Sehr geehrter Herr,
haben Sie vielen Dank für Ihr Schreiben an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes vom 07.03.2022. In Ihrem Schreiben berichten Sie uns über Ihre Erfahrungen mit verschiedenen staatlichen Stellen, insbesondere mit dem für Sie zuständigen Jobcenter und einer Führerscheinstelle.
Wir können gut verstehen, dass Sie diese Erfahrung als belastend empfinden.
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes ist allerdings vermutlich nicht die richtige Stelle für Ihr Anliegen.
Wir können Ihre Hinweise in erster Linie nur dankend für unsere Arbeit erfassen und Ihnen die folgenden allgemeinen Informationen geben.
Das Beratungsangebot der Antidiskriminierungsstelle des Bundes richtet sich an Menschen, die sich
- wegen ihrer ethnischen Herkunft,
- wegen ihres Geschlechts,
- wegen ihrer Religion oder Weltanschauung,
- wegen ihres Alters,
- wegen einer Behinderung oder
- wegen ihrer sexuellen Identität
benachteiligt sehen.
Grundlage unserer Beratung ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Dieses Gesetz verbietet Benachteiligungen aus den genannten Gründen vor allem im Erwerbsleben und bei bestimmten privaten Rechtsgeschäften.
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz kann deshalb nicht vor allen Benachteiligungen schützen.
Ihr Anliegen betrifft keine privaten Rechtsverhältnisse, sondern staatliches Handeln.
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ist also nicht anwendbar. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes kann Sie daher nicht unterstützen oder für Sie aktiv werden.
Wir haben dennoch Verständnis für die von Ihnen geschilderte Problematik und möchten Ihnen daher die folgenden weiteren allgemeinen Hinweise geben.
Grundsätzlich fällt staatliches Handeln in den Bereich des öffentlichen Rechts. Zu berücksichtigen wäre das Grundgesetz (GG), welches in Art. 3 GG das Grundrecht auf Gleichbehandlung garantiert. Das Grundgesetz verpflichtet alle staatlichen Stellen, die Grundrechte zu achten und zu wahren (Art. 1 Abs. 3 GG).
Gemäß Art. 3 Abs.3 GG gilt, dass niemand wegen des Geschlechts, der Abstammung, aus rassistischen Gründen, wegen der Sprache, der Heimat und Herkunft, des Glaubens, der religiösen oder politischen Anschauung oder aufgrund einer Behinderung benachteiligt werden darf. Das Alter und die sexuelle Identität ist als Diskriminierungsmerkmal dort zwar nicht genannt, kann aber unter Umständen über den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß Artikel 3 Absatz 1 GG abgedeckt sein. Nach diesem „Willkürverbot“ hat der Staat – vereinfacht gesagt – Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln.
Grundrechtseinschränkungen und damit auch Ungleichbehandlungen können aber unter Umständen durch sachliche Gründe gerechtfertigt werden.
Rechtsschutz wird über die dafür vorgesehenen Verwaltungsverfahren erreicht, wie zum Beispiel eine Dienstaufsichtsbeschwerde zur Überprüfung des Verhaltens von Beschäftigten der Verwaltung oder das Widerspruchsverfahren gegen eine Entscheidung in Form eines Bescheids. Vorlagen dazu finden Sie unter:
https://www.antidiskriminierungsstelle. ... -node.html
Die Recht- und Verhältnismäßigkeit werden letztendlich durch die dafür zuständigen unabhängigen Gerichte überprüft.
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes darf keine rechtliche Bewertung im Einzelfall vornehmen. Unsere Beratung kann daher eine ausführliche und persönliche Rechtsberatung durch einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin nicht ersetzen, sondern kann Ihnen nur erste Hinweise geben.
Wenn es um Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch geht, also zum Beispiel um Arbeitslosengeld I (SGB III) oder Arbeitslosengeld II (SGB II), gibt es außerdem ein Diskriminierungsverbot wegen der ethnischen Herkunft und wegen einer Behinderung in § 33c SGB I. Wenn es um Berufsberatung, Berufsbildung und Ähnliches geht, gilt das Benachteiligungsverbot wegen der sechs AGG-Merkmale in § 19 a SGB IV. Auf diese besonderen Diskriminierungsverbote verweist § 2 Absatz 2 AGG. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ist daneben nicht anwendbar.
Bei Problemen mit der Arbeitsagentur, der Familienkasse oder dem Jobcenter steht neben den genannten rechtlichen Handlungsmöglichkeiten immer auch der allgemeine Beschwerdeweg beim Kundenreaktionsmanagement zur Verfügung. Nähere Hinweise finden Sie unter folgendem Link:
https://www.arbeitsagentur.de/ueber-uns ... und-kritik
Daneben haben inzwischen auch viele Jobcenter Ombudsstellen eingerichtet, um Konflikte zu klären. Nähere Hinweise dazu finden Sie auf der jeweiligen Infoseite Ihres Jobcenters.
Wenn Sie im Moment nur ein geringes Einkommen und nur wenig Vermögen für eine anwaltliche Beratung haben, können Sie bei dem Amtsgericht, das für Ihren Wohnort zuständig ist, einen Beratungshilfeschein beantragen.
Bei geringem Einkommen und Vermögen besteht die Möglichkeit, sich auf Kosten der Landeskasse außergerichtlich beraten zu lassen. Hierzu muss ein „Beratungshilfeschein“ beim zuständigen Gericht beantragt werden. Im Amtsgericht wird geprüft, ob eine außergerichtliche anwaltliche Beratung notwendig ist und ob Sie das Geld für die Beratung mit Ihrem Einkommen und Ihrem Vermögen nicht selbst aufbringen können. Manchmal wird verlangt, dass Sie zuerst vergeblich versucht haben, die Angelegenheit mit der anderen Seite zu klären. Mit dem Beratungshilfeschein können Sie dann zu einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin nach Ihrer Wahl gehen.
Trotz unserer eingeschränkten Unterstützungsmöglichkeiten hoffen wir, Ihnen mit dieser Auskunft behilflich gewesen zu sein.
Mit freundlichen Grüßen