Von LTO befragte Juristen sehen keine Notwendigkeit für die Zustimmungspflicht des Bundesrates.SPD-Landesminister wollen Legalisierung bremsen
SPD-Minister aus Hamburg, Thüringen und Niedersachsen wollen das Cannabis-Vorhaben der Ampel im Bundesrat torpedieren und pochen auf die Zustimmungspflichtigkeit des Gesetzes.
... Diesen Standpunkt werde Hamburg im Bundesrat deutlich machen. Mit seinem "wir" ist offenbar die gesamte Regierung des Stadtstaates gemeint, inklusive der Grünen. Aus dem Büro der grünen Justizsenatorin Anna Gallina kam zu Grotes Ankündigung kein Widerspruch: Die Legalisierung von Cannabis sei zwar ein langjähriges Anliegen der Senatorin, aber trotz der grundsätzlich positiven Positionierung sehe auch ihr Ministerium "insbesondere hinsichtlich einer praxisgerechten Ausgestaltung Änderungsbedarfe".
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Überraschend ist dabei das Abstimmungsverhalten von Ländern, in denen Grüne mitregieren: So sprach sich eine Mehrheit im BR-Rechtsausschuss etwa dafür aus, die Altersgrenze für die Freigabe von Cannabis von 18 Jahren auf 21 Jahre anzuheben. ... Eine deutliche Mehrheit fand auch der Vorschlag, von der geplanten Tilgung von Eintragungen und Verurteilungen im Zusammenhang mit Cannabis im Bundeszentralregister wieder Abstand zu nehmen. ... Auf volle Härte und kein Pardon setzen zehn Bundesländer auch in puncto Strafvollstreckung bei Cannabis-Taten, die unter der alten Rechtslage begangen wurden. ... Beim Verdacht von Straftaten nach dem neuen Konsumcannabisgesetz und Medizinal-Cannabisgesetz müssten Maßnahmen wie die Telefonüberwachung oder die Online-Durchsuchung möglich bleiben.
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Kabinettsentwurf CanG 16.8.2023
Re: Kabinettsentwurf CanG 16.8.2023
https://www.lto.de/recht/hintergruende/ ... lisierung/
Re: Kabinettsentwurf CanG 16.8.2023
Ich selbst kann mir zur Frage der Zustimmungsbedürftigkeit des Gesetzes keine Meinung bilden - ich war nie ein Verfassungsrechtler, mit dieser besonderen Materie des "Staatsorganisationsrechts" (also der Rechtsverhältnisse der Verfassungsorgane untereinander) seit meinem 1. Staatsexamen nie mehr befasst gewesen.pepre hat geschrieben: ↑Di 19. Sep 2023, 12:46 https://www.lto.de/recht/hintergruende/ ... lisierung/
Von LTO befragte Juristen sehen keine Notwendigkeit für die Zustimmungspflicht des Bundesrates.SPD-Landesminister wollen Legalisierung bremsen
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Im Prinzip kann - meiner veralteten Kenntnisse nach - sowohl der Bundesrat als solcher, als auch jedes einzelne Bundesland in einem "Organstreitsverfahren" ein solches Verfahren vor dem BVerfG einleiten, weil die Verletzung der Rechte des Bundesrates - der Vertretung der Länder auf Bundesebene - gleichzeitig auch einen Eingriff in die verfassungsmässigen Rechte jedes einzelnen Bundeslandes darstellen würde. In der Praxis wurden derartige Klagen - soweit ich nach meiner insofern nicht sehr zuverlässigen Erinnerung weiß - nur von einzelnen Bundesländern, niemals jedoch vom Bundesrat als solchem erhoben.
Obendrein kann auch noch der Bundespräsident die Ausfertigung und Verkündung des vom Bundestag beschlossenen Gesetzes verweigern, wenn er zu der Überzeugung gelangt, daß es auf verfassungswidriger Weise zustande gekommen ist. Diese Fälle waren in der Geschichte der BRD nicht sehr häufig - meiner Erinnerung nach weniger als 10 - aber ausgeschlossen ist das auch hier nicht. In den mir bekannt gewordenen Fällen wurde dieses "Veto" des Bundespräsidenten bzw dessen Begründung sodann vom Bundestag in einer Neufassung des Gesetzes berücksichtigt und sodann ausgefertigt. Allerdings handelte es sich bei diesen Gesetzen um Materien, die weil jenseits des "politischen Diskurses" standen wie zB die Flugsicherung.
Was die von LTO befragten Juristen anbelangt: es gibt da einen Rechtsanwalt Homberg, der von LTO als "Cannabis-Experte" bezeichnet wird und einen Prof. Thiele aus Berlin. Wieso jener Homberg "Experte" sein soll, wird ebensowenig dargestellt, wie ein Hintergrund zu diesem Prof. Thiele angegeben wird.
Ist dieser Prof. Thiele ein Lehrstuhlinhaber oder ein Honorarprofessor ? Er hat zudem nur "nach dem ersten Durchlesen" kein Anzeichen für eine Zustimmungsbedürfigkeit erkennen können - das heißt eigentlich garnichts, weil dieser Prof. Thiele überhaupt keine sorgfältige Prüfung vorgenommen hat, worauf er auch selbst hinweist. (Und überhaupt: "wofür" ist diese Prof. Thiele überhaupt Professor: für Staats- und Verfassungsrecht ? Für Zivil- und Zivilprozessrecht ? Für Rechtsgeschichte und Kirchenrecht ? - auch auf diese Fragen gibt LTO keine Antwort. Man nennt ihn "Verfassungsrechtler".)
Ausgewiesene juristische Experten - die "cracks" - halten sich in solchen Situationen normalerweise sehr bedeckt, weil sich die an juristische Experten gestellte "Rechtsfrage" ständig verändert durch die Änderungen, die gerade ein solcher Gesetzesentwurf bis zu seiner Verabschiedung erfahren kann.
Die "cracks" - das sind die Inhaber von Lehrstühlen für Staats- und Verfassungsrecht, die Verfasser von den gängigen Kommentaren zum Grundgesetz (mit einer großen Schnittmenge) und diejenigen Autoren, die vom BVerfG in seinen Entscheidungen regelmässig zitiert werden. Auch hier gibt es eine große Schnittmenge.
Zudem brauchen sorgfältige rechtswissenschaftliche Untersuchungen recht viel Zeit, es vergehen einige Wochen, manchmal Monate.
Machen wir uns nichts vor: der aktuelle Entwurf bietet Angriffsflächen für die Anrufung des BVerfG "ohne Ende".
Jede "Familje" (in der Diktion von Helmut Kohl) kann "abstrakte Normenkontrollklage" binnen 1 Monats nach Inkrafttreten oder Verkündung (auch hier ist meiner Erinnerung etwas trüb) erheben mit der Begründung, daß eine "Bannmeile" von "nur" 200 m um Schule, Kindergärten, Spielplätze etc für die CSC. sie ihn ihren Rechten aus Art. 6 GG - Schutz der Familie - verletzte und die "Bannmeile" wenigstens 500 m oder 2000 m oder 20 km betragen müsse, weil blablabla.