die Flüchtlinge die im Mittelmeer ertrinken und wir berichten sogar über die zehntausenden Toten im “Krieg gegen die Drogen” in Mittelamerika.
Das ist vollkommen in Ordnung, dass muss so sein.
Warum berichtet man aber kaum kritisch darüber das jedes Jahr rund 7.000 Europäer an unkontrollierten Drogen sterben?

Das ist schon total beängstigend, als wäre ein Drogenabhängiger absolut NIX wert. Nichtmal eine Meldung.

Dann versucht man die Leute sogar teilweise noch verbal anzugreifen die sich für einen anderen Umgang mit Drogen einsetzen.
Siehe aktuell “Frau Huml”, die meinte eine Legalisierungs-Debatte sei gefährlich.
Unfassbar!
Das eine Vertreterin einer demokratischen Partei vor einer “Debatte” warnt, topt eigentlich schon alles.
Wir leben in einer “Demokratie” in der “Debatten” geführt werden und nicht in einer “Diktatur” in der die Richtung von oben vorgegeben wird.
Das Volk wird weiterhin Debatten führen, vor allem wenn es um Menschenrechte, Gesundheit, Selbstbestimmung und Schadensminnimierung geht!
Eine “Debatte” wie diese, als gefährlich abzutun ist doch schon eine versuchte Torpedierung der freien Meinungsäußerung.

Ich entnehme den Worten von "Frau Huml" folgendes:
“Sag ja nicht was du denkst, denn ich sehe das anders und eine “Debatte” kann und will ich nicht führen, weil ich keine Argumente habe, welche die momentane Verbotspraxis bekräftigen könnten“.


Würden wir eine echte “Debatte” darüber führen, müssten die Entscheidungsträger direkt handeln.
Es gibt nichts was dieses Wiederwertige Verhalten gegenüber Süchtigen und deren Familien rechtfertigt.

Es geht darum das man mit anderen Regelungen für einen verbesserten Verbraucherschutz sorgen könnte und das man eventuell bei manchen Leuten ein vorzeitiges Ableben verhindern könnte.
Darüber muss man reden und da müssen Veränderunger verabschiedet werden!
So kann man die Welt auch im positiven Sinne ein wenig verändern.

Gruß
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overturn
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Re: Bay.Staatszeitung "Dr.konsumräume: Reizthema für die CSU

Beitrag von overturn »

Hallo, Unbegreiflich!
Unbegreiflich hat geschrieben: 1- Es kann gut sein das die allermeisten Nutzer von Heroin an “einer Lebenslangen Krankheit” leiden.
Sprich man hat zum Beispiel ein Trauma und Heroin hilft einem, beim oftmals jahrelangen überwinden des Traumas (eventuell benötigt man dass Heroin auch ein Leben lang).
Dem wollte ich zwar entschieden widersprechen, was aber nicht bedeutet, dass derartige Verläufe nicht völlig unbestritten existieren. Die meisten Menschen, die im Laufe ihres Lebens Heroin konsumieren, entwickeln allerdings keine Probleme (ca. 1:4). So ist es gut möglich und recht wahrscheinlich, dass es sich bei einem nicht zu unterschätzenden bis mehrheitlichen Teil der Konsumenten von Heroin - wie bei sämtlichen Drogen - generell um sog. kontrollierte und unauffällige Nutzer handelt (vgl. Schippers/Cramer 2002: Kontrollierter Gebrauch von Heroin und Kokain; Kemmesies 2004: Zwischen Rausch und Realität; Shewan/Dalgarno 2005: Evidence for controlled heroin use? Low levels of negative health and social outcomes among non-treatment heroin users in Glasgow; Warburton/Turnbull/Hough 2005: Occasional and controlled heroin use: Not a problem?). Wenn wir ferner davon ausgehen, dass ein nicht unerheblicher Teil der klinisch auffälligen Teilgruppe der Konsumenten hiermit traumatische Lebenserfahrungen oder traumaähnliche Zustände verarbeitet, oder es sich bei einer Drogenabhängigkeit gar grundsätzlich um eine Form der Selbstmedikation handelt, würde ich dazu auffordern, über die Sinnhaftigkeit zu reflektieren, dies dann in diesem Falle überhaupt als "Sucht" zu bezeichnen (und zu behandeln).

Betonen wollte ich zudem, dass eine Drogenabhängigkeit gerade durch klinische und strafrechtliche Interventionen mit produziert und begünstigt werden kann (Moore/Fraser 2013: Producing the "Problem" of Addiction in Drug Treatment; Murphy 2015: Illness or Deviance?: Drug Courts, Drug Treatment, and the Ambiguity of Addiction). Kaum überzubetonen bleibt hierbei, dass eine fehlende Funktionalität hinsichtlich der Lebensbewältigung nicht "naturwüchsig" als "Ding an sich" in oder außerhalb von Individuen besteht oder primär prozessual durch den Heroinkonsum hervorgebracht wird, sondern stets ein spezifisches kultur- und zeitgebundenes Phänomen darstellt (Scarscelli 2006: Drug Addiction between Deviance and Normality: A Study of Spontaneous and Assisted Remission; s. auch Fraser/Moore 2011: Constructing Drugs and Addiction).
Unbegreiflich hat geschrieben: Wenn dem so ist, könnten diese Leute definitiv von einer Heroinabgabe profitieren.
Ich bin ganz sicher das viele Heroin-Nutzer über die Jahre, ihren Konsum drosseln würden oder ganz aufhören würden.
Definitiv, aber noch mal: selbst wenn dem nicht so ist, spricht dies in keinster Weise gegen eine regulierte Heroinabgabe, oder? Wir ermöglichen Rauchern nicht den Zugriff auf Nikotinpflaster oder Tabakprodukte, weil wir davon ausgehen, dass diese an einer lebenslangen, bzw. irgendeiner Krankheit leiden - oder?
Unbegreiflich hat geschrieben: 2- Wenn so eine Abgabestelle besteht, dann werden diese Konsumenten das erste mal nach Ewigkeiten wirklich innehalten können.
Der Stress ist weg und man bekommt den Stoff einfach, dem man von früh bis spät hinterher rannte!
Nach kürzester Zeit werden diese Leute schon davon profitieren.
Diese Art von Ruhe und Versorgungssicherheit ist wichtig für Heilungsprozesse, zumindest kann man damit sehr oft eine verschlimmerung der gesamten Krankheit verhindern.


Das ist ein sehr wichtiger Punkt. Eine legale Bezugsmöglichkeit bleibt ohne größeren Rahmen allerdings zu kurz gedacht und könnte bei einem Teil der Konsumenten zugleich eine große Lücke hinterlassen, die es mit alternativen Perspektiven zu füllen gilt. Für langjährige Konsumenten, die auf der Straße leben, scheint die Substanz neben dem sozialen Netzwerk und dem "Lebensstil" bisweilen eine sekundäre Rolle zu spielen (siehe hierzu Preble/Casey 1969: Taking Care of Business - The Heroin User's Life on the Street; Stephens 1992: The Street Addict Role). Hier gilt es, zugleich strukturell tätig zu werden und insbesondere die Betroffenen und die Gemeinschaft vielfältig zu stärken (vgl. Patterson/Keefe 2008: Using Social Construction Theory as a Foundation for Macro-Level Interventions in Communities Impacted by HIV and Addictions).
Unbegreiflich hat geschrieben: So manches Leben eines Süchtigen könnte sich über die Zeit ändern, wenn man diese Leute als Patienten betrachtet und mit der entsprechenden Substanz versorgt.


Grob gesprochen: unbestritten. Hier würde ich aber ebenso noch etwas weiter denken wollen und daran festhalten, Heroinabhängige weder als Kriminelle noch als "Patienten" (und krank) - sondern schlicht als Menschen zu betrachten (s. auch Streich 2009: Vulnerable Gruppen: Verwundbarkeit als politik-sensibilisierende Metapher in der Beschreibung gesundheitlicher Ungleichheit). Es ist höchst umstritten, ob eine abweichende Etikettierung und Positionierung tatsächlich mit einer vermehrten Empathie, weniger Stigmatisierung und besseren "Heilungsprognosen" einhergeht - oder nicht gerade auf vielen verschiedenen Ebenen ein Hindernis darstellt (z.B. Wiens/Walker 2015: The chronic disease concept of addiction: Helpful or harmful?). "Krankheit" stellt in unseren Zeiten kein wirklich erstrebens- oder wünschenswertes Attribut dar. Hinzu kommt, dass sich jene Positionen empirisch größtenteils nicht bestätigen lassen und weitestgehend auf überaus dubiosen und fehl- oder überinterpretierten Grundlagen basieren (s. z.B. Ahmed/Lenoir/Guillem 2013: Neurobiology of addiction versus drug use driven by lack of choice; Dingel et al. 2012: Chronic Addiction, Compulsion, and the Empirical Evidence; Hammer et al. 2013: Addiction: Current Criticism of the Brain Disease Paradigm). Als zutreffend und angebracht sehe ich derartige "Erklärungsprinzipien" also höchstens im Verhältnis und Kontrast zu alternativen, noch kürzer greifenden Sichtweisen, die eine Drogenabhängigkeit bspw. als moralische Verfehlung, Willensschwäche und/oder eigens herbeigeführten und erwünschten Zustand betrachten möchten (um mitunter gar den Einsatz des Strafrechts zu legitimieren).

Dies soll nicht dazu führen, die Krankheitswertigkeit derartiger und ähnlicher Phänomene oder die Erfahrungen der Betroffenen zu bestreiten oder diesen in irgendeiner Weise eine Unterstützung zu verwehren - ganz im Gegenteil. Gefragt sehe ich es, die soziale Dimensionen hervorzuheben und angebracht, hier bekannte Vorstellungen bezüglich Gesundheit und Krankheit zu überdenken und ggf. zu erweitern und stets überaus kritisch zu bleiben: so geht auch eine kontrollierte Substanzvergabe gegenwärtig mit einem extrem hohen Stigma und unnötigen Strapazen einher, wie es sich auch bei Konsumräumen im Kern um eine exkludierende Kontrollpolitik handelt. Sich unkommentiert einem "Krankheitsdiskurs" zu beugen, halte ich für unüberlegt und sehe diesen eher als eine Form der Ausgrenzungspraxis, die es viel stärker zu thematisieren gilt.

Beste Grüße!
"Never doubt that a small group of thoughtful, committed citizens can change the world. Indeed, it is the only thing that ever has."
Sabine
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Re: Bay.Staatszeitung "Dr.konsumräume: Reizthema für die CSU

Beitrag von Sabine »

Diesmal im "Merkur"

"Fixerstuben in Bayerns Städten: Staatsregierung strikt dagegen

Der Bezirketag macht sich für Fixerstuben stark. Gesetzlich wären diese möglich, doch Bayerns Gesundheitsministerin und die Landtags-CSU sind strikt dagegen.
...
Deutschlandweit gibt es in fünf Bundesländern 24 dieser Räume – umgangssprachlich Fixerstuben genannt. In Freistaat lehnen Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) und die Landtags-CSU Drogenkonsumräume allerdings kategorisch ab.
Es sei reine Spekulation, dass der Verzicht auf die Fixerstuben der Grund für die hohe Zahl an Drogentoten in Bayern sei, argumentiert Huml. Und es sei ein Widerspruch, wenn Besitz und Erwerb von Rauschgift strafrechtlich verfolgt, der Konsum von illegal beschafftem Rauschgift aber erleichtert und geschützt werde.
...
Nicht nur in München gibt es den Wunsch nach den Fixerstuben. Nürnberg kämpft schon lange für ein Modellprojekt.
...
Für den Wunsch der bayerischen Großstädte spricht sich nun auch der Bayerische Bezirketag aus. Präsident Josef Mederer (CSU) stellt sich in der Diskussion um die Fixerstuben offen gegen seine Partei. „Ich bin fest überzeugt, dass diese Einrichtungen der richtige Weg sind.“ Bereits im März hatte sich Mederer in einem Brief an Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) dafür stark gemacht. Bisher gab es keine Reaktion. Nun hat der Bayerische Bezirketag Mederers Initiative in einem Hauptausschuss-Beschluss formuliert.
...
Auch die Landtags-Grünen haben vergangene Woche einen Antrag auf Fixerstuben in München und Nürnberg eingereicht – sind aber im Gesundheitsausschuss gescheitert. „Das wirksamste Mittel gegen Drogen sind einfach das Verbot und die Durchsetzung des Verbots“, betont Bernhard Seidenath, der gesundheitspolitische Sprecher der Landtags-CSU. „Wir versprechen uns von den Drogenkonsumräumen keinen Mehrwert.“
...
Josef Mederer hatte mit Gegenwind gerechnet. Aber es sei eine Frage, die man nicht durch die Parteibrille betrachten dürfe, betont er. Der Bezirketag will seine Forderung kommende Woche bei der Tagung im unterfränkischen Bad Kissingen zum Hauptthema machen – in der Hoffnung, die Staatsregierung doch noch überzeugen zu können."


http://www.merkur.de/bayern/fixerstuben ... 67524.html

Die bisherigen Kommentare sind sowas von unterirdisch Bild
Sabine
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Re: Bay.Staatszeitung "Dr.konsumräume: Reizthema für die CSU

Beitrag von Sabine »

Na wenigstens a bisserl wos ...

"Notfall-Medizin gegen Drogen-Überdosis

Erste Hilfe bei Opiat-Überdosierungen: Der Bezirk Oberbayern und die Landeshauptstadt München fördern ab sofort Schulungen von Drogenkonsumenten mit dem Notfallmedikament Naloxon. Dieser Stoff blockiert die Wirkung von Opiaten und wird in der Erste-Hilfe-Medizin bei Heroin-Überdosierungen eingesetzt. Die Schulungen finden seit April in Kontaktläden der Condrobs-Drogenhilfe in München statt.

„Intravenös Drogenabhängige brauchen schnelle Hilfe, wenn sie sich aus welchen Gründen auch immer eine Überdosis gesetzt haben“, erklärte Oberbayerns Bezirkstagspräsident Josef Mederer. „Das Notfallmedikament Naloxon können sich die Abhängigen selbst verabreichen beziehungsweise durch Mitkonsumenten oder geschultes Fachpersonal spritzen lassen. Der Bezirk Oberbayern fördert die Schulungen als Beitrag zur Überlebenshilfe für Drogenkonsumenten.“
...
Hintergrund für den Einsatz von Naloxon ist die stetig steigende Zahl der Drogentoten in München und Bayern. 2015 starben in München 66 Menschen an den Folgen ihrer Sucht (Bayern: 314). In München war das gegenüber 2014 eine Steigerung um 40 Prozent und die höchste Zahl seit zehn Jahren. Der Bayerische Bezirketag hat deshalb jüngst die Einrichtung von je einem Drogenkonsumraum in München und Nürnberg gefordert. „Wir dürfen dem Leid der Drogenabhängigen nicht tatenlos zusehen“, so Mederer. „Mit der Naloxon-Erste-Hilfe lassen sich Leben retten.“"


http://www.bayerische-staatszeitung.de/ ... dosis.html

https://de.wikipedia.org/wiki/Naloxon
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overturn
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Re: Bay.Staatszeitung "Dr.konsumräume: Reizthema für die CSU

Beitrag von overturn »

Ist es nicht bemerkenswert, dass derartige Probleme, zu einer Zeit als Opiate leicht und günstig verfügbar, größtenteils unbekannt waren (s. z.B. Brecher et al. 1972: Licit and Illicit Drugs; Scheerer 1995: Sucht; Schmidt-Semisch/Nolte 2000: Drogen)? Nicht, dass es gänzlich keinerlei "Drogenprobleme" gab (die maßgeblich durch soziale Umwälzungen und Bedingungen einer Industrialisierung befeuert wurden, wie die sog. "Gin-Krise", die "Branntweinpest" oder einen zeitweise zunehmenden Kindstod durch Opiate), jedoch wird der stereotypische und stigmatisierende "Typus" des "Junkies" und die heutige teils erhebliche und gravierende "Drogenproblematik" völlig zutreffend in den weitesten Teilen der Fachliteratur als Produkt der Prohibition bezeichnet (s. auch Fraser/Moore 2011: The Drug Effect: Health, Crime and Society; Kleiman/Caulkins/Hawken 2011: Drugs and Drug Policy: What Everyone Needs to Know). Ich halte die Maßnahmen zwar für völlig überfällig, deswegen aber nicht für weniger unzureichend. Hier möchte man vermutlich ebenso die zukünftigen Zahlen beschönigen. Es ist auf individueller Ebene und für sich genommen sicherlich ein potentiell gewaltiger (weil lebensrettender) "Puffer", insgesamt werden aber die zahlreichen zusätzlichen Problemlagen weiterhin verleugnet. Ändert sich hierdurch bspw. irgendwas an den strukturellen Bedingungen oder den Perspektiven für Betroffene? Wie sieht es mit der Situation um die Substitutionsmöglichkeiten aus? Wann kommen endlich flächendeckende Konsumräume? Oder die Regulierung "harter Drogen"? Vernünftige Sozialpolitik? Hier muss man hartnäckig bleiben. In der diesjährigen Erstausgabe des "Drogenkurier" (dem Magazin des Bundesverbands JES) wird u.a auf den historischen Tiefstand substituierender Ärzte (2016: 8) hingewiesen:
Das BfArM meldet mit Stichtag 1.7.2015 insgesamt 2.613 Substitutionsärzte. Dies ist der niedrigste Stand seit 2003. Allerdings werden heute etwa 25.000 Patienten mehr behandelt als damals.
Der "Drogenkurier" ist übrigens generell frei zugänglich (aber auch wahlweise per Abonnement zu beziehen) und bietet einen exzellenten und tieferen Einblick in die Thematik - http://www.jes-bundesverband.de/drogenkurier.html (Zugriff über die obige Zeitleiste)

Beste Grüße!
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Re: Bay.Staatszeitung "Dr.konsumräume: Reizthema für die CSU

Beitrag von Sabine »

"Dieses Notfallmittel soll Junkies das Leben retten

Eine 18-Jährige an einem Freitagabend im Juni, ein 45-Jähriger am Nachmittag darauf: Beide wurde in Wohnungen in München tot aufgefunden, beide starben nach dem Konsum von Drogen. In die Polizeistatistik gehen sie als 32. und 33. Rauschgifttoter dieses Jahres ein - ein trauriger Höchstwert, im Vergleichszeitraum des Vorjahres waren es 21.

Die Ursachen für den Anstieg sind vielfältig, sagen Experten, Mischkonsum, neue Substanzen, fehlende Konsumräume. Doch nun ist ein Gegenmittel namens Naloxon auf dem Markt, das Leben retten könnte.

Seit April bekommen Drogenkonsumenten bei der Münchner Suchthilfe-Einrichtung Condrobs Naloxon, vorausgesetzt, dass sie an einer zweistündigen Schulung teilgenommen haben. Dort zeige ein Rettungssanitäter den Abhängigen, wie das Mittel eingesetzt wird, erklärt Klaus Fuhrmann, Bereich-Geschäftsführer bei Condrobs, "vor allem, wie man sich hinterher verhält". Die Betroffenen müssten den Notarzt rufen und zur Beobachtung im Krankenhaus bleiben.

Naloxon ist ein sogenannter Opiatantagonist: Bei einer Überdosierung etwa von Heroin, Fentanyl oder Methadon docken die Opiate an bestimmte Stellen im Gehirn an, unter anderem an das lebenswichtige Atemzentrum. Das Naloxon verdrängt das Opiat von diesen Punkten und hebt die gefährliche Wirkung auf - vorübergehend. Das Gegenmittel hat eine geringere Halbwertzeit als das Opiat, aber wenn dessen Wirkung nach bis zu zwei Stunden zurückkehrt, ist die Dosis meist nicht mehr tödlich.
...
Vier Schulungen mit je rund 15 Teilnehmern wurden bisher bei Condrobs durchgeführt, zwei weitere sind für dieses Jahr noch geplant. Eine Ampulle Naloxon kostet acht Euro, die von den Krankenkassen nicht übernommen werden: Die Finanzierung stemmt Condrobs mit Unterstützung der Stadt und der Bezirk Oberbayern. Für dieses Jahr ist sie gesichert, für nächstes Jahr muss neu verhandelt werden. Inwieweit Naloxon die Zahl der Drogentoten tatsächlich senken kann, muss sich erst zeigen.
...
Dabei ist davon auszugehen, dass die tatsächliche Zahl der Drogentoten noch höher ist. Die Condrobs-Suchthelfer ließen für das vergangene Jahr überprüfen, ob die ihnen bekannten verstorbenen Suchtkranken in der Polizeistatistik erfasst sind: Bei immerhin neun Konsumenten war das nicht der Fall."


http://www.sueddeutsche.de/muenchen/dro ... -1.3051813
Ernst Berlin
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Re: Bay.Staatszeitung "Dr.konsumräume: Reizthema für die CSU

Beitrag von Ernst Berlin »

Ich bin absolut für Drogenkonsumräume. Nicht nur für Fixer ( gäbe es welche in München, würde meine damalige Freundin noch leben), ich fände das auch für kiffer gut. Endlich mal ohne Angst im Hinterkopf konsumieren, wer auf der Mary Jane im Raucherbereich war, oder mal in nem Coffieshop oder CSC war, weiß was ich meine.
Ich meine die Alkoholtrinker haben ja auch ihr Hofbräuhaus und ihre Wiesn und Wasn und Bürgerfeste und Volksfeste und was weiß ich noch für Gründe für Bier und Weinzelte. Wir wollen auch unsere Konsumräume. Auch wenn ich natürlich weiß das es hier um Heroin geht. Es gibt bereits den ein oder anderen Fall wo ein Junkie nach seiner Spritze noch nen Joint rauchen wollte. Nun erkläre dem mal das in diesem Drogenkonsumraum nur gespritzt werden darf!
DAS zeigt mir doch schon wieder wie Engstirnig die Deutschen sind. Und natürlich aus den Augen aus dem Sinn.
Privat Sponsor des DHV seit 06.10.2009... Wann machst du mit? :D
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Re: Bay.Staatszeitung "Dr.konsumräume: Reizthema für die CSU

Beitrag von Sabine »

Gestern fand in bayerischen Landtag eine Anhörung zum Thema "Naloxon" statt :

"Der Ausschuss für Gesundheit und Pflege ist einer von 13 ständigen Fachausschüssen des Landtags. Ihm gehören insgesamt 18 Abgeordnete an: Zehn von der CSU, vier von der SPD sowie je zwei von den FREIEN WÄHLERN und von Bündnis 90/Die Grünen. Vorsitzende ist die Abgeordnete Kathrin Sonnenholzner, stellvertretender Vorsitzender der Abgeordnete Bernhard Seidenath.
Anhörung zum Thema "Naloxon" am 25.10.2016

Der Ausschuss für Gesundheit und Pflege führte am 25. Oktober 2016 eine Anhörung zum Thema „Naloxonabgabe an geschulte medizinische Laien – Take-Home-Naloxon (THN)-Programme“ durch ( Verzeichnis der Sachverständigen(Dokument vorlesen); Fragenkatalog(Dokument vorlesen)).

Naloxon wird in der Notfallmedizin als Gegenmittel bei Opiatüberdosierung durch entsprechende Drogen bzw. Medikamente, wie Heroin und Methadon, verwendet. "


https://www.bayern.landtag.de/parlament ... ausschuss/

Dazu die SZ :

"Wieder mehr Drogentote

SPD-Fraktion will mit neuem Wirkstoff Leben retten

Die Zahl der Drogentoten in Bayern ist im vergangenen Jahr zum vierten Mal in Folge angestiegen. 314 Menschen starben 2015. Damit liege Bayern seit eben jenen vier Jahren "bundesweit an der Spitze dieser traurigen Statistik", wie ein Vertreter der Suchthilfe-Organisation Condrobs am Dienstag im Gesundheitsausschuss des Landtags berichtete.

Die Gründe dafür seien vielfältig. Einerseits komme wieder mehr Heroin auf den europäischen Markt. Andererseits habe der "hohe Verfolgungsdruck" durch die Polizei sowie härtere Strafen seitens der Justiz zu einem Ausweichen auf Substanzen geführt, die alles andere als harmlos seien. Hinzu komme, dass sich Bayern gegen sogenannte Konsumräume sperre, in denen Fachleute im Falle einer Überdosierung sofort mit lebenserhaltenden Maßnahmen Todesfälle verhindern könnten."


http://www.sueddeutsche.de/bayern/gesun ... -1.3221182

Ebenfalls aus der heutigen SZ-Print-Ausgabe :

"Mehr Tote durch Drogen

52 Tote aus Stadt und Landkreis München sind in diesem Jahr schon an den Folgen ihrer Drogensucht gestorben. ... Ein 57-jähriger Münchner wurde am Mittwoch vergangener Woche von einem Bekannten tot in seiner Wohnung an der Seydlitzstraße im Münchner Stadtteil Moosach aufgefunden. ... Der Angestellte war an der synthetischen Droge Crystal gestorben."
Sabine
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Re: Bay.Staatszeitung "Dr.konsumräume: Reizthema für die CSU

Beitrag von Sabine »

"Mit Nasenspray Leben retten

Gesundheitsausschuss: Experten fordern die Politik in Bayern dringend dazu auf, Suchtkranken Naloxon zu erlauben – ein Gegengift bei Überdosierung

Viele Suchtkranke sterben, weil die Mitkonsumenten bei einer Überdosis nicht den Notarzt rufen – aus Angst vor der Polizei. Naloxon ist ein Gegengift, das von Drogenabhängigen im Notfall wie ein Nasenspray benutzt werden kann. Doch obwohl es die Todesrate um 30 Prozent reduzieren könnte, ist die Abgabe an medizinische Laien in Bayern verboten. Eine Fehlentscheidung, meinen Experten.

Zwei Drittel aller Drogentoten sterben zu Hause oder in der Wohnung von Freunden. Denn statt bei einer Überdosierung einen Notarzt zu rufen, legen die Mitkonsumenten die Betroffenen zur Wiederbelebung meist nur in eine Badewanne mit kaltem Wasser. Grund: „90 Prozent haben laut einer Befragung Angst, dass neben den Ärzten auch die Polizei kommt“, erklärte Norbert Wodarz. Der Leiter der Suchtforschung am Bezirksklinikum Regensburg befürwortet daher die Abgabe von Naloxon: Dadurch hätten Konsumenten genug Zeit, die Wohnung vom restlichen Stoff zu befreien und zu verschwinden.

„Wir brauchen dringend einen weiteren Pfeil im Köcher“, meinte Direktor Heino Stöver vom Institut für Suchtforschung der Frankfurt University of Applied Sciences. 80 Prozent der Drogenkonsumenten hätten laut der Weltgesundheitsorganisation bereits Überdosierungserfahrungen gemacht – 20 Prozent aller Drogentoten sind nach erzwungener Abstinenz gestorben. Allein nach verweigerter Substitution in Haft würden 90 Prozent der Drogenkonsumenten rückfällig.
...
Die CSU-Fraktion war hingegen noch nicht überzeugt. „Könnte statt dem Umgang mit Naloxon nicht die Atemspende trainiert werden?“, fragte der Vizevorsitzende des Ausschusses, Bernhard Seidenath.
...
Sandro Kirchner (CSU) war dennoch skeptisch. Der Abgeordnete befürchtet, dass Drogenabhängige durch das Nasenspray leichtfertiger mit Drogen umgehen."


http://www.bayerische-staatszeitung.de/ ... etten.html

Wieder mal voll erfolgreich das Prinzip "Strafe". :roll:
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Re: Bay.Staatszeitung "Dr.konsumräume: Reizthema für die CSU

Beitrag von Sabine »

"Die Katakomben des Münchner Hauptbahnhofs - ein Rückzugsort der Junkies

Wenn die Polizei Süchtige vertreibt, weichen diese in die unterirdischen Gänge aus, die nur Eingeweihte kennen. Für sie ist es ein Schutzraum - aber dort spielt sich auch Grausiges ab.
...
Die Stadt will eigentlich auch nichts mitbekommen von ihm. Denn damit Junkies wie er das Stadtbild möglichst wenig trüben, setzt die Polizei auf "gewisse Verdrängungsmaßnahmen, um das subjektive Sicherheitsgefühl nicht zu stören", wie Hubert Halemba sagt, der Leiter des Drogendezernats der Münchner Polizei. Das heißt: Polizeipräsenz und Kontrollen. Wohin aber weichen dann die Junkies aus?
...
Lebensgefahr - für Menschen wie Hannes gilt das immer. Seit 16 Jahren ist er abhängig, sein halbes Leben lang. Anfangs Gras, später Kokain, inzwischen Heroin. Hier unten kommt er hin - "einfach, um von der Straße wegzukommen", sagt er. "Oben ist es ja doch sehr gefährlich für einen, irgendwo von der Polizei aufgegriffen zu werden." Hier unten passiert das kaum.
...
Kritiker finden das typisch für die bayerische Drogenpolitik. Prävention, Beratung und Hilfe sowie Repression durch Maßnahmen der Polizei und Justiz - es wird vieles getan, um die Leute vor der Abhängigkeit zu schützen. Nur: Wen all dies nicht abhalten konnte, der hat schlechte Chancen, je den Weg zurück zu finden. "Ich geh' nur in die Katakomben, weil wir sonst nirgends hinkönnen", sagt Hannes. "Was wir bräuchten sind Drogenkonsumräume, damit unsere Klienten unter hygienischen Bedingungen und mit medizinischem Personal im Hintergrund konsumieren können", fordert Heike Zwanziger, Sozialpädagogin beim Drogennotdienst L43. Aber die Staatsregierung sträubt sich gegen solche Orte. Was die Münchner Polizei unbedingt vermeiden will, ist eine Drogenszene gleichsam auf offener Bühne.
...
Auch die Bahnhofsmission kennt das Problem. Sagt jedoch, dass dessen Lösung unmöglich sei. Junkies bräuchten einen Platz, an dem die Polizei sie nicht sieht. "München hat nicht weniger Drogenabhängige als andere Städte - man sieht sie nur nicht, weil München eine Vertreibungspolitik pflegt", sagt Heike Zwanziger. "


http://www.sueddeutsche.de/muenchen/dro ... -1.3235572
Sabine
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Re: Bay.Staatszeitung "Dr.konsumräume: Reizthema für die CSU

Beitrag von Sabine »

"
Antrag
SPD will Konsumräume

In Nürnberg soll Modellprojekt für Drogensüchtige entstehen

Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) hat nicht nur einmal klargestellt, was sie und ihre Parteifreunde von sogenannten Drogenkonsumräumen halten: rein gar nichts. Die Nürnberger SPD-Landtagsabgeordnete Angelika Weikert indes beeindruckt das offenbar wenig. Sie hat nun einen neuen Anlauf für die Einrichtung eines Drogenkonsumraums in ihrer Heimatstadt gestartet - als Modell für weitere solcher Projekte im Freistaat. "Die Staatsregierung darf nicht aus ideologischen Gründen als einzige die Faktenlage ignorieren und damit Menschenleben aufs Spiel setzen", betonte Weikert.
...
Was indes die Einrichtung von Drogenkonsumräumen betrifft, die mittlerweile auch der bayerische Bezirketag für sinnvoll erachtet, beansprucht die Ministerin nach wie vor für sich "gute Gründe für die Ablehnung". Sie befürchtet insbesondere, dass die Konsumräume "den illegalen Drogenhandel anziehen und zu vermehrter Handelsaktivität in der Umgebung" führen könnten.

Diese Argumentation sieht die SPD-Sozialpolitikerin Weikert nun durch eine aktuelle Befragung widerlegt, die die Mudra Drogenhilfe deutschlandweit durchgeführt hat.
...
"Mit dieser Befragung hat das Versteckspiel hinter Scheinargumenten ein Ende", sagt Weikert. Huml hält dagegen, in Bayerns großen Kommunen gebe es ausreichend "Netze von niedrigschwelligen Hilfen für Suchtkranke"."


http://www.sueddeutsche.de/bayern/antra ... -1.3594751
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