Fordert REGULIERUNG statt Legalisierung!

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His Master's Voice
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Fordert REGULIERUNG statt Legalisierung!

Beitrag von His Master's Voice »

Hi,

ich hatte es schon hier und da an anderer Stelle erwähnt, aber da ich das Thema an sich wichtig finde, eröffne ich dazu jetzt einfach mal einen eigenen Thread.

Und zwar geht es mir um den Begriff der Forderung nach LEGALISIERUNG und wie er sich argumentativ und, die gesellschaftliche Wahrnehmung betreffend, auf uns, unsere Gegner und auf die Diskussion als Ganzes auswirkt, insbesondere, welche Nachteile dadurch entstehen und wie wir es vielleicht besser machen können.

Jeder kennt den Spruch "Legalize it!". Alles klar. Ja klar, sagt der Hanffreund. Genau! Das will ich! Ich will, dass das Verbot von Hanf aufgehoben wird.
Wir bezeichnen uns ja auch selbst gemeinhin als "Legalisierungsbewegung". Prohibitionisten nennt man oft "Legalisierungsgegner" usw.

Ok, sagt der Prohibitionist, Ihr wollt also das Hanf legalisiert wird? Und was legalisieren wir dann als nächstes? Crack? Heroin? Kinderpornos? Diebstahl? Vergewaltigung? Mord? Wo soll das aufhören? Nee, nee, kommt mir gar nicht in die Tüte. Kiffen ist kriminell und da wird nix legalisiert. Wo kämen wir denn da hin, wenn wir anfangen, kriminelle Sachen zu erlauben?

Und jetzt wieder zurück zu dem Spruch. Ich behaupte, dass der Spruch "Legalize it!" und der Begriff LEGALISIERUNG als Hauptforderung und oft auch Endpunkt der Argumentation unserem Anliegen inzwischen eher schadet, als nützt. Die Hanffreunde sind eh dafür und bei den Prohibitionisten und ihren klassischerweise konservativ eingestellten Anhängern, ist die Argumentation gegen diese Forderung inzwischen breitgewalzt wie eine achtspurige Autobahn.
Jedes Mal also, wenn einer von uns die Legalisierung fordert und die Diskussion sich daran festbeißt, bewirkt er das Gegenteil. Er löst einen über Jahrzehnte ausgebildeten Gegenreflex aus, der die Prohibitionisten in ihrem Weltbild bestärkt, dass Kiffer zügellose antibürgerliche Dummbatzen sind, die einfach nur etwas Verbotenes tun dürfen wollen. Hier wirken bürgerliche Urängste, die mit jeder Verwendung des Begriffs Legalisierung wieder und wieder bedient werden und anhaltend unnötigen Widerstand erzeugen. Wir fordern quasi etwas, dem der Konservative per definitionem nicht zustimmen KANN.



Daher mein Vorschlag dem entgegen zu wirken:

Hört auf, die Legalisierung von Hanf als Hauptziel zu fordern. Fordert stattdessen massiv und wo immer es geht, die REGULIERUNG des Cannabis-Marktes. Bezeichnet uns als REGULIERUNGSBEWEGUNG und sprecht von den REGULIERUNGSGEGNERN.


Warum?

A. Das Problem in Deutschland ist mMn nicht in erster Linie das Verbot des Cannabis-Marktes. Es geht nicht darum, die Versorgung mit Cannabis zu ermöglichen. Jeder kann heute Cannabis innerhalb weniger Stunden bis Tage bekommen.
Der Konsum ist ebenfalls kein Problem. Wenn ich einen durchziehen will, dann geht das. In gewissen Bereichen sogar in der Öffentlichkeit, ohne dass es sofort massiv Stress gibt usw. Jedes nur erdenkliche Equipment, dass man für die Nutzung von Hanf braucht, sei es vom Anbau, über die Verarbeitung bis zum Konsum usw., kann man ebenfalls in jeder Stadt bekommen. Headshops gibts fast überall. Und was man da nicht bekommt, erhält man im Internet. Man kann als Hanfkonsument und Patient im Grunde an soviel Cannabis kommen, wie man möchte und es auch konsumieren, soviel man möchte usw.
Die Forderung nach Legalisierung läuft also im Grunde ins Leere, denn für einen Außenstehenden und auch für viele Hanffreunde stellt sich die Situation als quasi legal dar.

B. Auch die Kriminalisierung ist nicht so massiv, dass die Öffentlichkeit hier an ihre Schmerzgrenze käme. Der Krieg gegen die Drogenkonsumenten kostet viel, aber nicht so viel, als dass das die Masse wirklich jucken würde.
Die Strafverfolgung wird von den meisten Gegnern als gerecht empfunden (ist schließlich kriminell).
Und sie trifft auch in der Regel soziale Randgruppen (sind schließlich arbeitsscheue Kiffer), zumindest ist die Bedrohung durch soziale Ausgrenzung so stark, dass Leute, die Karrierepläne oder ähnliches haben, sich in der Regel sofort massiv von ihrem "Vergehen" distanzieren, um ihr weiteres gesellschaftliches Fortkommen nicht zu gefährden und sich auch in der Regel nicht zu ihrem Konsum bekennen, das Verbot also indirekt mittragen. Das ist dann wiederum aus Sicht eines konservativen Steuerzahlers als angeblich ungerechtem, zu beseitigendem Zustand, wenig überzeugend. Der sich selbst verstärkende Tabuisierungsmechanismus wirkt hier extrem gut.

Den Ansatz, diesen Zustand einfach nur mit der Forderung nach Aufhebung des Verbots, also Legalisierung zu beseitigen, halte ich für gescheitert und weitgehend abgestumpft. Dieses Ziel erscheint mMn den meisten Gegnern aus oben genannten Gründen einfach zu wenig überzeugend und wohl auch vielen als diffuses Fernziel zu beängstigend und riskant. Zumal es auch seit Jahrzehnten anhaltend erfolgreich abgewehrt wird und das Verbot von daher wohl auch vielen politisch sinnvoll erscheint. Von medizinisch äußerst differenzierten Anwendungsmöglichkeiten und den breit gefächerten Genussmitteleigenschaften der verschiedenen Cannabis-Sorten usw. haben die eh noch nie was gehört. Die "Kiffer" könnten es ja auch schließlich einfach sein lassen. So what?

C. Ich bin für die offensive Verwendung des Begriffs der Forderung der REGULIERUNG des Cannabis-Marktes, weil wir damit mehrere argumentative Barrieren, an denen die Debatte aus unserer Sicht regelmäßig scheitert, von vornherein überwinden.

1. Wir machen begrifflich ganz klar, dass es nicht um die ungezügelte EINFÜHRUNG von Cannabis auf dem deutschen Markt geht, was viele Prohibitionisten oft missverstehen, sondern dass es diesen Markt GIBT und es stattdessen um die REGELUNG dieses Marktes geht.

2. Regulierung meint Gestaltung. Wir können mit diesem Begriff in jeder Debatte ganz klar darauf abstellen, dass WIR etwas in dieser Gesellschaft gestaltet haben wollen. Der Unterstellung, die Hanffreunde wollten sich nur ungehemmt die Birne zudröhnen (Gedanklicher Standardkurzschluss Konservativer bei LEGALISIERUNGsforderung), lässt sich viel differenzierter begegnen.
Jedesmal, wenn wir die REGULIERUNG fordern, können wir unmittelbar diese Regulierung beschreiben. Wir können klar machen, dass wir PRODUKTSICHERHEIT wollen, dass wir MARKTAUFSICHT wollen, dass wir GESUNDHEITLICHE AUFKLÄRUNG wollen, dass wir RÄUMLICHE UND ZEITLICHE HANDELSBESCHRÄNKUNGEN wollen, dass wir ALTERSBEGRENZUNGEN und damit auch JUGENDSCHUTZ wollen.
Auch dass die meisten Probleme, die mit dem Verbot bekämpft werden sollen, sich überhaupt erst durch den ungeregelten Vertrieb ergeben und dass dieser ungeregelte Vertrieb gesellschaftliche, wirtschaftliche und gesundheitliche Nachteile für die Gesellschaft als Ganzes hat, lässt sich durch eine Forderung nach Regulierung besser vermitteln.

3. (vielleicht der wichtigste Punkt) REGULIERUNG stellt im Gegensatz zu Legalisierung eine dem bürgerlich-konservativen Durchschnittswähler deutlich sympathischere Stoßrichtung dar. Es wird nicht etwas entfesselt, sondern es wird etwas GEREGELT. Das lässt sich aus konservativer Sicht viel schlechter abwehren, als die Forderung nach Aufhebung eines Verbots.
Klar, die fest Indoktrinierten werden zunächst auch die Forderung nach Regulierung sofort auf die Ebene des Kriminellen zu ziehen versuchen und behaupten, dass etwas Verbotenes nicht geregelt werden DARF. Aber die weniger ängstlichen, die, die sich einfach nur um die Sicherheit ihrer Kinder sorgen, die keine Lust auf stetig mächtiger werdendes organisiertes Verbrechen haben, die die sich Steuereinnahmen wünschen, all die Gemäßigten, denke ich, werden wir mit der Forderung nach Regulierung viel eher für uns gewinnen, als mit der ziemlich abgedroschenen Forderung nach der diffusen, begrifflich nicht eingegrenzten "Legalisierung", da wir klar machen, dass es hier einen REGELUNGSBEDARF gibt.

D. Und last but not least ist es einfach ein herrliches Argument. In Europa, gerade in Deutschland, ist jeder noch so simple Markt bis ins letzte geregelt (Pizza-Größen, Fassungsvermögen von Kondomen, Gurkenkrümmung etc.). Es ist quasi der grundlegende Sinn der Europäischen Union und jedes Staates, Märkte zu regeln. Und das ist in weiten Teilen auch gut so.
Also WARUM wird dieser Milliardenmarkt, auf dem Millionen, niemandem außer sich evtl. selbst schadenden, Konsumenten unterwegs sind, der bis vor 40 Jahren kein Problem darstellte, an dessen Produkten niemand sterben kann, in dem es die verschiedensten Gründe für die Teilnahme gibt (Genussmittel, Medizin, Rohstoff), der EXISTIERT und nicht beseitigt werden KANN, warum wird dieser Markt nicht endlich geregelt? Diese Frage ist argumentativ viel schwerer abzuwehren, als die Frage, warum Hanf verboten ist.

Deshalb noch mal meine Anregung:
Sprecht mehr von REGULIERUNGSBEWEGUNG, sprecht von REGULIERUNGSGEGNERN, und fordert die REGULIERUNG des Cannabis-Marktes.

Grüne Grüße,
HMV
;)
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Bayern
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Re: Fordert REGULIERUNG statt Legalisierung!

Beitrag von Bayern »

Hey,
ich finde das sehr gut was du dir da überlegt hast!

Vor allem die Forderung etwas zu regulieren passt perfekt!
da weiß jeder gleich, das etwas ungeregelt abläuft,
und wir deutschen regeln ja so gern alles mit Gesetzen^^
dont panic, its organic...
TheBeginning
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Re: Fordert REGULIERUNG statt Legalisierung!

Beitrag von TheBeginning »

THUMBS UP...

Der Begriff "Legalisierung" ist wirklich nur noch destruktiv für uns.
Damit werden wir uns nur weiter im Kreis drehen und den Prohibitionisten jede nur erdenkliche Möglichkeit geben gegen eine "Legalisierung" zu argumentieren.

Als ich HMV's Eintrag in einem anderen Thema bezüglich regulierung gelesen habe, hat es bei mir auch Klick gemacht.
Argumentativ ist gegen eine Regulierung wirklich nur sehr schwer etwas entgegenzusetzen.
Was wollen die Gegner dagegen sagen?

z.B.:
Jugendschutz: wir möchten eine Regulierung!
Gegner: wir wollen sie nicht, wir verbieten es weiterhin (aha, also möchten die Prohibitionisten keinen Jugendschutz)!
Und wir alle wissen, alles was verboten ist weckt doch erst recht den Reiz der Jugend...

Schwarzmarkt: wir möchten eine Regulierung.
Gegner: Nein, möchten wir nicht (damit würden Sie das organisierte Verbrechen indirekt unterstützen)

Man erkennt eig. recht schnell das gegen eine Regulierung sich die Gegner selbst recht schnell ins Aus manövrieren können :D

Lasst und den Begriff "Legalisierung" fürs erste begraben.
REGULIERUNG ist ja auch unser Ziel und argumentativ, wie HMV bereits super erläutert hat, wirklich nur sehr schwer zu knacken :mrgreen:
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bushdoctor
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Re: Fordert REGULIERUNG statt Legalisierung!

Beitrag von bushdoctor »

Superklasse Zusammenfassung! Danke HMV!

Vielleicht ist Euch schon aufgefallen, dass ich "Legalisierung" grundsätzlich in Anführungszeichen schreibe, weil es meines Erachtens ein nicht-definierter Begriff ist, der (absichtlich) sehr leicht mißverstanden werden kann. Der Begriff ist eigentlich an sich auch nicht verkehrt, weil er ausdrücken möchte, dass Hanf eben "legal" erworben werden kann und nicht mehr nur "illegal".

Wenn es also um die

"Legalisierung"
von Hanf geht, dann sollten WIR in Zukunft von einer

"Regulierung"
sprechen und damit die

Regulierung eines legalen Hanfmarktes unter staatlicher Aufsicht/Kontrolle
meinen.

Das Ziel lautet also: Wie sehen die Möglichkeiten für einen regulierten Markt aus? Ob man´s glaubt oder nicht, das BtmG bietet hierfür schon einiges an Anknüpfungspunkten. Modell-CSC sollten ohne Probleme unter dem aktuellen BtmG betrieben werden können (§ 3 (2) BtmG).
Um einen für alle Erwachsenen offenen regulierten Cannabis-Markt zu schaffen, müssten nur dieser § 3 BtmG um eine Ziffer erweitert werden... Genehmigungen für Cannabis gäbe es dann unter §3 (3) BtmG. Die hießen dann nicht mehr "Ausnahmegenehmigung" schon nur noch schlichtweg "Genehmigung".
NorthernLight
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Re: Fordert REGULIERUNG statt Legalisierung!

Beitrag von NorthernLight »

Das Wort Regulierung bringt wirklich eine ganz andere Botschaft rüber. Legalisierung schürt die Angst vor Anarchie. Obwohl mit Regulierung annähernd das gleiche gemeint ist, müssen Gegner schon ordentlich mit einer Gegenargumentation ausholen, um sich nicht selber den schwarzen peter zuzustecken, wenn sie einfach nur die regulierung ablehnen.
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His Master's Voice
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Re: Fordert REGULIERUNG statt Legalisierung!

Beitrag von His Master's Voice »

bushdoctor hat geschrieben: Das Ziel lautet also: Wie sehen die Möglichkeiten für einen regulierten Markt aus? Ob man´s glaubt oder nicht, das BtmG bietet hierfür schon einiges an Anknüpfungspunkten. Modell-CSC sollten ohne Probleme unter dem aktuellen BtmG betrieben werden können (§ 3 (2) BtmG).
Um einen für alle Erwachsenen offenen regulierten Cannabis-Markt zu schaffen, müssten nur dieser § 3 BtmG um eine Ziffer erweitert werden... Genehmigungen für Cannabis gäbe es dann unter §3 (3) BtmG. Die hießen dann nicht mehr "Ausnahmegenehmigung" schon nur noch schlichtweg "Genehmigung".
Genau, das ist das Ziel und da will ich auch hin mit dieser Begriffsklärung.

Wenn wir uns alle bewusst machen, das etwas geregelt werden muss und nicht einfach nur legalisiert, kommen wir als Bewegung insgesamt hoffentlich auch endlich zu DIESER Diskussion. Die Probleme mit den pauschalen Forderungen der Parteien im Bundestag und vieler Gruppen nach Legalisierung hattest Du ja bereits vor längerem auch schon mal dargelegt. Wir müssen eine REGULIERUNGSDEBATTE anstoßen, die konkrete Regeln benennt. Ganz klar. Sonst kommen wir nie weiter. Vor allem, weil Regulierung von Märkten eine Kernaufgabe von Politik ist. Im Gegensatz zur Befreiung von Verboten.
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DrGonzo
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Re: Fordert REGULIERUNG statt Legalisierung!

Beitrag von DrGonzo »

richtig HMV!
im grunde habe ich schon immer versucht so zu reden wie du es beschrieben hast. bewusst war ich mir darüber aber nicht. künftig werde ich diese argumentationskette bewusster gebrauchen können.

ich kann mir auch nicht vorstellen auf der hanfparade parolen zu schimpfen wie "gebt das hat frei!". dazu bin ich nicht der typ und die botschaft ist imho auch nicht produktiv genug.
Für einen rationalen und verantwortungsvollen Umgang mit psychoaktiven Substanzen und Menschen die sie konsumieren.
Mario Hana
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Re: Fordert REGULIERUNG statt Legalisierung!

Beitrag von Mario Hana »

Die europäische Drogenbeobachtungsstelle unterscheidet auf deren Homepage:
Decriminalisation refers to the removal of criminal status from a certain behaviour or action. This does not mean that the behaviour is legal, as non-criminal penalties may still be applied. With respect to the drug debate, this concept is usually used to describe laws addressing personal possession or use rather than drug supply.

Legalisation refers to making an act lawful when previously it was prohibited. In the context of drugs, this usually refers to the removal of all criminal and non-criminal sanctions, although other regulations may limit the extent of the permission. This term is generally used in the context of drug supply.

Regulation implies that a set of rules and restrictions is placed around the supply or use of a substance, as is the case for alcohol and tobacco. Regulatory systems usually place limits on access, such as age limits and control of outlets, and may place restrictions on advertising. Penalties for breaching these rules may be criminal or non-criminal.
(http://www.emcdda.europa.eu/topics/pods ... f-cannabis)

Auch ich stimme für eine weitgehende Substitution des Begriffs Legalisierung durch Regulierung. Der Begriff ist nicht durch Vorurteile belastet. Vielen Dank HMV für die präzise Ausarbeitung. Der Text ist schon fast zu schade um ihn einfach nur hier im Forum "gammeln" zu lassen.
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Dopeworld
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Re: Fordert REGULIERUNG statt Legalisierung!

Beitrag von Dopeworld »

schnellschuss:
ich versteh die intention des thread. ich habe für mich schon entschieden dass man ohne eine grundsätzliche debatte über die die drogenpolitik (also aktuell prohibition) nicht weiter kommt.
ich merke das auch in den debatten bei cannabis, da fragen dann imer die hardliner (und wollen WIR dann auch koks etc. legalisieren?) hier wird dann entweder schnell --Nein, natülich nicht-- gesagt oder die debatte kommt zum stllstand.
vielleicht müssen wir auch wirklich mit neuen begriffen arbeiten um das thema voranzubringen.
regulierung und entkriminalisierung von drogen klingt besser als legalisierung. ;)
uns wird jedenfalls differenzierter aufgefasst.

EDIT:
-konsequente Entkriminalisierung der Konsumenten*
-evidenzbasierte Regulierung
-Prävention, Selbstverantwortung und Genusskultur

den punkt 1 sollten wir generell (alle drogen) immer als unverhandelbar mit in die diskussion nehmen (es entpricht auch dem wissenschaftlichen stand imho)
punkt 2: evidenzbasiert macht dem leser (eigentlich) auch klar dass selbstverständlich bei einer regulierung medizinische, gesundheitliche aspekt nicht vernachlässigt werden und das es praktisch erprobt werden muss was funktioniert was nicht. wer dann darauf schreibt wir konnen auch crack regulieren zeigt dass er keine gute argumentation hat.
punkt 3 irgendwann wenn wir von der prohibitionspolitik weg sind. ;)

also meine empfehlung: immer schreiben wenns keine parole seins soll: -evidenzbasierte Regulierung
drogenpolitik evaluieren, (märkte) evidenzbasiert regulieren
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overturn
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Re: Fordert REGULIERUNG statt Legalisierung!

Beitrag von overturn »

Die wenigsten sprechen von einer tatsächlichen "Legalisierung", auch wenn sie diesen Begriff ausgiebig nutzen, beziehen sie sich im wesentlichen auf eine Entkriminalisierung oder Regulierung. Wenn man sich klar ausdrückt, sollte es keine Probleme geben. Dazu gehört auch, Anarchie nicht mit Anomie zu verwechseln. Persönliche Überzeugung kommt vor Semantik, deswegen kann ich mich meinen Vorrednern auch nur bedingt anschließen.
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bushdoctor
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Re: Fordert REGULIERUNG statt Legalisierung!

Beitrag von bushdoctor »

overturn hat geschrieben: Persönliche Überzeugung kommt vor Semantik, deswegen kann ich mich meinen Vorrednern auch nur bedingt anschließen.
Das Problem ist die Massenkommunikation bzw. die Kommunikation mit "der Masse".
Es ist nicht entscheidend, was ein Begriff wie "Legalisierung" wirklich bedeutet, sondern wie er von der Mehrheit interpretiert und gedeutet wird.

Wir verknüpfen unbewußt immer Bilder, Gedanken und sogar Emotionen mit bestimmten Begriffen. Diese Assoziationen können durch geschickte "Propaganda" geformt werden. Das Ganze hat Rob Hubbard (Scientology-Begründer) in seinem Buch "Dianetics" ausführlich beschrieben. Prinzipiell ist es aber Allgemeinwissen der Herrschenden. Nachzulesen bei Joseph Goebbels und sicher auch bei Macchiavelli.
Ron Hubbart / Scientology nennt dies: "up"- und "down"-Definition von Begriffen; das gezielte propagieren von positiven und negativen Assoziationen.

Aus meiner Sicht ist "Legalisierung" ganz klar "negativ" belegt, zumindest bei der Mehrheit der Bevölkerung. Deshalb sollten WIR hier differenzieren und gezielt "Regulierung" als neuen Begriff ins Spiel bringen. "Regulierung" ist (noch) "positiv" belegt, auch wenn es "die EU" mittlerweile durch Über-Regulierung geschaft hat, einen Schatten auf diesen Begriff zu werfen. ;-)
Zuletzt geändert von bushdoctor am So 9. Jun 2013, 10:46, insgesamt 1-mal geändert.
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overturn
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Re: Fordert REGULIERUNG statt Legalisierung!

Beitrag von overturn »

Hubbard und Goebbels scheinen Negativbeispiele, bzw. muss man sich nicht tiefer mit diesen Werken auseinandersetzen, um sich mit der Gesamtthematik zu befassen. Da sollte man eventuell Gustave Le Bon bevorzugen, zumal dort ohnehin meist seine Gedanken entfremdet werden ,)

Den Grundgedanken würde ich so übrigens unterschreiben, bin allerdings davon überzeugt, dass Vorurteile in den meisten Fällen auf Unwissenheit beruhen, was es überflüssig macht, das Vokabular bereits im kleinen Rahmen auszutauschen. Ich vermeide auch nicht den Begriff der "Droge", weil irgendwer, irgendwo, da was anderes bei denkt als ich eigentlich meine, sondern weise vielmehr auf Herkunft und genaue Bedeutung hin. Daher -> bedingt.
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bushdoctor
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Re: Fordert REGULIERUNG statt Legalisierung!

Beitrag von bushdoctor »

Ich wollte nur darauf hinweisen, dass sich auch die "Legalisierungsbewegung" der Techniken bedienen kann, die schon seit Jahrhunderten genutzt werden, um "die Massen" zu beeinflussen.

"Psychologie der Massen" ist sicherlich der Hauptansatzpunkt in dieser Sache. Goebbels und Hubbard sind hier nur bekannte Negativbeispiele, um etwas zu provozieren.

Ein Komplettaustausch der Begriffe "Legalisierung" und "Regulierung" erscheint mir auch nicht sinnvoll, zumal sie ja in unserem Sinne vollkommen synonym verwendet werden. Jedoch würde ein stärkerer Fokus auf "Regulierung" aus meiner Sicht in der Gesamtdiskussion sehr viel bringen, weil er die Gegenseite unter "Zugzwang" setzt.
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Re: Fordert REGULIERUNG statt Legalisierung!

Beitrag von Florian Rister »

Grundsäzlich gebe ich HMV völig Recht, aber ich selber würde es in meinem Sprachgebrauch nicht schaffen auf das Wort Legalisierung zu verzichten. Denn es geht eben nicht NUR um die Regulierung sondern auch um die Legalisierung. Reguliert ist es ja in einem gewissen Sinne schon indem es Gesetze und festgelegte Strafmaße gibt. Auch wenn uns das nicht passt: Das sind im weitesten Sinne Regeln.

Was ich selber sehr gut finde und auch immer öfter argumentativ anbringe ist das Doppelwort "regulierte Legalisierung" Es sagt mMn eigtentlich alles aus, eine legale Abgabe unter Einhaltung bestimmter Regeln. Und es macht auch meine Gesprächspartner meistens irgendwie neugierig was ich damit meine wodurch ich manchmal ein paar Minuten bekomme um dann meinen Redeschwall abzulassen :)
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Re: Fordert REGULIERUNG statt Legalisierung!

Beitrag von Dopeworld »

groooveman85 hat geschrieben:Was ich selber sehr gut finde und auch immer öfter argumentativ anbringe ist das Doppelwort "regulierte Legalisierung" Es sagt mMn eigtentlich alles aus, eine legale Abgabe unter Einhaltung bestimmter Regeln.
da bevorzuge ich dann "-evidenzbasierte Regulierung" - denn so wie es jetzt ist, funktioniert die regelung nicht (totalverbot). wir wollen aber eine regulierung die funktioniert. das ist dann legalisierung mehr oder weniger.
wie auch immer, das wort "legalisierung" füht automatisch zu reflexen bei den prohibitionisten.
und auch allgemein ist es "abgenutzt". etwas sprachliche gewandheit, die unsere sache verdeutlicht, nämlich dass wir nicht nur legalisierung einfach so wollen, egal ob das nun unterm strich besser für alle ist oder nicht, sondern, dass wir davon überzeugt sind unsere forderungen führen zu besseren ergebnissen, für alle, das sollten wir so gut wie möglich sprachlich rüberbringen.
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Re: Fordert REGULIERUNG statt Legalisierung!

Beitrag von His Master's Voice »

groooveman85 hat geschrieben:Grundsäzlich gebe ich HMV völig Recht, aber ich selber würde es in meinem Sprachgebrauch nicht schaffen auf das Wort Legalisierung zu verzichten. Denn es geht eben nicht NUR um die Regulierung sondern auch um die Legalisierung. Reguliert ist es ja in einem gewissen Sinne schon indem es Gesetze und festgelegte Strafmaße gibt. Auch wenn uns das nicht passt: Das sind im weitesten Sinne Regeln.
Ich kann nachvollziehen, was Du mit "geregelt im weitesten Sinne" meinst, aber wie auch Dopeworld schon feststellte, ist das Verbot eine untaugliche (weil unechte) Regulierung.

Ich habe halt das Gefühl, dass wir uns mit dem Begriff der Legalisierung den ideologischen Diffamierungsmustern der Gegner unterwerfen. Wir führen eine Debatte, die im Grunde gelaufen ist. Die vor 40 Jahren in Angriff genommene Illegalisierung des Cannabismarktes ist gescheitert. Nur niemand gibt es zu. Und gerade die Gegner werden einen Teufel tun. Wie oben bereits ausgeführt, ich behaupte, Cannabis ist in Deutschland quasi legal. Das sagt ja auch die Gegenseite immer wieder. Von wegen Eigenbedarfsgrenze und Entkriminalisierung der Konsumenten usw. Die sehen keinen Handlungsbedarf.

Von daher glaube ich, mit der Forderung nach Legalisierung stehen wir an einer Frontlinie, die viel weiter hinten ist, als sie sein müsste. Der Staat duldet doch inzwischen ganz offensichtlich die Existenz des gigantischen Cannabis-Marktes.
Die Bekämpfung des Cannabis-Marktes erfolgt allenfalls in Form eines orwellschen (ewigen, weil politisch nützlichen) Krieges. Wirklich beseitigen will das doch gar keiner. Von daher sind die froh, wenn wir in unserer Argumenattion auch einfach immer weiter so machen und etwas fordern, was die Masse der Hanfkonsumenten und Wähler schon längst als de facto erreicht ansieht.

Es geht inzwischen um die mangelnde Regulierung des quasi legalen Marktes. Da liegt mMn unser stärkstes, weil die Massen am ehesten überzeugendes und ansprechendes, Mobilisierungspotential.
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Gerd50
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Re: Fordert REGULIERUNG statt Legalisierung!

Beitrag von Gerd50 »

http://sensiseeds.com/de/blog/uruguay-g ... egulieren/
Der Vizepräsident von Uruguay Danilo Astori hat seinen Wunsch um „rasche Genehmigung“ zum Ausdruck gebracht, immer betonend, dass diese Initiative „keine Entkriminalisierung, sondern eine Regulierung von Produktion und Konsum ist“.
Du hast den richtigen Riecher bewiesen HMV. So wie in Uruguay geplant, könnte Regulierung gehen
ohne Legalisierung und Entkriminalisierung ins Spiel zu bringen.
Ich glaube an alles. Außer an Menschen.
Duron
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Re: Fordert REGULIERUNG statt Legalisierung!

Beitrag von Duron »

Respekt! Das Beste was ich bisher überhaupt gelesen habe zu dem Thema!

Damit
"2. Regulierung meint Gestaltung. Wir können mit diesem Begriff in jeder Debatte ganz klar darauf abstellen, dass WIR etwas in dieser Gesellschaft gestaltet haben wollen. Der Unterstellung, die Hanffreunde wollten sich nur ungehemmt die Birne zudröhnen (Gedanklicher Standardkurzschluss Konservativer bei LEGALISIERUNGsforderung), lässt sich viel differenzierter begegnen.
Jedesmal, wenn wir die REGULIERUNG fordern, können wir unmittelbar diese Regulierung beschreiben. Wir können klar machen, dass wir PRODUKTSICHERHEIT wollen, dass wir MARKTAUFSICHT wollen, dass wir GESUNDHEITLICHE AUFKLÄRUNG wollen, dass wir RÄUMLICHE UND ZEITLICHE HANDELSBESCHRÄNKUNGEN wollen, dass wir ALTERSBEGRENZUNGEN und damit auch JUGENDSCHUTZ wollen. "

sollte HMV eine Online- Petition beim Bundestag starten ich Zeichne sofort mit! Auf die Gegenargumente bin ich dann wirklich gespannt.

Duron
Jens Spahn (CDU) hat mich gelehrt: "Das Cannabis verboten ist hat Kulturgeschichtliche Gründe. Jesus hat schließlich Wasser zu Wein und nicht Steppengras zu Schwarzem Afghanen gemacht"
Rafftgarnix
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Re: Fordert REGULIERUNG statt Legalisierung!

Beitrag von Rafftgarnix »

Ich Unterschreibe auch...
Rafftgarnix
"Die Akte Rafftgarnix 2013"
thatssoooweird
Beiträge: 241
Registriert: Mo 16. Apr 2012, 15:48

Re: Fordert REGULIERUNG statt Legalisierung!

Beitrag von thatssoooweird »

His Master's Voice hat geschrieben:
Es geht inzwischen um die mangelnde Regulierung des quasi legalen Marktes.
Also hier in Bayern (in der Stadt) merke ich nichts von einem quasi legalen Markt. Es gibt hier (afaik) keine Dealer im Park o.ä., die auf der Straße an beliebige Kunden verkaufen. Die Dealer verticken aus Angst vor hohen Strafen oft nur an Leute, die sie (sehr) gut kennen, und das natürlich nicht in der Öffentlichkeit. Dadurch haben viele Leute Schwierigkeiten überhaupt an was ranzukommen, was dann natürlich teilweise von Kleinstdealern ausgenutzt wird, die dann einfach ein paar Euro pro gramm draufschlagen können.

Wenn ich das mit einem legalen Markt wie etwa dem bayrischen Biermarkt vergleiche, dann sehe ich keine Gemeinsamkeiten.

In Berlin ist das natürlich etwas anderes... ;)
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