Alkoholische Tinktur nach Kneipp - Erfahrungen ?

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Freno
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Registriert: Do 7. Jan 2021, 17:00

Alkoholische Tinktur nach Kneipp - Erfahrungen ?

Beitrag von Freno »

Hi @ll !

Ich nehme seit geraumer Zeit Cannabis-Blüten hauptsächlich als alkoholische Tinktur nach Sebastian Kneipp als "Psychopharmakum". Es dient bei mir vornehmlich zur Angstlösung - ich bin Trauma-Patient - und da funzt diese Tinktur ganz hervorragend.

Die Herstellung ist sehr einfach, wie ein "Angesetzter": auf 0,5 l Wodka (der reinste nichtmedizinische Alkohol) mit mindestens 40% Alkohol kommen 2-3 g Cannabis-Blüten, die etwa auf die Größe von Küchenkräutern zerkleinert werden - grade so, daß sie mit einem Trichter leicht in den Flaschenhals gefüllt werden können. Vorher gieße ich etwas Wodka in ein Glas ab - die Blüten nehmen ja Platz in Anspruch - und fülle nach den Blüten wieder auf. Es bleibt regelmässig 1 Rest Wodka im Glas, der mit Saft aufgefüllt und zur Stimmungsaufhellung oral genommen werden kann.

Dieser Ansatz zieht dann an einem dunklen Ort in der Wohnung (keine direkte Sonneneinstrahlung!) durch - minimal 48 h, am besten 14 Tage. 1-2x am Tag wird die Flasche aufgeschüttelt. Die Extraktion hält indessen ca. 3 Monate an. Deswegen bleiben die Kräuter bei mir in dieser Flasche drinn. Zum Gebrauch fülle ich die Tinktur in Tropffläschen mit Pipette zu 50 ml ab und nehme dazu eine Spritze mit stumpfer Kanüle. Das gibt es alles online oder in der Apotheke zu kaufen. Die Tinktur ist schier unbegrenzt haltbar - nach Kneipp ca. 10 Jahre.

Meine normale Einzeldosis beträgt 3 - in Worten: drei - Tropfen, am besten in einem koffeinhaltigen Getränk (Kaffee, schwarzer Tee, Cola ...) Bei Bedarf kann auch direkt auf die Zunge getropft werden. Da die Wirkung wie üblich 3-4 h anhält, benötige ich 3-4 Einzeldosen am Tag. 0,5 l Tinktur reichen dabei für 12-15 Monate.

Sehr positiv ist für mich, daß die Alltagsfähigkeiten voll erhalten bleiben - es stellt sich bei der o.g. Dosis kein Rausch ein. Auch 5-6 Tropfen pro Einzeldosis sind noch gut verträglich für mich, darüber stellt sich lediglich eine starke Sedierung ein - man kann die Tinktur hochdosiert auch als Schlafmittel nutzen. Weil sie hochwirksam ist, muß sie "kindersicher" verwahrt werden. "Ein Schluck aus der Pulle" würde mit Sicherheit zur Bewußtlosigkeit führen.

Wie die Tinktur wirkt, hängt vom Cannabis ab. Aktuell nehme ich Tillray Warlock 9/9, das ich bei Bedarf mit einer Tinktur aus freiverkäuflichem CBD-Kraut mit 5% CBD-Anteil mixe. Die Wirkung wird dadurch beträchtlich verstärkt und kann zum leichten Rauschzustand führen. Die Einnahme dieser CBD-Tinktur, die alleine nur sedierend wirkt, ist auch mit meinem Psychiater abgesprochen.

Ein weiterer Vorteil: die Tinktur ist sehr diskret - "sieht aus wie Medizin" - und kann überall und jederzeit genommen werden. Der einzige von mir wahrgenommene Nachteil ist: das Zeug muß durch die Verdauung und die Wirkung setzt daher erst nach ca 10 min ein. Aber das ist idR kein ernsthaftes Problem.

Und wegen ihrer hohen Effizienz ist es ein sehr sparsamer Konsum. Das schont nicht nur den Geldbeutel, sondern verzögert auch die Ausbildung von Toleranz und der damit verbundenen Notwendigkeit der Erhöhung der Dosierung. Man hat in jeder Hinsicht "viel Luft nach oben". Mir ist es sehr angenehm, mich nicht wegen dem Cannabis mit der GKV herumstreiten zu müssen. Aktuell ist mein Bedarf wegen der "Corona-Maßnahmen", die auf mich "retraumatisierend" wirken, etwas höher, ich benötige noch 1 g / Monat zum rauchen, aber auch da sind "Apothekenpreise" hinnehmbar. Tinktur und rauchen lässt sich übrigens auch gut kombinieren.

Es wird ersichtlich: diese Tinktur in meiner Rezeptur scheint mir nur für Patienten geeignet zu sein, die mit relativ niedrigen Dosen auskommen. Für Schmerzpatienten zB, die wesentlich höhere Dosen benötigen, könnte diese Form der Einnahme wahrscheinlich weniger geeignet sein.

Diese Cannabis-Tinktur findet sich übrigens nicht in den Büchern von Kneipp - ich hab es einfach mal probiert, da ich mit anderen Tinkturen nach Kneipp sehr positive Erfahrungen gemacht habe.

Und zum Beschluß: das Cannabis wird von mir nicht decarboxyliert - ich hebe es versucht, aber diese Tinktur war zu stark geworden, sediert auch in geringer Dosis so sehr, daß die Alltagsfähigkeiten sehr eingeschränkt sind. Die Restbestände von dem Versuch werden noch als "Schlaftropfen" abverbraucht. Decarboxylierung erzeugt nach meiner Erfahrung eine unkontrollierte Verstärkung und Verschiebung der Wirkstoff-Balance. THC und CBD sind ja auch nicht die einzigen Wirkstoffe, die Erforschung von Cannabis steckt ja noch ganz in den Kinderschuhen !

Hat sonst jemand Erfahrungen mit so einer Tinktur ?
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