Die Geschichte der Drogen (Historisches)

Wilhelm Tell
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Re: Konkret - Streifzug durch drogenpolitische Geschichte

Beitrag von Wilhelm Tell »

Ich lese deinen Thread sehr gern weiter so. Es ist faszinierend für mich wie es "damals" war. Ich interessiere mich sehr für Geschichte. Und diese Fakten tragen zu einem tieferen Verständnis unserer heutigen Zeit bei. Mach weiter so.
Wenn de did noch ne Weile machst kannst dich mit dem Amendt zusammen setzen und ein gebundenes Werk über die Geschichte der Drogen der letzten 50Jahre raus bringen. :lol:
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Gerd50
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Re: Konkret - Streifzug durch drogenpolitische Geschichte

Beitrag von Gerd50 »

Das zusammen setzen wird nur im Jenseits stattfinden können. Günter Amendt starb
im letzten Jahr bei einem Verkehrsunfall. Sollte ich ihn jemals im Jenseits treffen, werde
ich nur ein DANKE für sein unermüdliches Engagement aussprechen können, dessen
Vermächtnis ich mich hier bediene ;)
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Gerd50
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Re: Konkret - Streifzug durch drogenpolitische Geschichte

Beitrag von Gerd50 »

Den folgenden Artikel habe ich schon fünfmal gelesen, sacken lassen, auf der Suche nach
einer Interpretation, die nichts aus lässt und nichts verfälscht. Es gelingt mir nicht.

In den meisten Punkten könnte der Artikel von gestern stammen. Die seit 30 Jahren anhaltende
Inkompetenz in Sachen einer selbst gestrickten Drogenproblematik der Politik und deren Unfähigkeit,
eine Lösung für selbst gestricktes zu erarbeiten, spiegeln sich in diesem Artikel. Das Strickmuster
ist löchrig, jede zweite Masche wurde und wird fallen gelassen. Links rum stricken, um den Maschen
halt zu geben, kommt bedauerlicherweise nicht in Frage.

Ich hoffe, es ist ausnahmsweise gestattet, wenn ich den kompletten Artikel einstelle.

Konkret 02/85

Günter Amendt

Drogeneinkäufer gesucht
Zur Sozialphilosophie der 80er Jahre

Die neuen Zahlen sind raus. Man wartet und denkt, da muß noch was kommen. Doch nichts rührt sich. Keine der Institutionen, die sich gewohnheitsmäßig und postwendend an die Interpretation der jeweils neuesten Leichenstatistik aus dem Fixermilieu macht, scheint sich angesprochen zu fühlen. Niemand scheint es für nötig zu halten, wenigstens das alljährliche Ritual der Verharmlosung und Beschwichtigung in Gang zu setzen.

Nun war diese Todesstatistik nie von besonderer Aussagekraft. Im Gegenteil: In ihrer Fixierung auf Heroinabhängige trug sie unbeirrt Jahr für Jahr zur öffentlichen Irreführung bei.

Es ist irreführend, nur von Heroin zerstörtes Menschenleben unter der Rubrik »Drogentote« zu erfassen und von Alkohol und Nikotin vernichtetes und von chemischen Suchtstoffen zugrundegerichtetes Leben nicht einzubeziehen. Eine Statistik, die das wirkliche Ausmaß des Drogenproblems deutlich machen will, müßte zudem auch alkoholbedingte Verkehrsunfälle sowie unter Einwirkung von Alkohol und Psychopharmaka verursachte Betriebsunfälle, wie auch Haushaltsunfälle und natürlich Suicide einbeziehen.

Aber selbst als Teilstatistik sagt die jährliche Todesrate von Heroinabhängigen wenig aus. Fast 500 Drogentote wurden 1983 in der BRD registriert, weit mehr als 1982, wo es nur 383 statistisch erfaßte Fälle von Heroingebrauch mit tödlichem Ausgang gab. Der Jahresabschluß 1984 verzeichnet wieder einen Rückgang, und so geht es auf und ab und ab und auf.

Nur in Kombination mit einer Handelsstatistik, die es nicht gibt und die stattdessen als Trend, aus der Kreuzung von Beschlagnahme und Kriminalstatistik hochgerechnet wird, gewinnt die Todesstatistik einen vagen Aussagewert. Wenn, was der Fall ist, die Drogenkriminalität zunimmt und die Beschlagnahmen ansteigen, dann schließen die meisten Experten auf einen gut versorgten Markt bei entsprechend guter und gleichbleibender Qualität des Stoffs. Guter Stoff senkt die Todesstatistik, wenn er über einen längeren Zeitraum verfügbar ist.

Wie immer man die Bedeutung von derart ungesicherten statistischen Aussagen auch bewerten mag, eine Wirkung vermochte bislang noch jede der jährlich veröffentlichten Todesbilanzen auszulösen. Sie lenkte die Aufmerksamkeit für einen Augenblick wenigstens auf die Lage an der Opiatdrogenfront und zwang Sozialpolitiker und Verbandsvertreter zu Stellungnahmen – wenn auch zu scheinheiligen und verlogenen. Das ist vorbei. Und das ist neu. Und dagegen regt sich kaum Widerstand.

Woher sollte der kommen? Lange Zeit kam, wenn nicht gerade Widerstand, so doch zumindest Widerspruch gegen die Praxis staatlicher Drogenpolitik aus den Institutionen, die mit den Folgen dieser Politik direkt konfrontiert sind. Heute, unter der Bedingung knapp gehaltener Mittel, sind diese Institutionen mit dem Kampf ums eigene Überleben als Institution beschäftigt. Verbissener Lobbyismus, wo man hinschaut, eifrige Kompetenzaneignung, wo man hinhört. Therapieschulen und die dazugehörigen Einrichtungen preisen in höchsten Tönen ihre ärztliche Kunst und locken mit kostengünstigen Serviceleistungen, nicht selten verknüpft mit Therapieversprechungen, die an Scharlatanerie immer näher heranrücken. Es geht um den Erhalt von Arbeitsplätzen mindestens ebenso, wie um Bestandsgarantien für Therapieplätze – und es geht um die Schaffung neuer Arbeitsplätze für Mediziner, Psychologen, Sozialarbeiter und Sozialpädagogen. Das verlangt Anpassungsfähigkeit und Anpassungsbereitschaft an jene staatlichen Instanzen, die über die Mittelverteilung schließlich entscheiden.

Unter diesen Voraussetzungen findet eine Drogendiskussion praktisch nicht mehr statt. Wer, was unweigerlich Ergebnis dieser Diskussion wäre, staatliche Drogenpolitik als Betrug und von Sozialstaatsillusionen getragene Augenwischerei darstellt, wer die Drogenfrage erst in zweiter oder dritter Linie als soziales Problem begreift, wird sich mit allen anlegen, die im Drogenbereich Kompetenz beanspruchen.

Auch Therapeuten und Sozialarbeiter, als solche oft hoch qualifiziert und motiviert, geraten schnell in Rage, wenn man sich weigert, ihnen und ihrer Arbeit zu bestätigen, sie trage zur Lösung des Drogenproblems bei. Ohne dieses falsche Bewußtsein sind die meisten in der Drogenarbeit Tätigen offenbar unfähig, ihre Arbeit zu leisten. Erwartet wird nicht eine Analyse des Drogenmarktes, einschließlich selbstverständlich der sozialpolitischen Folgen, sondern blinde Rechtfertigung einer fragwürdigen Praxis und Berufsberatung mit dem Ziel der Arbeitsplatzbeschaffung.

Es fließen viele Interessen zusammen, wenn es um Drogen geht. Bis heute ist es beispielsweise den Grünen, die in anderen Zusammenhängen keinen Nachhilfeunterricht über die Interessen der chemischen Industrie benötigen, nicht gelungen, eine klare Position in der Methadonfrage zu erarbeiten. Das ist bis zu einem gewissen Grad verständlich, wenn man bedenkt, daß Drogenabhängige und ihre Sozialarbeiterlobby in den Grünen die einzige politische Kraft mit gewissen Machtbefugnissen sehen, die ihre Interessen zu vertreten bereit und in der Lage wäre. Und so kommt aus der grünen Ecke immer wieder die Forderung, staatliche Methadonprogramme einzuführen. Eine Forderung, die bei der Pharmalobby kaum auf Widerspruch stoßen dürfte.

So öffnete auch die in West-Berlin zuständige Sozialsenatorin dieser Forderung ihre Ohren. Wenn Frau Laurien heute von Methadonprogrammen nichts mehr wissen will, dann nicht weil sie grundsätzlich gegen die chemische Lösung der Drogenfrage ist, sondern wohl eher, weil entsprechende Erfahrungen in den USA zeigen, daß Methadonprogramme so kostengünstig nicht sind, wie lange Zeit interessierte Kreise glauben machen wollten. Methadonprogramme paßten nämlich durchaus in die gesundheitspolitischen Vorstellungen der CDU. Immerhin kam von dort die Anregung, zur Entlastung der Kassen den Gedanken der Selbstmedikation populär zu machen. Ein in der Öffentlichkeit kaum beachteter Tabubruch, der beispielsweise die bisherige Arbeit der »Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung« ad absurdum führt.

Zwei Beispiele politischer Aktivität verdeutlichen die Strategie der Bonner Rechtskoalition in der Drogenfrage: Das Bundesgesundheitsministerium macht in einer Pressemitteilung auf Änderungen im Betäubungsmittelrecht aufmerksam. Unter anderem wird darauf hingewiesen, daß von nun an neue Beschränkungen auch für Mohnkapseln in Blumengestecken gelten. Den Blüten muß künftig, bevor sie in den Handel geraten, der Suchtstoff Morphin entzogen werden.

Einige Monate zuvor – im Mai 1984 – hatte die Jahresversammlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) fast einstimmig beschlossen, der »grenzenlosen Vermarktung von Medikamenten durch die Pharmaindustrie« einen Riegel vorzuschieben. Selbst Belgien und die Schweiz, deren Pharma-Konzerne gegen die drohende Beschränkung der Handelsfreiheit mit Medikamenten Sturm liefen, schlossen sich dieser von den skandinavischen Staaten und einigen Ländern der »Dritten Welt« eingebrachten Resolution an. Dagegen stimmten die USA. Die Bundesrepublik Deutschland enthielt sich der Stimme.

Stimmenthaltung in der nationalen Drogenfrage und Offenhaltung des Pharmamarktes im internationalen Rahmen, das ist alles, was regierungsamtlich zu erwarten ist. Das ist viel. Damit trägt die Bundesregierung entschieden zur Verlagerung des Drogenproblems in die Länder der »Dritten Welt« bei. Der Export von Psychopharmaka und anderen Medikamenten, die teilweise sogar an den hiesigen Zulassungsbedingungen gescheitert sind, in die »Dritte Welt« fördert dort die Abhängigkeit von legal produzierten und legal wie illegal gehandelten Pharmaprodukten .

Aber auch die Zunahme des Opiatdrogen- und neuerdings des Kokainhandels – volkswirtschaftlich ausgedrückt: steigende Importe von agrarischen Rohprodukten aus der »Dritten Welt« – erhöht die Suchtabhängigkeit in den Ursprungsländern selbst. Zunehmend siedeln sich Heroin- und Kokainraffinerien in den Anbauländern oder in deren unmittelbarer Nachbarschaft an. Das ist ökonomisch vorteilhaft, denn der Großhändler in den Verbraucherländern kauft das Endprodukt auf dem niederen Preisniveau der »Dritten Welt« und nicht länger auf dem hohen Preisniveau der imperialistischen Metropolen.

Ist die Droge erst im Land, findet sie dort auch ihren ersten Abnehmerkreis. Dieser Zusammenhang war idealtypisch in Italien zu studieren. Pakistan, wo von afghanischen »Freiheitskämpfern« angebautes, geerntetes und geliefertes Rohopium bzw. Morphinbase zu Heroin verarbeitet wird, wozu auch bundesdeutsche Pharmakonzerne die chemischen Substanzen bereitstellen, kannte, folgt man den Dossiers von UNO-Organisationen, bis vor einigen Jahren kein Heroinproblem. Neueste Publikationen sprechen von einem dramatischen Anstieg der Heroinabhängigkeit vor allem im Umkreis großer Städte und in der Nähe von afghanischen Flüchtlingslagern. Auch Indien wird von einer Suchtwelle heimgesucht.

Die hiesige Jahresbilanz 84 verzeichnet nicht nur den kontinuierlichen Anstieg des Drogenhandels insgesamt, sie stellt besonders die explosive Entwicklung des Kokainhandels heraus. Auch wird die Befürchtung geäußert, »Speed« in Form amphetaminhaltiger Drogen erobere den Drogenmarkt. In diesem Zusammenhang und zum Beweis für die These ist dem Landeskriminalamt Baden-Württemberg wieder einmal eine jener »größten Beschlagnahmeaktionen aller Zeiten« gelungen. Phenylaceton faßweise im Wert von 300 Millionen Mark wurde sichergestellt. Das sind 5,4 Tonnen eines Ausgangsprodukts zur Herstellung von speed-trips.

Kaum beachtet und in Statistiken wohl auch schwer zu erfassen, ist die Entwicklung am Trip-Markt. Ab und zu wird die Beschlagnahme von LSD-Trips bekanntgegeben. Kenner der US-amerikanischen Drogenszene kündigen unterdessen eine völlig neue Trip-Generation an. Ecstasy – eine Droge deren Existenz ich an anderer Stelle bestritten habe, was ich hiermit korrigiere – ist Vorbote dieser Entwicklung. Dabei handelt es sich um psychoaktive Substanzen, deren Wirkungsweise genau bestimmt und deren Wirkungsdauer genau eingegrenzt ist. »Nebenwirkungen« von LSD, beispielsweise der Horrortrip, sollen so chemisch ausgeschaltet werden. LSD wird der Hauch von Abenteuer genommen: trips without risks.

Im übrigen habe ich bereits zu Beginn der sogenannten Kokainwelle den Trend von Kokain zu Amphetamin, von der Luxusdroge zur Massendroge prognostiziert. Alle historischen Erfahrungen (»Speed ist die Droge von Kriegen und Krisen«) und die Kenntnis ökonomischer Gesetzmäßigkeiten, die im Drogenhandel so wirken wie überall, wo zum Zwecke der Profitmaximierung Waren produziert und gehandelt werden, haben diesen Trend vorgezeichnet. Nur in Kreisen, die es sich nicht leisten können, ökonomische Fragen mit Sentimentalität zu überlagern und mit Sozialstaatskleister zuzudecken, beginnt sich ein Bewußtsein von diesen Zusammenhängen zu entwickeln.

So veröffentlichte das in Zürich erscheinende Wirtschaftsmagazin »Bilanz« einen Artikel, der unter der romantisierenden Überschrift »Pizza Connection« nicht nur Bekanntes über den ethischen Hintergrund der Händlerorganisationen, sondern auch bis dahin zumindest im Wirtschaftsteil einer Zeitung Unbekanntes über die Rolle des internationalen Bankensystems und seine Kooperation mit dem internationalen Bandensystem brachte. Schweizer Banken spielen dabei eine herausragende Rolle. Namensnennungen allerdings sind verpönt. Als der Autor eines Fernsehfilms den Namen einer »Schweizerischen Kreditanstalt« in diesem Zusammenhang anführen wollte, wurde das Firmenkürzel mit einem Piepston überdeckt.

Fixerleichen werden auch zukünftig den sozialpolitischen Weg dieser Regierung pflastern. Pünktlich zum Jahresende auf einen Haufen zusammengerechnet, bilden sie einen Sockel oberhalb dessen sich der ökonomische Aufschwung und die geistig-moralische Erneuerung abspielen. Damit teilen sie das Schicksal der Arbeitslosen und anderer sogenannter Randgruppen. Das ist neu. Anders als vorangegangene Regierungen, die sich zumindest verbal mit diesem Zustand nicht abfinden wollten, nimmt diese Regierung die Marginalisierung ganzer Bevölkerungsgruppen bewußt in Kauf. So neu ist das nun wiederum auch nicht. Das ist ein Polit-Trip, der die Welt vergiftet, ein Horrortrip by the name of USA.
By the name of USA. WACO, Washington, Colorado, macht Hoffnung auf einen Sinneswandel.
Ride the WACO Wave, das wird kein Selbstläufer. Unsere Aufgabe ist es, einen Weg zu finden,
diese Welle kreativ zu reiten.

Wie man am Beispiel Ecstasy lesen kann, war es auch damals schon schwierig, den Überblick
darüber zu behalten, welche synthetischen Substanzen auf den Drogenmarkt drängten. Und
wie die Zeit zeigte, produzier(t)en neue Verbote nichts anderes als neue Substanzen. Denn
wo es eine Nachfrage gibt, gibt es einen Markt.
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Gerd50
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Re: Konkret - Streifzug durch drogenpolitische Geschichte

Beitrag von Gerd50 »

Konkret 02/86

Günter Amendt

Pausenbrot
über die Entwicklung am Drogenmarkt
Machen wir's kurz, es interessiert sich sowieso kaum noch jemand für die Lage an der Drogenfront. Ein Thema hat dem andern den Rang abgelaufen, die Drogenhysterie wurde von der Aidspanik verdrängt.
Auf der Strecke blieben (bleiben) bei dieser Panik die Fixer, jetzt doppelt gebeutelt. Zum einen
durch die schwankende Qualität der Ware am Schwarzmarkt, zum anderen durch Verunreinigungen
von mehrfach benutzten Spritzbestecken, die nicht nur die Droge ins Blut befördern, sondern auch
das HTLV 3-Virus. Hamburg und Zürich waren Spitzenreiter beim Heroinkonsum und Toten, während
im Rest von Deutschland und der Schweiz die Zahlen leicht rückläufig waren. Ein ewiges auf und ab,
eine wirkliche Hilfe nicht in Sicht.

Das BKA kam in dieser Situation auf die Idee, 200 Beamte nach dem Vorbild der DEA
(Drug Enforcement Administration) einzusetzen, um die Vertriebswege von Heroin, Kokain
und Haschisch 'auszukundschaften' und der Kapitalfluss sollte beobachtet sowie
Geldwaschanlagen ausgehoben werden. Ein sinnloses Unterfangen angesichts des
Schweizer Bankgeheimnis. Fragwürdig auch Einsätze von Undercoveragenten im Ausland,
da die DEA sich in erster Linie als Spezialisten für Souveränitätsverletzungen und Aktionen in
juristischen Grauzonen qualifizierte. Kein gutes Vorbild.

Kokain war weiterhin auf dem Vormarsch, trotz des polizeilichen und militärischen Aufwands, den
die USA in manchem Anbauland betrieb (betreibt). In Bolivien waren die Löhne von Bergbauarbeitern
so weit gesunken, das sie gezwungen waren Coca anzubauen, um ihre Familien über die Runden zu
bringen.

Die Gesamtlage an der Drogenfront:
Als absoluter Spitzenreiter und mit einer gigantischen Werbekampagne unter die Leute gebracht, erwies sich 1985 das als Energiepräparat für »aktive Menschen« beworbene Vitamin E. Einer der Hersteller preist seine Produktkombination aus Magnesium und Vitamin E nicht nur als »das Vitalistätsrezept aus der Natur«, er klinkt sich mit seinem Werbekonzept direkt in die Regierungspropaganda ein: »Die Leistungskapsel, mit der es wieder aufwärts geht.«
Zwischen Vitaminpillen und Kokslines hat sich Amphetamin behaupten können - roh oder in Pharmapräparate verpackt.
Marihuana und Haschisch bleiben unter den sogenannten Jugenddrogen weiter an der Spitze. Spanien, dessen sozialdemokratische Regierung den Haschisch-Konsum legalisiert hat, meldet keine besonderen Vorkommnisse.
Gesoffen wird weiterhin tüchtig. Neu ist die Einbindung des Alkoholkonsums in jugendspezifische Rituale. In der »Batschkapp« schubsen, jagen und prügeln sich beim Klang irischer Folklore aIkoholisierte kids über Bierpfützen, während die Kinder der Krisengewinnler unbehelligt über die »Fressgass« flanieren und ab und zu dezent in einen Champagner-Kübel kotzen. Der volkswirtschaftliche Schaden des Alkoholmißbrauchs wird in der Bundesrepublik auf jährlich siebzehn Milliarden Mark veranschlagt.
Der Medikamenten-Mißbrauch hat das Ausmaß einer Epedemie erreicht. Die user, die Psychopharmaka eben mal als Pausenbrot einwerfen, werden immer jünger, und immer mehr Kinder beginnen ihre Drogenkarriere als »Schnüffler« von Klebstoffen, Chloroform und ähnlichem.
Die höchste Konzentration von Drogenabhängigen jeder Art versammelt sich noch immer in den »Straßen von Manhatten«. Man spricht in New York City von zweihundertfünfzigtausend Drogenabhängigen. Und das sind nur die vom harten Kern. Im Westen nichts Neues.
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Gerd50
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Re: Konkret - Streifzug durch drogenpolitische Geschichte

Beitrag von Gerd50 »

Konkret 10/87

Günter Amendt

Die Contra Connection

Während seiner Anti-Drogen-Kampagne setzte Reagan das Gerücht in die Welt, die Sandinisten seien in den lateinamerikanischen Kokain-Handel verwickelt. Sogar Umschlagplätze und Transportwege seien bekannt. Wie auch nicht? CIA-Leute selbst hatten schließlich geholfen, sie anzulegen. Die Dollars aus dem Geschäft kassiert nicht die Regierung in Managua, sondern die Contra in Miami. Günter Amendt war in Nicaragua. Er berichtet über die Drogensituation im Land
Ronald Reagan, das war die Wiedergeburt der McCarthy und Nixon Ära im Doppelpack. Reagan
schreckte vor nichts zurück, Kommunisten weltweit, soweit sie das 'Machtgebiet' der USA
betrafen, die Hölle auf Erden heiß zu machen. Der War on Drugs, nach dem Vorbild Nixons doch
mit wesentlich mehr Mitteln ausgestattet (in Breaking the Taboo wird darüber berichtet), war
ihm bei seinem Feldzug gegen Kommunisten ein willkommenes Werkzeug.

Lange Rede kurzer Sinn, Amendt fand in Nicaragua keinen nennenswerten Drogenmarkt oder
gar ein Drogenproblem der Bevölkerung. Koks konnten sich noch einige wenige reiche leisten,
Hanf war verfügbar, nahm aber nur einen Nischenplatz ein. Aitsch gab es so gut wie nicht. Das
Problem war Alkohol in einer verarmten Gesellschaft, bis heute als Drogenproblem nicht
anerkannt.

Der Vorwurf gegen die Sandinisten, die damals die sozialistische Regierung bildeten, erwiesen
sich im nachhinein als haltlos. Die Propagandainszenierung Reagans baute darauf, das die Mehrheit
der US-Bevölkerung nicht genau wußte, wo dieses fucking Nicaragua eigentlich liegt, who the hell da
unten gegen wen kämpft und auf welcher Seite sie eigentlich stehen. Nicaragua, das hieß trouble.
Drogen, das hieß trouble. Nicaragua und Drogen, das war trouble in Potenz. Das sollte hängenbleiben,
und es blieb auch hängen, legitimierte jede Schweinerei.

Was Amendt fand, war eine Schweinerei. Pisten im Urwald, mit Hilfe der CIA angelegt. Für
Flugzeuge als Zwischenstation auf dem Weg von Bolivien und Kolumbien nach Texas oder
Florida und zurück. Koks wurde auf direktem Weg geflogen, Waffen zurück über Umwege, auch
über Deutschland. Wir sind Staat 51 ohne Stern auf der Flagge, da ist vieles möglich.

Nutznießer dieses Deals, die Contras in Nicaragua und sonst wer in Lateinamerika, der
Waffen für den Kampf gegen Kommunisten beanspruchte und zahlen konnte. Wofür
die Waffen letztendlich eingesetzt wurden, interessierte niemanden. Solange es
Erfolgsmeldungen der Contra, mit Hauptquartier in Miami, gab.

Ausführendes Organ der Transporte war ein US amerikanisches Flugunternehmen,
Southern Air Transport, zugelassen in Miami/Florida. Dieses Unternehmen hatte schon
im Vietnamkrieg Aufsehen erregt:
Von 1960 bis 1973 war die Fluggesellschaft Eigentum der CIA. Da war doch was? Erinnerungen kommen hoch an tote amerikanische Soldaten, denen man in Saigon vor der Überführung in die Staaten den Brustkorb öffnete und mit Heroin vollstopfte. In den USA wurden die Leichen geöffnet und ein zweites Mal ausgenommen. GIs brachten die Drogenfahnder auf die Spur dieser makabren Heroin-Container. Der Stoff kam aus dem »Goldenen Dreieck«, die CIAirline »Southern Air« transportierte ihn zur Weiterverarbeitung in die Leichenschauhäuser von Saigon. Das war damals. In Vietnam. Und heute, in Nicaragua? Ob Eugene Hasenfus in seiner C-123, die über Nicaragua abgeschossen wurde, neben Waffen auch Drogen transportierte, ging aus den Prozeßberichten nicht hervor. Ein Mitarbeiter des bundesdeutschen Entwicklungsdienstes (DED), den ich im Norden Nicaraguas traf, meinte nur lapidar: »Glauben Sie, die fliegen leer in der Gegend rum, wenn sie ihre Waffen abgeladen haben.«
Eugene Hasenfus war Pilot, arbeitete für die CIA und wurde über Nicaragua auf einem seiner
Transportflüge abgeschossen. Bei seinem Prozess in Managua flog der bekannte Teil dieser
Riesenschweinerei auf. Die militärische Deckung der Sauerei übernahmen Ex-Söldner,
exil-kubanische Schweinebucht-Veteranen.

Zum Ausmaß der endlosen Geschichte, deren Zentrum momentan Mexiko ist:
Dem Söldner (Hasenfus) im Dienst der CIA wurde in Managua der Prozeß gemacht. Unter anderem ging es auch um ein Bordbuch, das im Wrack seiner heruntergeholten Maschine gefunden und beschlagnahmt worden war und als Beweismittel in den Prozeß eingeführt wurde. Aus den Eintragungen ins Bordbuch und den Einlassungen von Hasenfus vor Gericht stellte die Tageszeitung »El Nuevo Diario« eine Liste all jener Stützpunkte und Militärbasen zusammen, die Hasenfus und seine Söldnerkollegen regelmäßig ansteuerten, um Waffen aufzunehmen oder abzuladen. Waffen für die Contra, in mindestens 240 Einsätzen zusammengetragen und kreuz und quer über die nördliche Halbkugel transportiert, um die Spuren zu verwischen. Zu den Flugzielen der geschäftigen Airline gehören unter anderen: Honduras, Kolumbien, Costa Rica, El Salvador und Guantanamo, der US-Stützpunkt im Süden Kubas, aber auch die Bundesrepublik Deutschland, Italien, Zypern und Großbritannien. Und selbstverständlich auch diverse Pisten und Flughäfen in den USA.
Ein Drogenhändler und Geldwäscher sagte vor einem Senatsunterausschuss in Washington aus:
Insgesamt zehn Millionen Dollar habe seine Bande, die 75 Prozent des Kokainexports aus Kolumbien in die USA kontrolliert, der Contra spendiert. Der Zeuge gab an, die Spende an CIA-Agenten in Honduras und Costa Rica weitergeleitet zu haben
Vor demselben Senats-Unterausschuß berichtet zwei Wochen später ein Jorge Morales, er habe sich 1983 erstmals mit Führern der Contra in Miami getroffen und vereinbart, ihnen im Tausch für Drogen Frachtflugzeuge, Hubschrauber und Waffen zu besorgen. Einige seiner Kontaktleute hätten sich als Mitarbeiter der CIA ausgegeben
und ihm Schutz vor Strafverfolgung in den USA versprochen.
Der vollständige Artikel ist ein Auszug aus Amendts im Konkret Literaturverlag veröffentlichten Buch:

Der große weiße Bluff. Die Drogenpolitik der USA

Den Heroindeal aus dem Goldenen Dreieck über Saigon hatten die USA versucht, China in
die Schuhe zu schieben. Mit einer ähnlichen Propagandaaktion wie der in Nicaragua 20 Jahre
später. Verlässliche Mittel gibt man nicht so leicht auf und das gilt bis heute.

Breaking the Taboo

http://www.breakingthetaboo.info/

macht Hoffnung, das Licht das Dunkel einer unfassbaren Drogenpolitik der USA durchdringt.
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Re: Konkret - Streifzug durch drogenpolitische Geschichte

Beitrag von Gerd50 »

Aus der Reihe "Der große weiße Bluff. Die Drogenpolitik der USA" fehlt auf der Konkret CD
ein Artikel, von dem ich sicher bin, das er Ende 87 Anfang 88 erschienen ist.

In dem Artikel ging es um einen Skandal, der es bis heute unverständlicherweise nicht
in die Medien und Öffentlichkeit geschafft hat. Ich nenne ihn den Essigsäureanhydridskandal.

Etwas ähnliches wie die Contra Connection gab es natürlich auch in Asien. Afghanistan, Pakistan
und in Zeiten des Vietnamkrieges das Goldene Dreieck Laos, Burma, Birma waren/sind die Hochburgen,
wo Essigsäreanhydrid vor allem für eines nicht gebraucht wird, zur Herstellung von Aspirin. In großen
Mengen wird es für die Herstellung von Heroin benötigt.

http://de.wikipedia.org/wiki/Heroin

Afghanistan, das war ein relativ friedliches Land, bis es sich 1978 entschloss, einen sozialistischen Weg
einzuschlagen. Das war den USA ein Dorn im Auge. Mit den üblichen Mitteln der CIA, Zwietracht
unter den verschiedenen Interessengruppen säen, hier eine Geldspritze für einen erwünschten Politiker,
dort ein Container Waffen für kampfbereite Fundamentalisten, wurde versucht, Sozialismus in Afghanistan
zu verhindern. Der Plan einen Bürgerkrieg zu entfachen ging auf.

Das wiederum war der Sowjetunion ein Dorn im Auge, denen ein sozialistischer Nachbar gut in den
Kram gepasst hätte. 1979 schon begann die militärische Intervention.

http://de.wikipedia.org/wiki/Sowjetisch ... fghanistan

Das Ergebnis der 'Bemühungen' der Großmächte ist bekannt. Afghanistan heute ist ein traumatisiertes
Land. Finanziert wurde und wird dieses Trauma mit Heroin. Die Sowjets nahmen ihr Heroinproblem
nach ihrem Abzug mit nach Hause, wo es zu einem Krokodilproblem

http://de.wikipedia.org/wiki/Desomorphin

eskalierte. Die USA betreiben weiterhin ihr scheinheiliges Spiel, den War on Drugs, schämen sich
nicht, ihren militärischen Einsatz auch mit Drogengeldern zu finanzieren.

Was hat Deutschland damit zu tun? Deutschland ist Großproduzent von Essigsäureanhydrid
(Bayer, Hoechst, Merck) und eines der wenigen Länder, welches eine Exportkontrolle verweigert.
Und wo Essigsäureanhydrid nicht für die Herstellung von Aspirin auftaucht, tauchen u. a. Produkte
der Waffenschmiede Heckler & Koch auf.

Konkret rief damals seine Leser dazu auf, bei den Chemiemultis gegen den Export von
Essigsäureanhydrid zu protestieren. Erfolglos. Lapidare Antwort der skrupellosen Giganten:

"Essigsäureanhydrid wird ausschließlich für die Herstellung von Aspirin produziert."

Zwischendurch habe ich mir die ZDF Heute Show angesehen und stelle mir vor, wie
Gernot Hassknecht sagt, also brüllt:

Habt ihr den Verstand verloren? Seit vierzig Jahren nervt ihr mit eurer hausgemachten
Drogenhysterie. Ihr seid euch nicht zu schade dafür einen Drecksdeal zu erledigen den
die Arschgeigen da drüben ihrem Volk nicht verkaufen können. Schämt euch in Grund
und Boden und macht endlich eure Hausaufgaben!


Oliver Welke moderiert ab:

Tja liebes Publikum, warum eine einfache Lösung mit Aussicht auf Erfolg, wenn es auch
schwierig geht ohne Aussicht auf Erfolg. Das ist Politik meine Damen und Herren 8-)

Köstlich in der heutigen Heute Show, wie Welke und Tina Hausten Peer Steinbrück
als lupenreien Sozialdemokraten demontierten. Billigen Fusel für um die fünf Euro
würde Steinbrück nicht kaufen. Den darf ein alter Kumpel von 69, ein Maurer, saufen,
den er seitdem nicht mehr gesehen hat.
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Re: Konkret - Streifzug durch drogenpolitische Geschichte

Beitrag von Gerd50 »

Konkret 07/89

Günter Amendt

Drogenfront Teil 1

Was Ex-ClA-Chef George Bush (der Ältere) in Nicaragua und nicht nur dort begonnen hatte,
setzte er als Präsident fort. Ex-CIA-Agent Noriega, damals Präsident von Panama, war sein
Lieblingsgegner, obwohl sie zuvor gemeinsame Geschäfte gemacht hatten. Es gab einen
Anlass, der Zucht und Ordnung in Lateinamerika gebot: Die Kontrolle des Panamakanal
sollte von den USA auf Panama übertragen werden.

Lieblingsvorwurf von Bush, Noriega handelt mit Drogen. Was den nicht beeindrucken konnte,
nachdem Reagan an Nicaragua und Cuba kläglich gescheitert war.

Reagan hatte in seiner Amtszeit nicht geschafft, Nicaragua in die Knie zu zwingen. Die
Diffamierungskampagne, dort wäre die Regierung in Drogenhandel verwickelt, konnte
nicht bewiesen werden. Ebensowenig auf Cuba, wo dasselbe versucht wurde. Prostitution
und Drogenhandel waren fest in US amerikanischer Hand waren, was bewiesen werden konnte.

Als nicht hilfreich erwies sich der damalige Präsident Costa Ricas, Oscar Arias. Auch in
Costa Rica hatte die CIA daran gearbeitet, Pisten in den Dschungel für Koks- und Waffenflüge
zu bauen. Trotz der damit verbundenen Dollar waren Arias seine lateinamerikanischen
Nachbarn lieber und wichtiger als die USA, die in Bolivien in einer gigantischen Aktion nicht
davor zurückschreckten, auch Napalm über Kokapflanzungen zu versprühen. Die Verknappung
des Marktes versprach höhere Abatzpreise zu lasten der Bevölkerung, die vom Anbau
von Koka und Hanf lebte.
Man mag von Oscar Arias halten, was man will – er personifiziert den Selbstbehauptungswillen der zentralamerikanischen Völker, um nicht zu sagen der Völker Lateinamerikas. Seine politische Initiative hat der Reagan-Administration und damit dem US-Imperialismus eine schwere Niederlage zugefügt. Was wohl die meisten von uns befürchtet hatten, ist Reagan auch in zwei Amtszeiten nicht gelungen: Nicaragua niederzuringen und die alte Oligarchie wieder an die Macht zu bringen. Diese Niederlage ist untrennbar geknüpft an den Namen Oscar Arias, der im Bündnis mit anderen zentralamerikanischen Staaten, darunter traditionell engen »Freunden« der USA, einen eigenen zentralamerikanischen Weg zum Frieden zu suchen begann.
Die US-Regierung aber wollte auch in Zukunft in Lateinamerika militärisch intervenieren. Bush hatte
angekündigt, er werde demnächst in gleich mehreren lateinamerikanischen Staaten militärisch gegen
Kokabauern und Laborbetreiber vorgehen. Doch der politische und moralische Preis für derartige
Interventionen wurde durch die Arias-Initiative erhöht. Deshalb sollte sein Kopf rollen. Belastet wurde
er von einem Jorge Morales, den der »Spiegel« so beschrieb: »Der Kubaner (gemeint ist der
Exil-Cubaner Jorge Morales), einer der größten US-Drogenhändler mit Beziehungen zum
State-Department und zur CIA, gestand vor einem Washingtoner Untersuchungsausschuß, er habe
einer Partei in Costa-Rica Drogendollar für den Präsidentschaftswahlkampf 1986 überwiesen.«

Ein Großdealer und CIA-Mitarbeiter als Belastungszeuge, das hatte mit Nicaragua und Cuba nicht
funktioniert. Auch da hatten exil kubanische Drogenhändler als Belastungszeugen ausgesagt.
Vorgänge, die auch die US Medien nicht fressen wollten.
Kontinuierlich ist im Verlauf der 70er und 80er Jahre die politische und ökonomische Bedeutung des Drogenhandels gewachsen. Von den Ernteerwartungen und Marktchancen der landwirtschaftlichen Ausgangsprodukte hängt das Überleben ganzer Regionen in der sogenannten Dritten Welt ab – aber auch das Maß des Wohlstandes einiger US-Agrarstaaten, in denen Marihuana angebaut wird.
Wir sehen, das Chaos, welches die Lateinamerikapolitik der USA anrichtete, u. a. künstliche
Verknappungen auf dem Drogenmarkt, hatte dazu geführt, das sich US Hanfbauern, eine
Zubehörindustrie samt Lobbyverband NORML, der viele Einzelverbände unterstützt, etablieren
konnten.

1989 war der Zustand erreicht, das Drogengelder aus systemrelevanten Geldkreisläufen nicht
mehr wegzudenken waren. Legale und illegale Gelder mischten sich ungebremst. Der Krieg gegen
Drogen wurde zum Nebenkriegsschauplatz so wir ihn heute kennen:

Eine gigantische Propagandaschlacht.
Ich glaube an alles. Außer an Menschen.
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Der erste Haschtote....

Beitrag von Gerd50 »

es gibt ihn doch wurde heute in der Sendereihe 'Das Jahrhundert des Kabaretts' auf Phoenix
berichtet.

Wolfgang Neuss, der Mann mit der Pauke, Spezialist im Texte klauen und um modeln auf
Neuss Deutschland (großartig) ist der erste Haschtote deutscher Geschichte, schenkt man
Phoenix Glauben. 1972 wähnte sich das politische Kabarett des Nachkriegsdeutschland
mit der Wahl Willy Brandts zum Kanzler seiner Aufgabe beraubt. Respektive wähnte sich
am Ziel.

Renommierte Kabarettgruppen wie die Lach- und Schießgesellschaft lösten sich auf.
Neuss hatte sich schon seit 1970 aufgrund der Erkenntnis, das sich Kabarettpublikum
und Politik nicht ändern lassen, zurückgezogen.

Phoenix: "Neuss machte sich mit vollem Erfolg unsichtbar, lebte zeitweise von Sozialhilfe,
wurde haschsüchtig und starb 1989."

Trotz dieses 'Schönheitsfehlers', die der Biografie Neuss nicht gerecht wird, sind Folge
drei und vier der Sendereihe ein gelungener Schnelldurchlauf deutscher Nachkriegsgeschichte
konkret auf den Punkt gebracht.

Ab kurz nach Mitternacht werden alle vier Folgen auf Phoenix wiederholt. Spannend und amüsant!

Mehr zu Neuss gibt es hier:

http://haschrebellen.de/wolfgang-neuss/
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Gerd50
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Re: Konkret - Streifzug durch drogenpolitische Geschichte

Beitrag von Gerd50 »

Konkret 07/89

Günter Amendt

Drogenfront Teil 2

Im zweiten Teil der Drogenfront 89 äußert sich Amendt sehr persönlich, daher gebe ich seine
Gedanken ungekürzt wider.

Was wir heute wissen über die Mechanismen des internationalen Drogenhandels, über legale und illegale Drogen reicht aus, um eine Bilanz frei von Wunschdenken und falschen Versprechungen zu ziehen: Es ist ein Punkt erreicht, der uns wenigstens in der Analyse des Problems zur Nüchternheit zwingt. Dabei sollten wir uns abgewöhnen, von Drogenproblemen zu sprechen, denn wer von Problemen redet, verspricht sich und anderen immer auch Lösungen. Das Drogenproblem aber ist unter den gegebenen gesellschaftlichen Bedingungen nicht lösbar, seine Folgen werden uns und zukünftige Generationen beschäftigen wie die Folgen der Atomtechnologie oder der Gentechnologie. Mit anderen Worten: Wir müssen uns mit einer Entwicklung auseinandersetzen, die nicht mehr umkehrbar ist.

Ich habe mich jahrelang bewußt und in der Absicht gegenzusteuern vorwiegend mit den politischen und ökonomischen Ursachen und Folgen des sogenannten Drogenproblems beschäftigt. Die Psychologisierung und Mystifizierung der Drogen rechtfertigte diese Einseitigkeit. Es ist an der Zeit, beides in unseren Überlegungen wieder zusammenzubringen: die Angebots- mit der Nachfrageseite, Produktion und Konsum, Suchtstoffe und Süchtige.

Ich habe kein geschlossenes Erklärungssystem. Einer allein kann so etwas nicht leisten. Verstehen Sie, was ich hier sage, als Überlegungen, Assoziationen, Erkenntnisfetzen, als Überspitzung, meinetwegen auch als Dramatisierung, als Anregung, wenn Sie so wollen, zu »neuem Denken« auch in der Drogenfrage.

Jahrelang habe ich, rein politisch und ökonomisch argumentierend. vielleicht auch unbewußt doch noch in der Illusion befangen, das Problem sei lösbar, den Einsatz von Methadon abgelehnt: Man kann Drogen nicht mit Drogen bekämpfen. Wer Methadon propagiert, arbeitet der Pharmaindustrie zu. So, grob vereinfacht, meine Argumentation. Sie stimmt auch heute noch und ist trotzdem falsch. Sie ist falsch, weil sie einseitig ist und die betroffenen Individuen nicht ausreichend einbezieht.

Doch dahin bin ich erst gekommen, konnte ich erst kommen, nachdem ich das Ausmaß des »Problems«, seine ökonomischen und politischen Dimensionen und seine Vielschichtigkeit wirklich verstanden hatte. Heute trete ich ein für die Vergabe von Methadon, wenn ein Fixer oder eine Fixerin danach verlangt. Ich argumentiere ausschließlich vom Standpunkt der Heroinabhängigen. Es ist ethisch nicht vertretbar, Heroinabhängigen, die das letzte und schwächste Glied einer Handelskette sind, die weltweit jährlich 300 Milliarden Dollar umsetzt, ein Therapeutikum, das ihre Lage erleichtert – ich spreche nicht einmal von Heilung – zu verweigern.

Ich argumentiere nicht vom Standpunkt des Staates, der Methadon einsetzt, um Aids-Prophylaxe oder Kriminalitätsvorbeugung zu betreiben. Auf diesen Argumentationsunterschied lege ich Wert, denn kein Staat, keine Gesellschaft ist legitimiert, soziale Probleme und gesellschaftliche Konflikte mit Hilfe von Drogen zu lösen. Das wäre eine Horrorvision.

Ich kann die Einwände von Methadongegnern nachvollziehen. Trotzdem ist ihnen entgegenzuhalten, daß ein Grundsatzstreit über den richtigen Weg der Drogentherapie nicht auf dem Rücken von Kranken ausgetragen werden darf, auch wenn man in der Konsequenz damit der Pharmaindustrie zuarbeitet. Mit diesem Widerspruch müssen wir leben. Auch ein Fixer hat nur ein Leben. Es gibt keine sauberen Lösungen in einem schmutzigen Geschäft. Der sicherlich ehrenwerte Anspruch, ein Therapiekonzept durchzusetzen, das auf völlige Drogenfreiheit hinausläuft, also die »Resozialisierung« in eine drogenfreie Gesellschaft, ist eine absurde Verkennung der Realität. Drogenfreie Gesellschaft – wo eigentlich leben diese Träumer der Enthaltsamkeit? Nie zuvor in der Menschheitsgeschichte, soweit wir sie überblicken, waren mehr Drogen im Umlauf, nie zuvor gab es ein breiteres Angebot an psychoaktiven, rauscherzeugenden Stoffen: jedem nach seinen Wünschen, jeder nach ihren Bedürfnissen.

Ganz offensichtlich gibt es ein universelles Bedürfnis, sich in bestimmten Situationen alleine oder in Gesellschaft in einen künstlich erzeugten Stimmungszustand zu versetzen. »Es ist eine Forderung der Natur«, schreibt Goethe in seinem Maximen und Reflexionen, »daß der Mensch mitunter betäubt werde ohne zu schlafen, daher der Genuß im Tabakrauchen, Branntweintrinken, Opiaten.« Kenntnisreicher als Goethe erwies sich Friedrich Engels, der in einem Aufsatz die dramatischen Veränderungen der Trinkgewohnheiten mit dem Aufkommen der Branntweindestillation beschrieb. Vielleicht lag da der »Sündenfall«. Mit der Branntweinherstellung, mit der Schnapsbrennerei und der industriellen Herstellung von hochprozentigen Alkoholika vollzog sich ein qualitativer Sprung. Die neue Technologie der Alkoholproduktion, die aus den pflanzlichen Ausgangsprodukten mehr herausholt als der Gärungsprozeß hergibt, hat das Suchtpotential von Alkoholika drastisch erhöht. Das gilt auch für die Umwandlung von Opium in Heroin bzw. Koka in Kokain.

Mit den hochprozentigen Alkoholika veränderte sich nicht nur der Verlauf von Rausch- und Betäubungszuständen, die beginnende Industrialisierung hob auch immer mehr die Trennung von Rauschzustand und Normalzustand auf. Das Freizeitvergnügen Goethes sickerte immer mehr in den Arbeitsalltag ein. In vielen Industrien wurden Alkoholika sogar als Lohnersatz bzw. Lohnergänzung von der Kapitalseite verabreicht. Mit der Entwicklung eines Drogenmarktes und der Etablierung von Rauschmitteln als Konsumgüter verlagerte sich die Beschaffungsaktivität ausschließlich auf die lohnabhängigen Konsumenten.

Es gibt ein Angebot, es gibt eine Nachfrage, also gibt es einen Markt. Weil das am Markt angebotene Produkt – die Droge – illegal ist, versucht der Staat, unter Einsatz seiner Repressionsmittel in diesen Markt einzugreifen. Das nennt man Drogenpolitik. Lange Zeit war staatliche Drogenpolitik nichts als eine Variante der traditionellen Gesundheits- und Sozialpolitik. Erst Ende der 70er Jahre begann sich die Fixierung des Staats auf den Konsumenten als Endverbraucher zu lösen. Bis dahin setzte der Staat seine Repressionsmittel fast ausschließlich gegen die Konsumenten ein.

Dann wandte sich das öffentliche Interesse auch der Angebotsseite zu. Dabei gerieten die Produzenten der agrarischen Ausgangsprodukte ins Visier der internationalen Drogenfahnder. Es wurde zum Krieg gegen die Bauern aufgerufen – in Thailand, Bolivien, Mexico, der Türkei. Militär kam zum Einsatz, der Fahndungsapparat wurde enorm aufgebläht und das Arsenal der staatlichen Repressionsmittel weltweit aufgerüstet. Ein weiterer, wie wir wissen, vergeblicher Versuch, das Problem in den Griff zu kriegen. »Mit polizeilichen Mitteln ist der Kampf gegen Drogen nicht w gewinnen«, erklärte gerade eben erst der Vorsitzende des Innenausschusses des »Deutschen Bundestages« zum Abschluß eines Drogenhearings, das eben vor dem Innenausschuß und nicht da, wo es hingehörte: vor dem Wirtschaftsausschuß stattfand. Auch das ist Drogenpolitik.

Mafia ist nichts als eine Organisationsform des Kapitals. Es gibt kein Ober- oder Untergrundkapital. Es gibt nur ein Kapital, das sich bei seiner Vermehrung zu verschiedenen Zeiten unterschiedlicher Methoden bedient, ständig zwischen Legalität und Illegalität schwankend. Illegalität ist nur ein anderer Ausdruck für erhöhtes Risiko. Der Drogenmarkt ist ein Betätigungsfeld für Risikokapital. Die Organisationsformen von Mafia, Cosa Nostra und Camorra unterscheiden sich von denen einer Aktiengesellschaft, einer GmbH oder einer Kommanditgesellschaft nur durch das Einzugsverfahren. Die einen schicken ein Rollkommando, die anderen einen Zahlungsbefehl.

Wahrscheinlich ist es für die Jüngeren schwer nachvollziehbar, welcher Grad an Aufklärung und welches Maß an Erkenntnis im Vergleich zu den 60er und 70er Jahren erreicht ist, wenn nun offen über die Rolle der Banken bei der Legalisierung des Drogenkapitals gesprochen wird. Gespräche mit Bankenexperten sind immer interessant, und sei es nur, um die tausendundeinste Variante der Geldwäsche zu erfahren. Unterhaltsamer sind da nur noch Drogenfahnder mit ihren Geschichten über Verstecke in Bunkern und Containern, über in Soldatenleichen eingenähtes Heroin oder in argentinisches Frischfleisch eingefrorenes Kokain. Nicht überall im Geschäftsleben geht es so phantasievoll zu. Doch mit all dieser Kenntnis sind weder die Warenströme unter Kontrolle zu bekommen noch die Dollar- und Kapitalbewegungen. Banken sind nicht unter Kontrolle zu bringen, sind sie es, dann sind sie keine Banken mehr.

Selbstverständlich wird es immer wieder ganovenhafte Geldtransporte im doppelten Boden eines Schalenkoffers geben. Auf solche Transportmethoden sind vor allem Berufsanfänger ohne angesehene Geschäftsadresse angewiesen. Doch der Kapitalhauptstrom fließt über legale Konten eingetragener Handelsfirmen und angesehener Kanzleien, von Computern ab- und umgebucht und über die Auslandsfilialen der Banken eingegeben. Es wäre aussichtslos, in der Absicht einer Schuldzuweisung klären zu wollen, ob nun der Angebots- oder der Nachfragedruck verantwortlich ist für den exzessiven Drogenkonsum. Das Marktgeschehen kennt keine Moral, also auch keine Schuld.

Nun will ich mich hier nicht auf die »Psychologie der Drogensucht« einlassen, auch wenn ich mich in den 70er Jahren als Therapeut damit beschäftigt habe. Es gibt viele Erklärungsversuche, einige glauben gar, den Typus des »süchtigen Charakters« entdeckt zu haben. Wenn es darum geht, im Einzelfall therapeutisch einzugreifen, mögen solche Erklärungsversuche hilfreich sein. Wichtiger wäre, den kollektiven psychischen Zustand zu verstehen, der immer mehr Menschen dazu bringt, nach Betäubungs- oder Rauschzuständen zu suchen mit dem Risiko, in Suchtabhängigkeit zu enden. Keiner tut das freiwillig, alle glauben – mit Ausnahme vielleicht von Junkies – sie haben ihren Konsum unter Kontrolle. Doch sind die Übergänge von Kontrolle zu Kontrollverlust fließend, und keiner weiß, wann bzw. wo die Suchtschraube überdreht wird.

Die Entwicklung zum massenhaften Drogenkonsum weltweit ist unumkehrbar. In den USA ist das Problembewußtsein und damit die Einsicht in diese Tatsache am höchsten entwickelt. Man darf, ohne irgendjemandem zu nahe zu treten, unterstellen, daß dieser Erkenntnisprozeß wenig beeinflußt wurde vom elenden Leben der Suchtabhängigen, deren Schicksal interessiert kaum jemanden in den USA. Das »Drogenproblem« wird mittlerweile in den USA als ein Problem der »National Security« betrachtet.

In einem Zeitraum von drei Jahren, zwischen 1983 und 1985, sahen sich die Streitkräfte gezwungen, über 60.000 Armeeangehörige wegen Drogengebrauchs zu entlassen: Kokser, Kiffer und selbst Fixer. Die Armee als bewaffneter Arm der Drogenscene. Zwölf Prozent aller weltweit stationierten US-Soldaten gelten als »schwere« und knapp dreißig Prozent als »mäßige« Trinker.

Landesweit ist im Zeitraum von fünf Jahren die Zahl der Alkoholiker um vier Prozent auf zwölf Millionen gestiegen. In den Atomkraftwerken schaukeln sich Restrisiko und Restalkohol gegenseitig hoch. Drogenprobleme gibt es in allen – ich wiederhole: in allen – kerntechnischen Anlagen der USA, wie eine Anfang 1987 veröffentlichte Sicherheitsstudie belegt. Der US-Sport entwickelt sich immer mehr zur Drogenscene, die Olympischen Spiele von Seoul fütterten die Massenmedien rund um den Globus mit der gigantischsten Drogenkampagne, die jemals ausgestrahlt wurde.

Das sowieso marode US-amerikanische Verkehrssystem ist zusätzlich gefährdet, weil immer häufiger aufgespeedete LKW- und Busfahrer ihre Fahrzeuge in den Abgrund steuern. Längst werden Drogentests zwangsweise bei Lokführern und Flugzeugpiloten durchgeführt. Sicherlich wären die Autopsieberichte von abgestürzten Tieffliegern unter diesem Gesichtspunkt aufschlußreich.

Alles deutet darauf hin, daß die Anpassungsfähigkeit der menschlichen Subjekte an den von Menschen geschaffenen technischen und gesellschaftlichen Überbau sich erschöpft hat. Weil die menscheneigene Körperchemie als Anpassungs- und Steuerungsmechanismus versagt, ist die Arbeit nur noch zu bewältigen und das Leben nur noch zu ertragen durch chemische Fremdsteuerung.

Das sind die unausweichlichen Folgen der kapitalistischen Umgestaltung, das ist die Antwort der Subjekte auf Flexibilisierung, Modernisierung, Deregulierung, Mobilisierung, die Abschaffung des Wochenendes, die Auflösung von kollektiven Strukturen nicht nur im Arbeitsprozeß, sondern auch im Familienleben, im Vereinsleben, in der Freizeit. Und alles nur, um die Menschen an den Rhythmus der Produktion und die Laufzeit der Maschinen anzupassen
Es wird viel über den »Charakter der Epoche« gerätselt. Man spricht von einer zweiten industriellen Revolution. Erstaunlich ist, daß die hemmungslose Produktivkraftentfaltung und der massenhafte Drogenkonsum so behandelt und angesehen werden, als habe das eine mit dem anderen nichts zu tun. Der »Charakter der Epoche« ist nach wie vor geprägt vom Charakter der herrschenden Produktionsweise mit seiner kaum noch kontrollierbaren Freisetzung von Produktivkräften. Wo eine Güterproduktion zur Bedarfsdeckung genügte, um das Elend und den Hunger zu beseitigen, wird der Konsum um des Konsums Willen propagiert. Die Struktur einer Konsumgesellschaft, deren einziger Sinn in der Herstellung von Gütern ohne Rücksicht auf deren gesellschaftlichen Nutzen besteht, ist identisch mit der Struktur einer Sucht. Konsumismus ist ein Kreislauf von nicht stillbaren Bedürfnissen, die nach einer ständigen Dosissteigerung verlangen. Ständige Dosissteigerung ohne je befriedigt zu sein: Das ist Sucht.
Überproduktion und Unterversorgung, Übersättigung und psychische Verelendung, es gibt viele Gründe, in den Rausch oder in die Betäubung zu flüchten. Nicht nur die von den neuen Technologien abverlangte Roboterdisziplin und Leistungsbereitschaft hat den Bedarf nach chemischer Anpassung an die Maschine gesteigert. Die diesen Technologien innewohnende Zerstörungskraft hat den kollektiven Angstpegel weltweit so dramatisch erhöht, daß der Bedarf an Stillhalte- und Wegtauchdrogen nicht verwundern kann. Deshalb ist jede militärische Abrüstungsinitiative, jede Stillegung eines AKWs, jeder ökologisch sinnvolle Umbau einer Produktionsstätte wirksamer als es jede Antidrogenkampagne jemals sein kann.
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Re: Konkret - Streifzug durch drogenpolitische Geschichte

Beitrag von Gerd50 »

Zischen 89 und 96 gab es keine Veröffentlichungen von Amendt in der Konkret. Nichts über
(Homo) Sexualität, nichts über Drogenpolitik und von Dylan gab es auch nichts Neues.

'Die Wende' war dazwischen gekommen und Deutschland befand sich im Wendewahn.
Ich glaube Franz Xaver Krötz formulierte es in etwa so:

"So wie die Politik das anpackt ist es dermaßen deprimierend, das ich nicht mal mehr Lust
auf bummsen habe."



Konkret 07/96, S. 54

Günter Amendt

Standortfaktor Drogenszene
Eine Stadt, die keine Stadt mehr sein will: Zürich, ein Jahr nach Schließung der offenen Drogenszene am Bahnhof Letten
In diesem Artikel beschreibt Amendt die Veränderungen der Drogenszene nach Öffnung des
Eisernen Vorhangs am Beispiel Zürich.
Was sich seit geraumer Zeit in Zürich und an vielen anderen europäischen Lokalmärkten abspielt, ist ein erbitterter und zunehmend gewalttätig geführter Kampf um Marktanteile. An Stoff fehlt es nicht. In den traditionellen Anbaugebieten werden ständig neue Anbauflächen erschlossen und die Kapazitäten zur Herstellung der Endprodukte ausgeweitet, während gleichzeitig neue Anbieter aus Osteuropa und den Staaten der GUS auf den Markt drängen
Die Züricher Stadtverwaltung bemühte sich mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln der Repression,
die Stadt frei von Drogentreffpunkten zu halten. Erfolglos. Die Kommunikationsmittel waren moderner
geworden, wurden natürlich in vollem Umfang von osteuropäischen Drogengangs genutzt, die Stadt
musste eingestehen, machtlos dagegen zu sein. War ein Treffpunkt eliminiert, gab es am nächsten
Tag einen neuen in einem anderen Stadtteil. Und täglich grüßt das Murmeltier.

Es stellte sich heraus, das nur etwa 20% der Schweizer Heroinkonsumenten diese Treffpunkte
nutzten, ihre Kundschaft hatten die Ostgangs mitgebracht. Untergebracht war die in anderen Kantonen,
doch der Markt befand sich in Zürich. Um dieses Problem zu beheben, machte die Stadt gezielt Jagd auf
ausländische Junkies mit dem Ziel Rückschaffung. Diese Maßnahme bewirkte lediglich eines:
Die Todesraten stiegen.
Demnach kann jeder auswärtige Fixer und jede auswärtige Fixerin von der Polizei aufgegriffen und in Rückschaffungshaft genommen werden. Innerhalb einer bestimmten Frist ist die aufgegriffene Person vom Rückschaffungszentrum in die Heimatgemeinde beziehungsweise den Heimatkanton zu verbringen.

Das Rückschaffungskonzept, das anmutet wie eine infantile Trotzreaktion, beruht auf der Vorstellung, man könne das ganze Problem auf einen Dorfkonflikt schrumpfen lassen und in nachbarschaftlicher Absprache lösen: Wir kümmern uns um unsere Junkies, kümmert ihr euch um die euren. Ausgeblendet werden dabei nicht nur die Motive, die, aus welchen Gründen auch immer, einen Menschen veranlassen, in die Anonymität einer großen Stadt einzutauchen. Ausgeblendet werden hier auch Grundrechte von Schweizer Bürgerinnen und Bürger, denen die freie Wahl des Wohn- und Aufenthaltsortes und das Recht auf Niederlassung garantiert ist. Nur der Kanton Genf hat bisher unter Verweis auf die Verletzung von Grundrechten das Rückschaffungskonzept des Zürcher Stadtrates kritisiert, welches nach Auffassung vieler Juristen einer Überprüfung durch das Oberste Gericht nicht standhalten würde.


Zunehmend gerieten Banken in den Fokus der Öffentlichkeit, der nicht verborgen blieb, das die
ihre Finger bei Drogengeldwäschgeschäften im Spiel hatten/haben.
Als ein halbes Jahr nach Schließung der Lettenszene führende Vertreter der Schweizer Wirtschaft mit einer Art Drogenmanifest an die Öffentlichkeit gingen, wurde dieser Schritt in den Medien einhellig als »drogenpolitisches Signal« interpretiert. In einer Deutlichkeit wie nie zuvor wurde in diesem Managermanifest zur Drogenfrage der direkte und indirekte Schaden der Prohibitions- und Repressionspolitik beschrieben. Ein Umsatz von mehreren Milliarden Franken für Heroin und andere illegalisierte Drogen, steuerfrei – das bleibt volkswirtschaftlich nicht folgenlos. Schweizer Finanzexperten befürchten eine weitere Chaotisierung der internationalen Finanzmärkte, und sie warnen vor den volkswirtschaftlichen Risiken, die von dieser Schattenfinanz ausgehen. Auch der Imageverlust der Schweiz beunruhigt die Machtelite. Die Existenz von needle parks und die permanente Berichterstattung internationaler Medien über Geldwäsche und Drogendollartransfers schaden nicht nur dem Bankenplatz, sondern auch dem um Sauberkeit bemühten Touristenstandort.

Mit ihrer Intervention signalisieren die Schweizer Manager, daß früher oder später auch die Drogenpolitik einer Kosten-Nutzen-Analyse unterzogen werden muß. Nur über den Faktor »Kosten« wird sich der hochideologisierte Drogenkrieg, der in den Konsumentenländern vor allem als Krieg gegen Junkies ausgetragen wird, beenden lassen. Das wird dann geschehen, wenn sich herausstellt, daß die repressive Durchsetzung des Betäubungsmittelgesetzes nicht länger finanzierbar ist.
Dieser letzte Punkt scheint leider immer noch nicht erreicht zu sein.

-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Der vollständige Artikel ist in einer Neuauflage von Amendts Buch

Die Droge, der Staat, der Tod. Auf dem Weg in die Drogengesellschaft (Rowohlt) 1996

als Nachwort erschienen.
Zuletzt geändert von Gerd50 am Do 28. Mär 2013, 23:25, insgesamt 1-mal geändert.
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Hanf als Einstiegsdroge entzaubert

Beitrag von Gerd50 »

Konkret 00/08

Günter Amendt

No drugs. No future
Lifestyle bis zum Speedlimit: über psychoaktive Substanzen im postindustriellen Zeitalter
Im Rückblick zeigt sich, daß die oft bekämpften und viel gescholtenen Subkulturen von Jugendlichen bei der Herausbildung neuer Verhaltens- und Konsummuster die Rolle einer Avantgarde übernommen haben. Das ist die historische Funktion von Jugendkulturen. Die weltweite Protestbewegung und die eng mit ihr verwobene Drogensubkultur der 60er und 70er Jahre versetzte zwar, wenn auch nur vorübergehend, der Pharma-Euphorie einen Dämpfer. Denn der Protest gegen die Elterngeneration war auch eine Kritik an deren von Drogen verursachten Deformationen – Alkohol als Verursacher an erster Stelle, aber auch »mother’s little helpers« aus der Pharmaküche zur Beruhigung der Nerven und zum Abbau von Streß. Doch ganz Kinder ihrer Eltern, propagierten die Jugendlichen der Protestgeneration nicht etwa den Verzicht auf psychoaktive Stimulanzien, sie verlangten vielmehr nach einer Alternative zu den von der Elterngeneration bevorzugten Drogen. Das war die Stunde von Haschisch und Marihuana. Es war aber auch die Stunde von LSD und wurde schon bald zur Stunde von Heroin und Kokain. Synthetische Drogen, egal, ob aus legalen oder illegalen Labors, waren immer dabei. Der demonstrative und provokative Konsum von illegalisierten Drogen wurde zu einem untrennbaren Bestandteil der Protestkultur jener Jahre. Ein neues Selbstverständnis im Umgang mit psychoaktiven Stoffen begann sich zu artikulieren und den kontrollierten Konsum von Drogen aus anderen als medizinischen Gründen zu popularisieren.
Als dann Heroin und Kokain die Jugendszene eroberten und viele Konsumenten und Konsumentinnen die Kontrolle über ihren Drogenkonsum verloren, war die Pharmaindustrie mit einem Angebot zur Problemlösung umgehend zur Stelle. Ihr Angebot damals: Methadon, eine Droge mit ihrerseits hohem Suchtpotential und erheblichen Nebenwirkungen – aber eben eine legale Droge aus einem legalen Labor. Auch jetzt, da die Heilkraft von Cannabis wieder entdeckt und in vielen Staaten der Welt die medikalisierte Abgabe der Droge zugelassen wird, hat sich die Pharmaindustrie sofort eingeklinkt. Ihr Angebot heute: Marinol, eine synthetische Variante des grünen Krauts.
Der Technokultur der 80er Jahre verdanken die Produzenten von synthetischen Drogen einen weiteren, heftigen Innovationsschub. Plötzlich waren synthetische Drogen im Jugendfreizeitbereich angesagt und nachgefragt. Das als Relikt der 70er Jahre bei vielen Jugendlichen noch vorhandene chemiekritische Bewußtsein wurde weggeschwemmt von einer Welle neuer Drogen auf der Basis von Amphetaminen. Angetrieben von den schnellen Beats ihrer computergenerierten Tanzmusik besorgte die Technokultur wortlos und spielerisch die Anpassung einer neuen Generation von Jugendlichen an die Geschwindigkeit des digitalen Zeitalters. Pillen als Antriebsmittel und Lifestyle-Accessoire gehörten von Anfang an dazu. Die Hemmschwelle der Raver zu überwinden war nicht schwer, schließlich verfügt die Mehrheit aller jugendlichen Konsumenten von Ecstasy und anderen sogenannten Partydrogen über eine oft weit in die Kindheit zurückreichende Vorgeschichte mit legalen Pharmadrogen. Je größer die Vorerfahrung mit legalen Schmerzmitteln, Schlafmitteln, Aufputschmitteln, aber auch Vitaminen und anderen pillenförmigen Aufbaustoffen, desto größer die Bereitschaft, illegale Drogen zu probieren, wie eine Repräsentativbefragung von Jugendlichen in Luxemburg eindrücklich belegt. Und wieder, wie schon in den 60er Jahren, steigt die Pharmaindustrie auf den neuen Trend ein. Nach eigenem Bekunden erhoffen sich die Produktmanager der großen Pharmakonzerne eine profitable Zukunft vom Aufbau eines »Lifestyle Segments«, das die ganze Produktpalette von Vitaminpräparaten über Viagra bis zu Happy-pills und der ›Pille danach‹ umfassen soll.
Nochmal zum auf der Zunge zergehen lassen:
Je größer die Vorerfahrung mit legalen Schmerzmitteln, Schlafmitteln, Aufputschmitteln, aber auch Vitaminen und anderen pillenförmigen Aufbaustoffen, desto größer die Bereitschaft, illegale Drogen zu probieren, wie eine Repräsentativbefragung von Jugendlichen in Luxemburg eindrücklich belegt.


Der vollständige Artikel, in dem Amendt den massenhaften Konsum von Drogen seit den 60er Jahren
von legal über illegal bis scheißegal beschreibt, erschien in dem Buch:

Sexualität und Gesellschaft. Festschrift für Volkmar Sigusch. Hg. v. Martin Dannecker und
Reimut Reiche, Frankfurt 2000, Campus Verlag

Wie sich eine drogengesteuerte Gesellschaft wie die unsere auf sexuelles Verhalten (Happy-pills zur
rosaroten Ausgestaltung des sogenannten Freizeitlebens - welches im postindustriellen Zeitalter
nur noch Illusion ist) und auf Sexualforschung auswirken, wird man nur erfassen können, wenn man
den vollständigen Artikel oder besser das Buch liest.
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Re: Konkret - Streifzug durch drogenpolitische Geschichte

Beitrag von Gerd50 »

Konkret 12/03

Günter Amendt - Interview

Regierung und Bundestag haben die Bundeswehr nach Kundus geschickt, ins Zentrum des afghanischen
Drogenanbaus. KONKRET fragte Günter Amendt, Autor des Buches No Drugs, No Future. Drogen im
Zeitalter der Globalisierung, was der Einsatz der deutschen Soldaten bedeutet.
konkret: In Ihrem Buch schreiben Sie: »Das ›Netzwerk des Terrors‹ finanziert sich aus dem
Opiumhandel.«

Amendt: Ich zitiere den amerikanischen Präsidenten, der unmittelbar nach den Anschlägen am
11.September 2001 mit dieser Erkenntnis an die Öffentlichkeit ging.

konkret: Eines der bedeutendsten Anbaugebiete von Opium ist Afghanistan, speziell die Gegend um
Kundus. Dort wird nun die Bundeswehr eingesetzt. Im Kampf gegen den Terror, wie es heißt. Werden
also deutsche Soldaten die Mohnfelder plattmachen?

Amendt: Mit der Stationierung von Truppen im Norden Afghanistans ist Deutschland
Kriegspartei im War on Drugs.
Das ist in der Bundestagsdebatte um die Ausweitung
des Isaf-Mandats nur der FDP aufgefallen. Der Abgeordnete Werner Hoyer sprach von einer
»Mission Impossible«, weil die Bundeswehr Gefahr laufe, »entweder Erfüllungsgehilfe der
Warlords oder ihre Geisel« zu werden.

konkret: Und was von beidem wird sie werden?

Amendt: Vorläufig wird die Bundeswehr in Kundus das tun, was vor ihr die US-Army schon getan
hat: nichts. Doch anders als der FDP-Politiker glauben machen will, hat »das bislang in Kundus
tätige amerikanische Team« dem Drogenanbau alles andere als »rat- und tatenlos« zugeschaut.
Tatenlos schon. Nichtstun und Wegschauen sind nämlich Bestandteil der US-amerikanischen
Drogenkriegsstrategie immer dann, wenn es die US-Regierung für ratsam hält, sich auf Bündnisse
mit Warlords und Drogenhändlern einzulassen. Von dieser Strategie haben schon die Taliban
profitiert, als sie noch Bündnispartner der USA im Kampf gegen die sowjetische Armee waren.


konkret: Die Bundeswehr steht, wenn sie mitten im Drogenanbaugebiet nichts tut und weg schaut,
den Drogenbaronen Schmiere.

Amendt: Wie der Verzicht auf militärische Maßnahmen gegen die Drogenbarone bei
gleichzeitig rigider strafrechtlicher Verfolgung von Drogenhändlern an der Heimatfront
rechtspolitisch legitimiert werden soll, ist eine Frage, die Sie den Rechtsexperten, die der
Regierung zuarbeiten, stellen sollten.
Aber davon einmal abgesehen: UN-Beobachter
bezeichnen die massive Ausdehnung des Mohnanbaus und die gesteigerten Aktivitäten
der Drogenhändler als alarmierend. Mit dem Erstarken der Taliban in den Regionen entlang
der Grenze zu Pakistan ist ein weiterer Anbieter zurück im Geschäft. Opium macht nach
Schätzungen des IWF 40 bis 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts von Afghanistan aus.
Der »Guardian« spricht bereits von einem greifbaren Risiko, »daß Afghanistan als Staat wieder
scheitert und dieses Mal in die Hände von Drogenkartellen und Rauschgiftterroristen fällt«.

konkret: Was bedeutet die Ausweitung des afghanischen Opiumanbaus für die hiesige
Drogenszene?

Amendt: Die Auswirkungen der afghanischen Produktoffensive sind auf den europäischen Märkten
deutlich zu spüren. Die Qualität von Straßenheroin ist drastisch gestiegen. Während ein Heroinanteil
von zwölf bis höchstens 20 Prozent über viele Jahre hinweg Standard war, haben jüngst in Hamburg
durchgeführte Laboranalysen einen durchschnittlichen Heroinanteil von 40 Prozent, bei Spitzenwerten
bis zu 80 Prozent ermittelt. Der Angebotsdruck ist enorm, denn es ist enorm viel Stoff unterwegs.

konkret: Könnte die Erfahrung, daß die Bundeswehr nolens volens Anbau, Ernte und Export von
afghanischem Rauschgift sichert, der Bundesregierung einen etwas rationaleren Umgang mit dem
Handel und dem Konsum nahelegen?

Amendt: Wer hofft, daß die neue Rolle Deutschlands als Kriegspartei im War on Drugs
eine politische Auseinandersetzung eröffnet, die Argumente gelten läßt und bereit ist, am
Prohibitionstabu zu rütteln, dürfte enttäuscht werden
. Bei der im Ansatz vernünftigen
Analyse des Abgeordneten Hoyer verzeichnet das Bundestagsprotokoll Zwischenrufe der
Abgeordneten Krista Sager und Claudia Roth (beide Bündnis 90/Die Grünen), die an Einfalt
und Ignoranz nicht zu überbieten sind.

konkret: Auch wenn Sie wissen, daß es nicht geschehen wird: Was hätte zu geschehen?

Amendt: Das global agierende Drogenkapital läßt sich nur durch Aufhebung der Prohibition
und das Ausbleiben prohibitionsbedingter Extraprofite enteignen
. In meinem Buch stelle ich
ein Modell vor, das die Rahmenbedingungen nennt, die erforderlich sind, um die Risiken einer
Legalisierung zu minimieren.
Seit diesem Interview sind zehn Jahre vergangen. Gefühlt würde ich sagen, die Welt wartet
auf eine Stellungnahme und Taten von US Generalbundesanwalt Eric Holder zu den Ereignissen
in Colorado und Washington State, um zu entscheiden, ob Breaking the Taboo in absehbarer
Zeit global diskutiert wird. Bisher schweigt Holder, wird von allen Seiten mit Ratschlägen bombardiert:

http://cannabisnews.com/news/27/thread27368.shtml

Lateinamerika zeigt sich verhalten progressiv, rüttelt nur zaghaft am Prohibitionstabu. Die
Bereitschaft, die Tür einzutreten, scheint vorhanden zu sein. Deutschland mauert, denn
schließlich wird mit Waffengeschäften in Krisengebieten gut verdient.

Wo Blut auf den Straßen klebt, herrschen Drogen. Das auch dort wo Waffen für Krisen
geschmiedet werden Drogen herrschen, will die deutsche Politik nicht wahrhaben. Respektive
vera****t Bürgerinnen und Bürger mit der Utopie einer anzustrebenden drogenfreien Gesellschaft,
die zur Not mittels Gesetzen, die die Freiheit einzelner beschneiden und per Polizeigewalt
durchgesetzt werden sollen.

Prävention wird im Big Deal zur Farce und lässt sich nur einer propagandaverblödeten Gesellschaft
verkaufen.
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Re: Konkret - Streifzug durch drogenpolitische Geschichte

Beitrag von Gerd50 »

Ich stelle beim weiteren durchforsten des Konkret Archivs fest, der Streifzug ist abgeschlossen.

Es gibt noch zwei Artikel von 2006 anlässlich des hundertsten Geburtstags von Albert Hoffman,
dem LSD Entdecker. In den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts war LSD in den USA
ähnlich beliebt wie Hanf. Reines LSD-25 wurde quasi als Menschenversuch von der Firma
Sandoz großzügig an interessiertes qualifiziertes Universitätspersonal abgegeben, welches zu
einem Teil des Forschungsprojekts wurde.

Der US amerikanischer Autor Timothy Leary, der dem Konsum von LSD einen politisch ideologischen
Überbau gab, der eine Erweiterung des Bewußtseins mit Hilfe von LSD versprach und der eine »Politik
der Ekstase« propagierte, verhalf LSD zu einer Mystifizierung, die bis heute anhält.

Es ist unwahrscheinlich, das 'Straßen-LSD' in den USA und einige Jahre später in Europa tatsächlich
reines LSD war. Es gelang nur wenigen 'Garagenlaboratorien' halbwegs sauberes LSD herzustellen.
Die meiste auf dem Schwarzmarkt verfügbare Ware verdiente die Bezeichnung LSD nicht.
Um an Ware von Sandoz zu gelangen, brauchte man spezielle Verbindungen zu universitären
Kreisen. Es deutet einiges darauf hin, das der Gebrauch und die Mystifizierung von LSD durch
diese Kreise dazu führte, das ab Anfang der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts neue 'religiöse'
Sekten wie Pilze aus dem Boden schossen

1966 wurde LSD in den USA, 1971 in Deutschland verboten. Heute spielt LSD kaum noch eine
Rolle im internationalen Drogengeschäft, da die Herstellung im Gegensatz zu Heroin, Kokain,
Crystal sehr komplex ist. Bedauerlich ist das LSD Verbot, da Forschungen für therapeutische
Zwecke so gut wie unmöglich gemacht wurden.


Vielen Dank an alle Leser für euer Interesse :)
Zuletzt geändert von Gerd50 am Fr 29. Mär 2013, 00:14, insgesamt 4-mal geändert.
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Vorarim
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Registriert: Mo 13. Feb 2012, 13:09

Re: Konkret - Streifzug durch drogenpolitische Geschichte

Beitrag von Vorarim »

Vielen dank für deine Mühe und Hartnäckigkeit, auch wenn der Leserkreis hier noch etwas klein sein mag. :)
Hanfige Gruesse

Vorarim

Bot-Schrecken und Forenputze ;)

P.S. Habe ich einen Fehler gemacht? Dann schreibt mir einfache eine PN :)
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His Master's Voice
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Re: Konkret - Streifzug durch drogenpolitische Geschichte

Beitrag von His Master's Voice »

Auch von mir ein besonderer Dank an Gerd für die bisher zusammengetragenen Fundstücke.

Ein Bekannter hat mir neulich einen Original-Zeitungsartikel aus der ZEIT vom 10.02.1992 (!) (den er ob seiner umfassenden Darstellung der Problematik in Papierform bis heute aufgehoben hat) in die Hand gedrückt, den ich den interessierten Lesern hier aus den selben Gründen ebenfalls vorlegen möchte.

Es geht um den sicher vielen bekannten Vorlagebeschluss des Lübecker Richters Neskovic aus dem Jahre 1992, der unter anderem schließlich zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Thema "Verfassungsmäßigkeit des Cannabisverbots" aus dem Jahre 1994 führte.

Der Artikel ist im ZEIT-Archiv zu finden und über 10 Seiten lang. Überrascht hat mich, mit welcher Klarheit schon damals vor immerhin über 20 Jahren (!) die wesentlichen Erkenntnisse bzgl. Cannabis, Cannabis-Prohibition und Folgen der Prohibition in einer so rennomierten Zeitung wie der ZEIT formuliert wurden. Der Kürze halber und auch wegen der Copyrights hier (nur) ein paar Auszüge. Der gesamte Artikel enthält noch jede Menge mehr Aussagen, die komplett auch heute noch gültig sind und vom DHV selbst geschrieben sein könnten. Sie machen deutlich, wie man uns seit Jahrzehnten mit einer perfiden Blockadepolitik verschaukelt.
EINE LÜBECKER STRAFKAMMER HAT DAS BUNDESVERFASSUNGSGERICHT ANGERUFEN. IHR VERLANGEN:Haschisch legalisieren!
Der Beschluß von Richter Neskovic – Warum das Cannabis verbot grundgesetzwidrig ist
Ein ZEIT-Dokument


Das „Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln“ (BtmG) trat 1971 in Kraft. In der amtlichen Begründung heißt es: „... dient das Gesetz dem Ziel, der Rauschgiftwelle in der Bundesrepublik Deutschland Einhalt zu gebieten und damit große Gefahren von dem Einzelnen und der Allgemeinheit abzuwenden. Es geht darum, den einzelnen Menschen, insbesondere den jungen Menschen, vor schweren und nicht selten irreparablen Schäden an der Gesundheit und damit von der Zerstörung seiner Persönlichkeit, seiner Freiheit und seiner Existenz zu bewahren ...
Bei den nachfolgenden Novellierungen des Betäubungsmittelgesetzes hat der Gesetzgeber diese Zielvorstellung im Kern nicht modifiziert. Er hat allerdings mit dem 28. Juli 1981 eine Akzentverschiebung vorgenommen. Danach ist neben der Strafverschärfung für schwere Rauschgiftkriminalität die sozialtherapeutische Rehabilitation für abhängige Straftäter stärker in den Vordergrund gerückt. In Paragraph 1 hat der Gesetzgeber den Anwendungsbereich begrenzt. Betäubungsmittel im Sinne des Gesetzes sind nur die in den Anlagen I bis III abschließend genannten Stoffe und Zubereitungen. Sie können durch Rechtsverordnung geändert und ergänzt werden.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist die Kammer der Überzeugung, daß das Aufführen von Cannabisprodukten in dieser Liste und das Nichtaufführen von Alkohol und Nikotin gegen Artikel 3 des Grundgesetzes verstößt.
Der Hamburger Drogenbeauftragte Horst Bossong hat 1991 erklärt: „Wir sind in den 20 Jahren, in denen das Drogenproblem so massiv wurde, mit dem Betäubungsmittelgesetz nicht ein Stückchen weitergekommen. Wir haben keinen vergleichbaren Bereich, wo wir trotz Gesetz so wenig Kontrolle über Handel und Konsum haben ... Ich glaube, wir werden uns langfristig darauf einstellen müssen, daß Menschen Drogen nehmen. Wenn wir akzeptieren, die Drogensucht als ein Moment der Wirklichkeit wahrzunehmen, können wir vielleicht den Blick dafür öffnen, daß es auch Wege gibt, mit diesen Menschen human umzugehen. Konkret heißt das nicht nur die kontrollierte Abgabe von Heroin. Das ist nur der erste Schritt.“
Das Versagen der repressiven Drogenpolitik ist offensichtlich. Wenn die Politik hiervor die Augen verschließt, so können das die Gerichte, angesichts ihrer Verpflichtung, die Verfassung zu achten und anzuwenden, nicht.
Sowohl in den Niederlanden als auch in Italien und in manchen Staaten der USA hat die faktische Entkriminalisierung des Besitzes von Cannabis nicht zu einer Ausweitung des Konsums geführt. Der niederländische Strafrechtsprofessor Rüter hat 1991 dargelegt, daß sich die Zahlen deutlich zurückgebildet hätten. Im Jahre 1976 hätten zehn Prozent der 18jährigen Niederländer Cannabis konsumiert, 1990 lediglich zwei Prozent.
Der Sachverständige Barchewitz hat erklärt, es sei eine Erfahrungstatsache, daß der Reiz des Verbotenen – insbesondere wenn mit der Einnahme des verbotenen Mittels nur eine relative Gefährlichkeit einhergeht – psychologisch eher einen Anreiz erzeuge. Insbesondere in den Zeiten der Hippiebewegung in den USA habe Marihuana eine gesellschaftssymbolische Rolle eingenommen und als Protestsymbol gewirkt.
Nach Auffassung der Kammer ist die Bestrafung nicht erforderlich, um Konsum und Verkehr von Betäubungsmitteln zu regulieren. Im Hinblick auf Cannabisprodukte ist eine Bestrafung nicht erforderlich, um die Restgefährlichkeit für den einzelnen ausreichend zu verdeutlichen. Hier reicht Aufklärung aus. Daneben könnte der Gesetzgeber – als milderes Mittel im Verhältnis zur Strafandrohung – die Abgabe über eine ärztliche Verordnung regeln. Damit wäre die Möglichkeit gegeben, den Cannabiskonsumenten zu beraten. Durch eine apothekenpflichtige Abgabe wäre der Konsument zudem gegen eine Versetzung des Stoffes geschützt. Darüber hinaus könnte in einem Beipackzettel auf Risiken und Unverträglichkeiten hingewiesen werden.
In jedem Fall ist die Bestrafung derjenigen, die Cannabisprodukte lediglich zum Eigenverbrauch erwerben oder besitzen oder die Cannabisprodukte in einer Menge abgeben, die lediglich dem Eigenverbrauch dient, unverhältnismäßig. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist verletzt, wenn die Schäden größer sind als der Nutzen.
Auszug aus dem Bericht der Enquete-Kommission „Bekämpfung der Drogensucht“, Hamburg:
• „Konsumenten illegaler Drogen haben in der Regel kein Schuldbewußtsein und empfinden sich nicht als strafwürdige, Dritte schädigende Täter.
Die Strafbedrohung und -verfolgung wird daher oft als ungerechte Reglementierung abgelehnt und ignoriert.“
•„Die gesetzlichen Konsumverbote einer Gesellschaft, die sonst die Freiheit des Konsumenten beschwört und den auch exzessiven und im Falle von Nikotin auch Dritte (Passivraucher) schädigenden Konsum legaler Drogen billigt und zu ihm animiert, wird als doppelmoralischer, ungerechtfertigter Eingriff in die persönliche Autonomie erlebt und mißbilligt.“
• „Die Kriminalisierung des Drogenkonsumenten beschert nicht wenigen von ihnen schon im Probierstadium frühzeitige Stigmatisierungen. Sie verhindert über die Angst vor Entdeckung und Bestrafung die Artikulation von Hilfsbedürfnissen und die Wahrnehmung von Hilfen.
• „Unter justiziellem Druck aufgenommene Entzugs- und Entwöhnungshilfen werden oft als fremdbestimmte Eingriffe abgewehrt. Die soziale und berufliche Wiedereingliederung wird durch die Kriminalisierung der Rückfälle beeinträchtigt.
• „Das durch das Strafverfolgungsrisiko hochgehaltene Preisniveau hat insbesondere die Heroinabhängigen in Beschaffungskriminalität, -prostitution und Beschaffungsanstrengungen getrieben, bei denen häufig kein Raum mehr für nicht durch Drogen bestimmte Aktivitäten und soziale Beziehungen bleibt.“
•„Vor dem Hintergrund der general- und spezialpräventiven Ineffektivität bis Kontraproduktivität ist die Repression gegenüber den Drogenkonsumenten aus ethisch-humanitärer Sicht nicht mehr zu verantworten. Dafür sprechen auch die hohe gesellschaftliche Belastung durch das beschaffungskriminelle Verhalten vieler Drogenabhängiger und die hohen gesellschaftlichen Kosten, die die Kriminalisierung der Konsumenten und die Folgen der Kriminalisierung mit sich bringen.“
Die Kammer hat den Sachverständigen die vorgenannten Zitate vorgehalten. Beide haben sich vorbehaltlos hinter diese Aussagen gestellt.
Die Kriminalisierung von Kranken ist kein Mittel der Gesundheitspolitik. Kranke werden nicht geheilt, wenn man sie bestraft oder in den Strafvollzug steckt.
Letztlich ist auch zu berücksichtigen, ob die Restgefährlichkeit der Cannabisprodukte den Aufwand rechtfertigt, den Polizei und Justiz leisten müssen, um Konsumenten zu verfolgen. Bundesweit wurden z.B. im Jahre 1989 94 000 Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz registriert. Hiervon entfielen 33 251 Verstöße auf den Cannabiskonsum. Nach der Hamburger Justizbehördesind die Ressourcen der Staatsanwaltschaft durch Bagatellverfahren gegen Drogenkonsumenten in Höhe von 20 Prozent gebunden.
Nach Auffassung der Kammer verstößt es weiterhin gegen denVerhältnismäßigkeitsgrundsatz, wenn der Gesetzgeber „weiche“ und „harte“ Drogen auf eine Stufe stellt.
Berücksichtigt man die Aussagen der Sachverständigen, wonach der gelegentliche Konsum von Cannabisprodukten genauso ungefährlich ist wie der Schluck Wein, dann fragt sich, welche Legitimation der Gesetzgeber hat, eine solche Verhaltensweise mit dem Strafrecht zu bekämpfen. Es erscheint selbstverständlich, daß der Staat seinen Bürgern z.B. nicht vorschreiben darf, während der Winterzeit nur mit Mantel und Hut auf die Straße zu gehen. Ein solches Gebot erscheint abwegig, obwohl das Gemeinwesen gute Gründe anführen könnte: Vorkehrung gegen grassierende grippale Infekte, die die Gesundheit des einzelnen erheblich schwächen und die Kraft der Volkswirtschaft schmälern könnten.
Der oberste Gerichtshof des Bundesstaates von Indiana hat hierzu im Jahre 1855 über die Prohibition von Alkohol folgendes ausgeführt: „Wir sind der Meinung, daß dieser Grundsatz im vorliegenden Fall Anwendung finden muß, daß das Recht auf Freiheit und das Streben nach Glück, das von der Verfassung garantiert ist, für jeden einzelnen das Recht begründet, zu entscheiden, was er essen und trinken will, kurz gesagt, seine Getränke auszusuchen, sofern er sie herstellen oder in seiner Umgebung erhalten kann, und daß die Gesetzgebung ihm dieses Recht nicht nehmen darf. Und wenn die Menschen es nicht schaffen, ihre eigenen Getränke auszusuchen, dann sind sie genauso unfähig, irgend etwas anderes in ihrem Leben zu entscheiden, und sollten in den Zustand der Unmündigkeit gesetzt werden und gestellt unter die Vormundschaft staatlicher Beamter für die Luxuskontrolle.“
Diejenigen, die von einer größeren Gefährlichkeit des Cannabiskonsums ausgehen, könnten vielleicht argumentieren, daß diejenigen, die mit Gewinnabsicht durch Handeltreiben oder Einfuhr größerer Mengen für eine Vielzahl von anderen Personen Gefahren verursachen, zu bestrafen wären. Sie werden aber einen qualitativen Unterschied zwischen diesen beiden Verhaltensalternativen einräumen müssen.
Soweit der Gesetzgeber bei reinen Konsumtaten eine erleichterte Möglichkeit des Absehens von Strafe vorsieht bzw. erhöhte Strafrahmen für den Fall des Handeltreibens oder der Einfuhr von nicht geringen Mengen geschaffen hat, so reicht diese Differenzierung in verfassungsrechtlicher Hinsicht nicht aus. In jedem Fall müssen nach Auffassung der Kammer Verhaltensweisen, die lediglich darauf abzielen, einen einmaligen Konsum zu ermöglichen, ganz aus der Strafbarkeitsandrohung genommen werden.
In diesem Zusammenhang verweist die Kammer abschließend darauf, daß die Rechtsprechung und auch die verfassungsrechtliche Literatur ohne nähere Begründung – wie selbstverständlich – davon ausgehen, daß z.B. ein generelles Rauch- oder Alkoholverbot verfassungswidrig wäre.
Nach Auffassung der Kammer liegt ein Verstoß gegen Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 vor, weil der Bürger, der sich im Rahmen seines grundrechtlich geschützten „Rechts auf Rausch“ gemäß Artikel 2 Absatz 1 berauschen will, durch das strafrechtliche Verbot, Cannabisprodukte zum Eigenverbrauch zu erwerben oder zu erlangen, in die gesundheitsschädlichere Alternative, nämlich in den nicht strafbewehrten Alkoholkonsum gezwungen wird. Wer sich berauschen will, hat die Wahl zu treffen, ob er es legal, aber gefährdeter oder weniger schädlich, dafür aber illegal tut. Die Verfassungswidrigkeit unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der körperlichen Unversehrtheit tritt hierbei offen zutage.
Wie gesagt, das ist ein normaler Artikel aus der ZEIT. Das konnte damals jeder lesen. Und doch haben die Regierenden es geschafft, die Diskussion bis heute totzulügen.

Wenn ich mir anschaue, mit welcher Ignoranz bis heute diese zahlreichen Argumente von den politisch Verantwortlichen ausgeblendet werden, bleibt nur der Schluss, dass hier anhaltend gezielt grundrechtswidrig gehandelt wird. Sie lügen uns ins Gesicht und bauen auf unsere Poltical Correctness. Es ist einfach nur noch empörend!
Wir sind Millionen...
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bushdoctor
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Re: Konkret - Streifzug durch drogenpolitische Geschichte

Beitrag von bushdoctor »

Danke, Gerd, für Deine "Streifzüge"... Es ist wichtig, dass dokumentiert wird, dass es auch "früher" schon die Dinge ganz klar auf dem Tisch lagen und immer und immer wieder von den Herrschenden (absichtlich) ignoriert werden!

Deshalb auch ein Danke an Dich, HMV, für den Zeit-Artikel von 1992...

...wann fangen unsere Politiker endlich mal das Denken an ?!!
Dopeworld
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Re: Konkret - Streifzug durch drogenpolitische Geschichte

Beitrag von Dopeworld »

auch von mir danke!
weils grad passt: von Wolfgang Nešković, Recht auf Rausch
http://www.drogen-info-berlin.de/pdf/re ... rausch.pdf

"Diese Politik hat versagt. Sie ist kontraproduktiv und ist für eine Vielzahl der Probleme verantwortlich, die sie angeblich bekämpfen will."

so traurig und so wahr! und "argumente" z.b. von cdu maag/spahn zeigen wie aktuell das ist. (thc-märchen, streckmittel) das ist nur die spitze des eisbergs von problemen verursacht durch die drogenpolitik und nicht durch die drogen!
und die spitze des eisbergs von lügen ...
D O P E W O R L D
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Gerd50
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Re: Konkret - Streifzug durch drogenpolitische Geschichte

Beitrag von Gerd50 »

Fritz J. Raddatz sagte kürzlich in einem Interview auf 3sat/Kulturzeit in etwa folgendes:

"Ich bin nicht Besitz dieses Staates und lasse mir nicht vorschreiben, wie ich leben und
sterben möchte."


Raddatz bezog diesen Satz auf das brisante Thema Sterbehilfe, dem sich Unions/SPDpolitiker
ähnlich vorsätzlich inkompetent und ignorant verweigern, wie der Drogenpolitik.

Fippsi Rösler sagte anlässlich der Schleckerpleite:

"Wir müssen jetzt überlegen, welchem Verwendungszweck wir die Schleckerfrauen zu führen
können."

Deutlicher konnte er nicht ausdrücken, wie wir von der herrschenden Politik besessen werden.

Ich denke, das Raddatzzitat ist eine Waffe, die jeder von uns nach über 40 Jahren irrationaler
Drogenpolitik in Auseinandersetzungen mit Politikern einsetzen sollte.
Ich glaube an alles. Außer an Menschen.
chiliheadz
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Registriert: Di 7. Aug 2012, 17:54

Hanf in der DEUTSCHEN Geschichte

Beitrag von chiliheadz »

Der Frau "Drogenbeauftragte " Dyckmanns zur Kenntnis über "deutsche Geschichte" und "Verwurzellung in der deutschen Geschichte" zur kenntnis gebracht:
Philip Veit (1793-1877) "Germania" mit einem HANFZWEIG in der rechten Hand, transparent in der Frankfurter Paulskirche, zum Anlass der ERSTEN DEUTSCHEN NATIONALVERSAMMLUNG . März 1848
Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, Inv.Nr. Gm 608, dort seit 1867

Siehe auch: http://de.wikipedia.org/wiki/Germania_% ... pp_Veit%29
MAN /FRAU achte auf den Cannabiszweigin der rechten Hand! :mrgreen:
Sabine
Beiträge: 7615
Registriert: Fr 18. Apr 2014, 09:15

Johann Hari "Drogen: Die Geschichte eines langen Krieges"

Beitrag von Sabine »

"Der Krieg gegen die Drogen gilt inzwischen als gescheitert, der Handel mit Drogen ist ein blühendes Geschäft, alle Maßnahmen gegen den Konsum sind weitgehend erfolglos.
Woran liegt das? Der britische Journalist Johann Hari begibt sich auf eine einzigartige Reise – von Brooklyn über Mexiko bis nach Deutschland – und erzählt die Geschichten derjenigen, deren Leben vom immerwährenden Kampf gegen Drogen geprägt ist: von Dealern, Süchtigen, Kartellmitgliedern, den Verlierern und Profiteuren. Mit seiner grandiosen literarischen Reportage schreibt Hari sowohl eine Geschichte des Krieges gegen Drogen als auch ein mitreißendes und streitbares Plädoyer zum Umdenken."


http://www.fischerverlage.de/buch/drogen/9783100024428
Antworten

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