Hatte ich wirklich eine Psychose?

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chirmander

Hatte ich wirklich eine Psychose?

Beitrag von chirmander »

Hallo,

ich wurde vom Psychiater mit einer drogeninduzierten Psychose wegen Cannabis diagnostiziert. Allerdings frage ich mich seither, ob das wirklich eine Psychose war.

Ich hatte nie die typischen Symptome von Wahnvorstellungen oder Halluzinationen. Es fing an mit einer Depression bei mir. Ich hatte mich körperlich schwach gefühlt und deutlich depressiv bedrückt während ich immer öfters und immer stärkeres Cannabis konsumierte. Nach etwa 1 Woche mit diesem Zustand habe ich mich entschieden zum Arzt zu gehen und mit dem rauchen aufzuhören. Er diagnostizierte zunächst eine depressive Episode und schickte mich zum Psychiater. Nach dem aufhören hatte ich dann starke Angstzustände, vor allem vor dem Einschlafen, war sehr sehr depressiv und empfindlich. Etwa einen Monat später fing ich an meinen Namen in allen möglichen Geräuschen zu hören (Filterstörung laut Psychiater).

Danach habe ich aber in meinen eigenen Gedanken meinen Namen ausgesprochen gehört, nicht wie eine Stimme die ich von außen höre wie es typisch für Psychosen wäre, sondern wirklich im Kopf als würde ich es denken, den ganzen Tag lang. Danach hat es umgeschlagen in ein ausgesprochenes "bring dich um", was ich in meinem Kopf hörte ("Gedankenlautwerden" laut Psychiater). Aber selbst "Gedankenlautwerden" kann es nicht gewesen sein, weil man in dem Fall seine eigenen Gedanken als Stimme wahrnimmt, was bei mir nicht der Fall war. Das alles lässt mich daran zweifeln, dass es eine Psychose war.

Konnte das auch ein normaler Entzug gewesen sein? Hatte jemand hier ähnliche Erfahrungen? Würde mich auf jegliche Antworten freuen!
Pogo407
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Registriert: Mi 21. Apr 2021, 10:52

Re: Hatte ich wirklich eine Psychose?

Beitrag von Pogo407 »

habe vor kurzem auch nen Cannabis Entzug gemacht und kann dir sagen ein normaler "Entzug" ist das nicht. Normal wäre wenn du nur sehr sensibel bist, Probleme beim einschlafen hast, oder sehr nervös bist / viel schwitzt.

Also stimmen im Kopf die dir sagen "Bring dich um" hört sich schon sehr nach Psychose an. Am besten wird dir da ein Psychiater weiter helfen können denke ich mal.


Wurds denn seit dem Entzug schon etwas besser? - Ich habe auch viel Gedankenkreisen seit meinem Entzug bzw auch davor schon (was der Grund war warum ich aufhörte)

laaaangsam aber sicher wirds besser bei mir

Ich wünsche dir alles gute und hör nicht auf die Stimmen im Kopf
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Martin Mainz
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Re: Hatte ich wirklich eine Psychose?

Beitrag von Martin Mainz »

Hört sich für mich auch nicht nach normalem Entzug an.
chirmander

Re: Hatte ich wirklich eine Psychose?

Beitrag von chirmander »

Pogo407 hat geschrieben: Mi 16. Jun 2021, 06:10 habe vor kurzem auch nen Cannabis Entzug gemacht und kann dir sagen ein normaler "Entzug" ist das nicht. Normal wäre wenn du nur sehr sensibel bist, Probleme beim einschlafen hast, oder sehr nervös bist / viel schwitzt.

Also stimmen im Kopf die dir sagen "Bring dich um" hört sich schon sehr nach Psychose an. Am besten wird dir da ein Psychiater weiter helfen können denke ich mal.


Wurds denn seit dem Entzug schon etwas besser? - Ich habe auch viel Gedankenkreisen seit meinem Entzug bzw auch davor schon (was der Grund war warum ich aufhörte)

laaaangsam aber sicher wirds besser bei mir

Ich wünsche dir alles gute und hör nicht auf die Stimmen im Kopf
Es sind ja keine Stimmen, Stimmen sagen mehrere Sachen und haben einen Charakter. Bei mir ist das aber nicht so. Das ist das einzige was ich im Kopf "gehört" habe. Es ist so gewesen als würde ich es selber denken, irgendwo lesen, so hat es sich für mich angehört. Nicht etwa wie eine Stimme von außen als würde ich mich mit jemanden unterhalten.

Ja bin jetzt seit 7 Monaten clean. Die depressiven Symptome und die Sensibilität waren schon nach einem Monat weg. Diese Gedankenstimmen habe ich teils immer noch aber wird auch deutlich weniger über die Zeit.
Pogo407
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Re: Hatte ich wirklich eine Psychose?

Beitrag von Pogo407 »

chirmander hat geschrieben: Mi 16. Jun 2021, 11:52 ....
was hast du denn für Stimmen im Kopf? Könnte man es auch Zwangsgedanken nennen?

Irgendwie habe ich auch Stimmen im Kopf, weil ich gerade nen Teil von meiner Vergangenheit bewältige und meinen alten Freundeskreis über mich "sprechen" höre

Man könnte es bei mir auch Zwangsgedanken nennen.

Gewöhne dir an, STOP zu sagen wenn die Stimmen wieder los gehen und denk an was schönes dabei. Vielleicht an nen Ausflug den du planst oder an irgend ein erfreuliches Ereignis das bei dir ansteht.

Klappt nicht von heute auf morgen, aber lässt sich wieder antrainieren.

So versuch ich zumindest mit meinen "Zwangsgedanken" umzugehen.

Ich finde auch irgendwo wächst man mit sowas bzw wachsen tut man nicht in der Komfortzone... ;)

hast du auch andere Drogen genommen? und wie lange hast du gekifft bzw wie alt bist du?

suche mal nach Biyon auf YT - der macht super Videos auch über solche Sachen. Super lustiger Typ der irgendwie immer genau das Video raus bringt was man gerade braucht
chirmander

Re: Hatte ich wirklich eine Psychose?

Beitrag von chirmander »

Pogo407 hat geschrieben: Mi 16. Jun 2021, 20:25
chirmander hat geschrieben: Mi 16. Jun 2021, 11:52 ....
was hast du denn für Stimmen im Kopf? Könnte man es auch Zwangsgedanken nennen?

...
Man könnte es bei mir auch Zwangsgedanken nennen.

...

hast du auch andere Drogen genommen? und wie lange hast du gekifft bzw wie alt bist du?
Das mit den Zwangsgedanken habe ich mir auch schon gedacht. Es ist aber nicht das was ich mir unter Zwangsgedanken vorstellen würde, aber kann natürlich sein. Nehme nur ein Neuroleptika, also nichts gegen Zwangsgedanken und ich habe diese Gedanken ja teilweise immer noch.

Nein, immer nur Joints geraucht. Zum Ende hin aber immer stärkeres und immer öfters, auch alleine. Dann wurde ich sehr depressiv und ängstlich. Aber hatte nie Wahnvorstellungen oder Halluzinationen, deswegen wundert mich meine Diagnose.
main.cpp
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Re: Hatte ich wirklich eine Psychose?

Beitrag von main.cpp »

Hallo. Ich setze mal eine Triggerwarnung.

Ich kann die Frage im Startpost leider auch nicht konkret beantworten, aber ich kann meine Erfahrung dazu hier teilen. Ich verzichte auf jegliche Details, wer sie jedoch wissen möchte, wie das genau war, soll mir doch bitte eine PN schreiben. Ich versuche mich kurz zu fassen, was mir wahrscheinlich nicht gelingen wird.

Ich habe Depression und Schlafstörungen. Ich leide um genauer zu sein an einer schizoaffektiven Störung, das bedeutet ich habe manisch-depressive und psychotische Episoden. Zu mir haben Ärzte auch gesagt, dass meine Psychose von Cannabis kommt, es gab aber auch Ärzte die auf meine Krankheitsgeschichte zurück blickend feststellten, dass die Psychose schon vor meinem ersten intensiveren Cannabiskonsum stattfand.

Wahnvorstellungen müssen nicht visuell sein (können aber). Wahnvorstellungen können auch als Gedanken wahrgenommen werden z.B. dass man glaubt eine andere Person zu sein, wie bei mir es gewesen ist (das nennt sich auch schizophren). Dabei kann es auch zu akustischen Wahrnehmungen kommen, bei mir waren es beispielsweise Krankenwagen-Sirenen, die ich gehört habe obwohl sie nicht da sind, es müssen nicht - wie oft angenommen - Stimmen sein. (Sirenen zu hören ist übrigens gemein, denn es ist ein alltägliches Geräusch, allerdings habe ich es daran erkannt, dass es einfach nicht aufgehört hat). Des weiteren verspüre ich in einer Psychose oft Impulse, die mich zu etwas auffordern obwohl ich das gar nicht tun möchte, wie zum Beispiel mich selbst zu verletzen - allerdings ist es keine Stimme.

Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass das Highgefühl ganz anders als eine Psychose ist. Eine Psychose ist eine schwerwiegende psychische Erkrankung und eine psychotische Episode kann monatelang andauern und unerträglich sein, das Highgefühl das Cannabis verursacht ist hingegen temporär und eigentlich angenehm. Ich finde es deshalb rein von meiner persönlichen Ansicht her ziemlich hart das Cannabis dafür verantwortlich zu machen, das spielt die ganze Erkrankung etwas herunter und verteufelt Cannabis zugleich auch noch. Verharmlosen sollte man es jedoch auch nicht. Dazu sagen möchte ich aber auch, dass das Highgefühl mit einer Psychose vergleichbar ist. Das Euphorisch-Kreative kenne ich auch aus der Manie, wer schon einmal einen Verfolgungswahn von Cannabis hatte könnte einer Psychose nahe kommen. Aber es ist nicht exakt das selbe, denn in einer Psychose ist man sich nicht mehr darüber im Klaren was Wirklichkeit ist und was nicht und man hält für Monate an seinen Überzeugungen fest das beispielsweise die Welt untergeht, dass man sterben muss, dass man Steven Hawking, Jesus, oder irgendeine andere Identität wäre oder so etwas. (Ich hatte sogar Mitpatienten mit meiner Symptomatik, die glaubten sie seien Hitler - das muss furchtbar sein!). In einer Manie neigt man zur Hypersexualität oder Kaufsucht, das kenne ich von Cannabis nicht. Psychotische und manische Symptome sind ganz individuell zu betrachten und hat in meinen Augen nichts mehr mit Highsein zu tun! Ein weiterer Unterschied wäre der Leidensdruck. Ich würde daher sagen, dass Cannabis manche Symptome simuliert, nicht aber herbeiführt. Die Ursache für eine solche Erkrankung liegt tief verwurzelt in der Vergangenheit des Betroffenen und oftmals haben diese Menschen schwierige Dinge erlebt.

Zu Entzugserscheinungen kann ich jedoch nichts sagen, da ich nie Entzugserscheinungen von Cannabisabszinenz hatte. Ich kann aber auf jeden Fall anmerken, dass das abrupte Absetzen von Medikamenten zu Entzugserscheinungen führen und darauffolgend eine erneute Psychose folgen kann. Deshalb rate ich allen Betroffenen, die hier mitlesen, aus eigener Erfahrung wirklich mit gut gemeintem Rat davon ab Medikamente eigenständig ohne ärztliche Beobachtung abzusetzen. Sonst sitzt ihr wieder in einer Psychose! Ich habe auch kürzlich ein Bild gefunden in denen die Rezeptoren im Gehirn abgebildet waren, die durch die Einnahme von Cannabis¹ angesprochen werden. Gleiche werden von Antidepressiva² und Neuroleptika³ angesprochen. Was ich damit sagen möchte ist, dass falls jemand hier unter der gleichen Erkrankung leidet wie ich und Cannabis wie ich einnimmt, der sollte sich auf jeden Fall von einem fachkundigem Arzt beraten lassen. Ich erhalte seit kurzem medizinisches Cannabis und laut Arzt dürften die Wechselwirkungen geringer sein, da ich meine Medikation von Antidepressiva und Neuroleptika morgens nehme und mein Medizinalcannabis abends. Ich kann gerne berichten, sobald ich Veränderungen bemerke. Was ich aber definitiv berichten kann ist, dass Cannabis mit Streckmitteln zu deutlich höheren Wechselwirkungen geführt hat, als das medizinische Cannabis meiner Mitbewohnerin aus meiner therapeutischen Wohngemeinschaft, dort hatte ich gar keine Wechselwirkungen.

Ärzte sind ja auch der Meinung das psychische Erkrankungen noch nicht weit genug erforscht sind, deshalb besteht hier Nachholbedarf und das ganze auf Cannabis zu reduzieren ist in meinen Augen nicht vertretbar, denn es sind zwei unterschiedliche Sachen, wie ich bereits erklärt habe und wenn sie nicht ausreichend erforscht sind, halte ich es für keine gute Idee Cannabis damit in Verbindung zu bringen. Aber auch Ärzte sind nur Menschen. Ich würde mir für die Zukunft wünschen, dass psychische Erkrankungen sowie Cannabis mehr Beachtung in der Forschung erhalten würden, die Differenzierung und eine Abgrenzung zu einander muss erkannt werden.

Wenn ich ein bisschen vom Thema abgeschiffen bin tut mir das echt Leid, aber ich hoffe ich konnte irgendwie helfen.

Liebe Grüße von der schlaflosen Userin
main.cpp

¹https://www.pharmawiki.ch/wiki/media/Cannabinoide_2.png
²https://www.pharmawiki.ch/wiki/media/Antidepressiva_1s.png
³https://www.pharmawiki.ch/wiki/media/Neuroleptika_1.png

Wer mehr über das Erleben meiner Erkrankung wissen will, sollte sich unbedingt diese beiden Videos von Hyperbole anschauen:
Bipolare Störung -> https://youtu.be/aHVXoTVkf_Q
Schizophrenie -> https://youtu.be/oplVbrFHDB4
Eine schizoaffektive Störung ist eine Mischung aus diesen beiden Erkrankungen.
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