pepre hat geschrieben: ↑Mo 12. Jun 2023, 11:52
Freno hat geschrieben: ↑So 11. Jun 2023, 22:24
... man arbeitet nicht gerne für den Papierkorb. ...
Dennoch wäre ein grobe Einschätzung schon sehr interessant, ob das zwangsweise und personalisierte Erfassen aller Endkunden-Einkäufe für einen Konsumartikel überhaupt rechtlich möglich ist. Wie gesagt: das wäre wirklich ein absolutes Novum. Zumindest ist mir nichts dergleichen bekannt, solange ich auch darüber sinniere.
Vorab: mit Datenschutzrecht hatte ich beruflich nie ze tun, und was ich in der Ausbildung gelernt habe, schon bald wieder vergessen.
Ganz grundsätzlich ist es aber so, daß Gesetze andere, frühere Gesetze "durchbrechen" können. Häufig wird die Konfliktlage im Gesetzgebungsverfahren erkannt und das frühere, dem späteren Gesetz widersprechende Gesetz angepasst. Auch bei unserem "CSC-Gesetzes-Entwurf" gibt es einen Rattenschwanz von Änderungen anderer Gesetze. Manchmal jedoch wird die "Konkurrenz" nicht erkannt, nicht selten wird die Auflösung der Konkurrenz offen oder stillschweigend der Rechtssprechung überlassen. Eine Grundregel dabei lautet: lex specialis derogit lex generalis - deutsch: das spezielle Gesetz durchbricht das allgemeine Gesetz. Auch hat das jüngere Gesetz stets einen gewissen Vorrang vor dem Älteren.
Es ist also prinzipiell möglich, daß ein Gesetz, daß den Umgang mit einem speziellen "Konsumartikel" regelt, Datenerhebungen vorschreibt, die nach den allgemeinen Datenschutzgesetzen unzulässig wären.
Aber das ist auch nicht völlig unbeschränkt zulässig, denn das Datenschutzgesetz konkretisiert das "Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung". Aber auch dieses Grundrecht gilt nicht schrankenlos - die Grundrechte (und gewisse besonders schutzwürdige "Staatsrechte", die hier aber kaum in Betracht kommen) schränken sich gegenseitig ein.
Mein Beispiel wäre das Waffengesetz: insbesondere Schußwaffen, ihre Munition und Bestandteile können nicht "einfach so" verkauft werden, sondern nur nach besonderen Regeln und beim Verkauf - auch unter Privaten - besteht eine entsprechende Meldepflicht. Hier überwiegt der Schutz von Leben und Gesundheit sowie die Verhütung von Gewaltstraftaten das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.
Es liegt nun aber auf der Hand, daß man Cannabis nicht mit Schußwaffen vergleichen kann - erst recht nicht bei den in Rede stehenden Mengen von Cannabis.
Hier hört indessen der Bereich auf, in dem ich noch ohne spezielle Datenschutzrechtliche Fachkenntnisse und Erfahrungen "noch was sagen könnte". Ab hier navigiere ich mit meinem "Judiz" im Nebel und schliddere auf glattem Eis:
Cannabis ist nun mal - rein juristisch gesehen - kein normaler Konsumartikel, sondern immer noch eine illegale "Droge", die nur versuchweise und unter ganz besonderen Bedingungen legalisiert werden soll. Dieser Versuch darf nicht dazu führen, daß dem Schwarzmarkt mit dieser "Droge" Cannabis, das im Rahmen dieses Versuchs produziert worden ist, zugeführt wird, weswegen die Erhebung der Daten der Abnehmer als "unabdingbar" bezeichnet werden wird.
Diese Argumentation ist nicht die Meine, aber als Jurist - auch "a.D." - ist man es gewohnt, die Argumente "der Gegenseite" nach Möglichkeit vorauszusehen, um sie dann, wenn sie vorgebracht werden, (nach Möglichkeit) widerlegen zu können.
Die "Unabdingbarkeit" dieser Datenerhebung scheint mir der Ansatzpunkt für eine erfolgreiche Gegenargumentation zu sein. Grundrechtseinschränkende Maßnahmen müssen zu dem erstrebten Zweck geeignet, angemessen und verhältnismässig sein. Und gerade die Verhältnismässigkeit scheint mir hier sehr fraglich: der Schwarzmarkt setzt Jahr für Jahr tausende von Tonnen Cannabis und Cannabisprodukte in diesem Lande um. Die paar Grämmchen, die von den CSC-Mitgliedern "schwarz" vertickern werden könnten, wirken vor diesem Hintergrund wie 1 Eimer Wasser, den man in den Atlantik kippt.
Die Datenerfassung ist auch m.E. völlig ungeeignet, einen "Schwarzverkauf" (oder unentgeltliche Weitergabe an "nahestehende Personen") zu verhindern oder zu erschweren. CSC-Mitglieder, die als solche ja ohnehin Vereinsrechtlich erfasst sind, werden ohnedies illegale Weitergabe nur gegenüber vertrauenswürdig gehaltenen Personen vornehmen. Wenn sie dabei die Geringfügigkeitsmengen nach den jeweiligen Landesverordnungen beachten, droht ihnen - und den Abnehmern - praktisch keine Strafverfolgung.