Die Mär von der gestiegenen THC-Konzentration

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bushdoctor
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Die Mär von der gestiegenen THC-Konzentration

Beitrag von bushdoctor »

Weil die Galileo-Redaktion den REITOX-Report 2011 als Quelle für Ihre Behauptung, es gäbe in der BRD jedes Jahr "unter 300 Cannabistote", benannt hatte, habe ich mir diesen Bericht etwas näher zu Gemüte geführt.
Leider war von den 300 Toten nirgends was zu finden... hätte mich auch gewundert! :mrgreen:

Folgende Sätze sind mir aber sofort im Vorspann aufgefallen und ließen meine Ohren klingeln:
Die durchschnittlichen Wirkstoffgehalte haben sich im Vergleich zwischen 2009 und 2010
differenziert nach den verschieden analysierten illegalen Drogen sehr unterschiedlich
entwickelt. Während sich die Wirkstoffgehalte bei Kokain und Cannabisprodukten auch bei
einem Vergleich über die letzten vierzehn Jahre kaum verändert haben, gab es doch bei
Amphetaminen und Heroin deutliche Veränderungen im Vergleich zum Vorjahr
Wenn man jetzt in dem PDF-Dokument auf Seite 246 blättert bekommt man eine schöne Grafik über die Entwicklung der THC-Konzentration seit 1997 - ermittelt vom Bundeskriminalamt.
Hier der begleitende Text:
Die Blütenstände hatten 2010 einen Wirkstoffgehalt von 11,2% (2009: 11,2%), das
Cannabiskraut von 2,0% (2009: 2,1%). In die Berechnung des Wirkstoffgehalts von
Marihuana fließen die Werte von Cannabiskraut und Blütenständen im Verhältnis zur
jeweiligen Anzahl der Proben ein. Von 2004 (10,8%) bis 2007 (7,4%) sank der mittlere THCGehalt
im Marihuana kontinuierlich. Zwischen 2007 und 2008 gab es keine Veränderung,
2009 stieg der Wirkstoffgehalt wieder leicht auf 8,3% und war auch 2010 nahezu
unverändert (8,2%). Nachdem sich der mittlere THC-Gehalt im Haschisch von 2005 (8,6%)
nach 2006 stark verringerte und mit 6,7% den niedrigsten Wert der letzten zehn Jahre
erreichte, stieg er bis 2009 wieder auf 7,4% an und ist 2010 auf 6,8% gesunken (Abbildung
10.2). Im Vergleich mit den Angaben von 1997 zeigen sich insgesamt nur geringe
Veränderungen, wobei der Wirkstoffgehalt des Marihuanas leicht gestiegen und der des
Cannabisharzes sogar leicht zurückgegangen ist.
Und wie passt dies nun mit den Aussagen "Das ist nicht mehr das Hippie-Kraut von damals!", "hochgezüchtete Sorten mit gefährlicher THC-Konzentration", "Gen-Gras"... zusammen?
Da wird doch mal wieder massiv gelogen!!!

WER hat diese Mär in die Welt gesetzt?

Wenn ich jetzt noch lese, dass unsere Bundesdrogenbeauftragte und viele Politiker mit den "gestiegenen" Wirkstoffkonzentration gegen die Liberalisierung argumentieren, dann krieg ich das kalte Kotzen!
Philebos
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Re: Die Mär von der gestiegenen THC-Konzentration

Beitrag von Philebos »

es ist illegal und es soll auch illegal bleiben. Also müssen Gründe für die Illegalität gefunden werden. Mal ist es das mit der Einstiegsdrogen, dann mit der Psychose, dann die höhere Wirkstoffmenge etc.
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Fabius
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Re: Die Mär von der gestiegenen THC-Konzentration

Beitrag von Fabius »

Und wie passt dies nun mit den Aussagen "Das ist nicht mehr das Hippie-Kraut von damals!", "hochgezüchtete Sorten mit gefährlicher THC-Konzentration"

die Hippies haben das auch Pur geraucht :D
„Je tiefer man in die lebendige Natur hineinsieht, desto wunderbarer erkennt man sie. Ich glaube, man fühlt sich dann auch geborgen.“
Zitat: Albert Hofmann
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Grashüpfer
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Re: Die Mär von der gestiegenen THC-Konzentration

Beitrag von Grashüpfer »

Die wollen wohl erreichen, dass Cannabis als harte Droge durchgeht. Ich hoffe, sie haben sich selbst jetzt mit solchen Aussagen das letzte Bein selbst gestellt.
Cannabis legalisieren = den Markt für Erwachsene regulieren!
TheBeginning
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Re: Die Mär von der gestiegenen THC-Konzentration

Beitrag von TheBeginning »

Glaube ich leider nicht.
Die große Mehrheit wird das verinnerlichen und schlucken. Das ist ja das Schlimme daran.
Es hinterfrägt doch fast keiner mehr was die Medien berichten.

Ein gutes Beispiel:
http://www.zeit.de/politik/ausland/2012 ... alvadori-2
Thomas
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Re: Die Mär von der gestiegenen THC-Konzentration

Beitrag von Thomas »

So lange ich sehe wie bzgl. unserem Thema so gelogen werden kann, ist es nur schwer für mich einen guten Glauben an unsere Führung zu haben.
Es ist so leicht das Volk zu belügen und zu verarschen, das ich fast täglich einen Klos im Hals habe. Warum ist es so schwer das auf zu decken und die Schandmäuler zu stopfen oder zur Rechenschaft zu ziehen.
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His Master's Voice
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Re: Die Mär von der gestiegenen THC-Konzentration

Beitrag von His Master's Voice »

Wer sich die Stellungnahme von SA Jörn Patzak aus Trier, welche im Rahmen des Cannabis-Social-Club-Vorschlages der Linkspartei im Bundestag von ihm vorgelegt wurde, anschaut, findet dort auf Seite 2 eine Tabelle, die genaue Zahlen zum Thema Wirkstoffkonzentration enthält.

Stellungnahme SA J. Patzak

Patzak geht in seiner ablehnenden Stellungnahme unter Anderem auch auf die Entwicklung des THC-Gehalts ein und argumentiert, dass es immer mehr Blüten auf dem Markt gäbe und dass diese besonders viel THC-Harz enthielten. Als Beleg wird dann eine Tabelle vorgelegt, die meiner Meinung nach aber etwas ganz anderes sagt.

So wie ich die Tabelle lese, ist Marihuana seit 2004 im THC-Gehalt rückläufig von 9,9 auf 3,4 Prozent. Blüten auch von 12,0 auf 11,0 prozent. Beim Haschisch stagniert er um die 7-8 Prozent (min 5,3-max 9,0).

Ich finde es paradox dass die Gegenseite hier mit einer Tabelle kommt, deren Zahlen mitnichten eine erhebliche Steigerung des THC-Gehalts abbilden, gleichzeitig aber genau das behauptet. Das ist eine glatte Lüge.

Die Ironie an der Geschichte ist ja auch, unabhängig von der Tabelle, dass das Argument, die gestiegene THC-Konzentration stelle eine Gefahr dar, doch erst Recht ein Grund ist, einen kontrollierten Markt einzuführen. Der Autor behauptet, dass sich im Cannabis-Markt Gefahren für die Konsumenten aufbauen. Aber anstatt daraus die Konsequenz zu ziehen, die Konsumenten zu schützen, wird genau dieser unkontrollierte Markt weiter am Leben gehalten. Ja wann, wenn nicht nach diesem Statement ist es Zeit diesen Markt zu kontrollieren?

Auch in der auf Seite 3 der Stellungnahme vorgelegten Tabelle kann ich keine signifikante Steigerung der THC-Konzentration erkennen. Erstens zeigt die Tabelle gar keine Zahlen aus den ach so goldenen Siebzigern, und zweitens sehe ich beim "Dutch weed - most popular" seit 2002 eine um die 18% pendelnde Konzentration, ebenso beim "Imported hashish". Einzig beim "Imported weed" gibt es in den letzten 3 Jahren eine leichte Erhöhung, die aber 2010 auch schon wieder auf dem Stand von 2004 liegt. Also auch nicht gerade ein signifikanter Trend.

Ich finde es so krass, dass die Gegner schwächstes Zahlenmaterial heranziehen um daraus einen Mythos zu stricken, der uns jetzt wieder die nächsten 5 Jahre beschäftigen soll...ideologische Scheinargumentation par excellance...

Naja, zum Glück sind hier in SH in ein paar Wochen Wahlen.
Wir sind Millionen...
TheBeginning
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Re: Die Mär von der gestiegenen THC-Konzentration

Beitrag von TheBeginning »

Ich finde auch Seite 5 sehr belustigend.
Eine Freigabe von 30g pro Person wurde ja gefordert.
Im genannten Dokument wird aber eine spezielle Sorte von einem bekannten holländischen Samenhersteller genannt "Early Skunk".
Da diese Pflanze scheinbar mehr als 30g produzieren kann stellt das scheinbar einen Widerspruch mit den geforderten 30g pro Person dar...
Lest selbst :-)
Ich musste schmunzeln...
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bushdoctor
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Re: Die Mär von der gestiegenen THC-Konzentration

Beitrag von bushdoctor »

His Master's Voice hat geschrieben:Patzak geht in seiner ablehnenden Stellungnahme unter Anderem auch auf die Entwicklung des THC-Gehalts ein und argumentiert, dass es immer mehr Blüten auf dem Markt gäbe und dass diese besonders viel THC-Harz enthielten.
Dieser Herr Patzak kommt im REITOX-Bericht auch vor. Der hat wohl ein wenig an der Mathematik gedreht, um auf das gewünschte Ergebnis zu kommen:
Patzak und Goldhagen (2011) haben die arithmetischen Mittelwerte von Haschisch,
Marihuana und Cannabisblüten von 1993 – 2008 zusammengestellt (BKA: Median), was zur
Folge hat, dass Extremwerte stärker gewichtet werden. Für die Rechtsprechung sind bei
fehlenden Sicherstellungen Schätzwerte der Wirkstoffgehalte erforderlich. Auf Grundlage
ihrer Zusammenstellung schlagen die Autoren Schätzwerte von 7,5% für Haschisch, 4,0%
für Marihuana (Blätter- und Blütengemisch) und 10,5% für Cannabisblüten vor, um vor allem
der wachsenden Beliebtheit von Cannabisblüten Rechnung zu tragen.
Wie immer, so gilt auch hier: Traue keiner Statistik, die du nicht selber gefälscht hast!

Aber die Tendenz konnte auch Herr Patzak nicht ändern: Seit 2004 sinken die THC-Gehalte wieder!
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