Lieber Bundespräsident Joachim Gauck,
mit Ihrer Rede haben Sie viel Hoffnung unter den Bürgern verbreitet. Mit Ihrer Frage gleich im ersten Satz haben Sie eine Perspektive angerissen, die zwingend weitere Fragen, auch im hier und jetzt in den Mittelpunkt rückt.
Ja, wie soll es denn nun aussehen dieses Land, zu dem unsere Kinder und Enkel einmal sagen sollen: unser Land? Ist es ein freies Land? Ja mehr noch, ist es ein freiheitlicher Rechtsstaat, in dem die Freiheit des Einzelnen nicht nur in der Verfassung steht, sondern Gültigkeit für jeden Bürger hat! Oder sollte die derzeit praktizierte repressive Willkür des Staates für eine bestimmte Gruppe von Bürgern in diesem Land immer so weiter gehen?
Sollen Menschen, deren Handeln unmöglich in einem freiheitlichen Rechtsstaat zur Straftat erklärt werden kann weiterhin mit dem Strafrecht von diesem Staat bedroht, verfolgt und diskriminiert werden? Jeder Tag, jede Begegnung mit der Staatsmacht bringt für Cannabiskonsumenten eine Fülle neuer Ängste hervor und Sorgen.
Viele fragen sich, was ist das eigentlich für ein Leben, was ist das für eine Freiheit in diesem Land, in der man Menschen, die ein Genussmittel wie Cannabis, das weit weniger gesundheitsgefährdend ist, als die in diesem Land legal und frei verfügbaren Genussmittel Tabak und Alkohol, Kriminellen wie Dieben, Betrügern und Vergewaltigern gleichsetzt und gegen sie mit dem Strafrecht vorgeht?
Sie sagen, dass Ihr Lebensthema die Freiheit ist und das macht vielen Betroffenen Hoffnung. Als Bürgerrechtler in einem Unrechtsstaat, wie es die DDR war, dürfte Ihnen bekannt sein, was es heißt, wenn ein Staat das Strafrecht dazu missbraucht, um seine Bürger in ihren legitimen Freiheitsrechten zu beschneiden. Hören des Westsenders oder Republikflucht sind hier ebenso zu nennen, wie das Gesetz der „Rassenschande“, das interessanter Weise auch mit dem schwammigen Argument ‚Schutz der Volksgesundheit’ (hier durch Rassereinheit) begründet wurde.
Allerdings hat unser Staat, dem Sie nun als Staatsoberhaupt dienen, einen solchen Missbrauch des Strafrechtes als gängige Praxis, indem er den Bürger für den Genuss von Cannabis gegen alle heute zur Verfügung stehende wissenschaftliche Erkenntnis mit dem Strafrecht bedroht, ihn einschüchtert und ängstig dafür, dass er eine freie Entscheidung in seinem Genussverhalten trifft, mit der er weder Leben, Gesundheit, Ansehen oder Eigentum eines Anderen Schaden zufügt.
Und es handelt sich hier um einen nicht unerheblichen Teil, geschätzte 4 Millionen Menschen. Wie Sie zu Recht sagen, „Ängste vermindern unseren Mut wie unser Selbstvertrauen - und manchmal so entscheidend, dass wir beides ganz und gar verlieren können, bis wir gar Feigheit für Tugend halten und Flucht für eine legitime Haltung im politischen Raum.“ Diesen Eindruck habe ich derzeit von unseren Politikern bezüglich der Cannabispolitik.
Nachdem Sie sich eine lebendige Erinnerung auch an das, was in unserem Land nach all den Verbrechen der nationalsozialistischen Diktatur, nach den Greueln des Krieges gelungen ist, wünschen, wohl mit der Absicht, solchen Zustände für die Zukunft unseres Landes entschlossen zu begegnen und ihnen keinen Raum zu geben, sollten Sie in Ihrem Amt auch aktiv gegen das derzeitige Bestehen von staatlicher Willkür bei der strafrechtlichen Verfolgung erwachsener Menschen wegen des Umgangs mit Cannabis eintreten.
Die strafrechtliche Gesetzesregelung dürfte bei sachlicher Bewertung aller Gegebenheiten, die in dem „Dialog über Deutschland“, den unsere Kanzlerin, Frau Merkel, im Internet initiiert hat, sehr ausführlich von engagierten Bürgern erörtert wurden, eine Situation darstellen, die zu den Grundlagen unseres Rechtsstaates in diametralem Widerspruch steht; leider wird dies von den Medien ebenso in unserem Land bisher weitgehend totgeschwiegen.
Herr Bundespräsident, bringen Sie dieses Unrecht zur Sprache, setzen Sie ein Zeichen für Freiheit und Rechtsstaat! Fordern Sie die öffentliche Diskussion der Politik zu Cannabis, verlangen Sie die Einhaltung der rechtsstaatlichen Grundsätze unserer Verfassung, zeigen Sie, dass die Freiheit und das Recht für alle Bürger zu gelten hat und nicht leere Formeln eines in seinem Handeln unglaubwürdigen Anscheinsrechtsstaates sind.
In diesem Sinn hoffe ich auf Ihr Engagement als Bundespräsident zum Wohle Deutschlands und seiner Bürger.
In Erwartung Ihrer Antwort und Ihres Konkreten Handelns verbleibe ich
Mit freundlichen Grüßen
klartext,
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