Konsumverbot und Urinkontrollen Jugendstrafrecht

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Rud0lf
Beiträge: 1
Registriert: Do 14. Sep 2023, 19:24

Konsumverbot und Urinkontrollen Jugendstrafrecht

Beitrag von Rud0lf »

Hallo zusammen,

ich wurde vor etwa 2 Monaten zu 1 Jahr Drogenverbot mit 5 Urinscreenings auf eigene Kosten nach Jugendstrafrecht verurteilt verurteil(etwa 600€).

Zur Vorgeschichte: ich wohne in Bayern, es war das zweite mal, vor etwa 2 Jahren wurde ich mit 2g erwischt. Dieses mal waren es etwa 0,5g, ABER 15g tabak-Marihuana Mischung (vlt. nochmal 0.2g, das habe ich in der Verhandlung auch angemerkt).
Mir wurde von der Jugendstrafhilfe aus meinem Wohnort empfohlen keinen Anwalt zu nehmen, da ich ja wahrscheinlich eh nur eine relativ geringe Geldstrafe bekommen würde.
Naja alles ziemlich lächerlich, vor allem wenn ich gewusst hätte, dass auch nur eine geringe Wahrscheinlichkeit auf so eine Strafe besteht, hätte ich sofort einen Anwalt genommen.

Meine Frage ist nun ob sich da noch irgendwas machen lässt, ganz offenbar ist die Strafe absolut erniedrigend, belastet mich auch psychisch sehr und ist absolut unverhältnismäßig.
Die zweite Frage wäre ob es schon absehbar ist welche Folgen die hoffentlich bald passierende "Legalisierung" hätte, soweit ich weiß können alle Einträge aus dem BZR gelöscht werden,
die nun keine Straftat mehr darstellen würden. Von aktuellen Strafen ist aber nirgends die Rede.

Über Antworten würde ich mich freuen!

VG
Freno
Beiträge: 803
Registriert: Do 7. Jan 2021, 17:00

Re: Konsumverbot und Urinkontrollen Jugendstrafrecht

Beitrag von Freno »

Hallöchen !

Die Sache ist ziemlich schief gelaufen - an der Verurteilung selbst kann man nichts mehr machen, die Berufungsfrist ist abgelaufen.

In Frage käme allenfalls eine Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 359 StPO, wenn eine Änderung von Rechtsnormen im Wege der Auslegung zu den dort aufgelisteten Wiederaufnahmegründen zählen sollte. Das kann ich leider nicht beurteilen, hier muß eine anwaltliche Rechtsauskunft eingeholt werden. Davor ist aber die tatsächliche Änderung der Rechtsnorm abzuwarten, der Regierungsentwurf des CanG ist ja noch lange nicht vom Bundestag beschlossen und vom Bundespräsidenten in Kraft gesetzt worden. Der Regierungsentwurf kann zudem noch durch den Bundestag bzw die Koalitionsfraktionen uU erheblich abgeändert werden.

Es stellt sich aber in jedem Fall die Frage, ob das CanG in der Form des Regierungsentwurfs wirklich eine Verbesserung der Rechtslage für diesen Fall bedeuten würde - denn "legalisiert" wird nur der Besitz und Erwerb durch Erwachsene, dh solche Menschen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Es kommt insofern darauf an, ob Du zur Tatzeit das 18. Lebensjahr vollendet hattest, oder nicht. Jugendstrafrecht kann nämlich auch noch auf Täter angewendet werden, die zur Tatzeit zwar das 18., aber noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hatten.

Nur dann, wenn Du zur Tatzeit das 18. Lebensjahr schon vollendet gehabt haben solltest, kann sich das CanG in der Fassung des Regierungsentwurfs zu Deinen Gunsten auswirken - wenn es denn so verabschiedet wird.

Die Tatzeit ist der Zeitpunkt oder Zeitraum, in der Dir der Besitz von Cannabis zur Last gelegt wird. Die Tatzeit können wir hier unmöglich verlässlich feststellen. Dazu ist - höchstwahrscheinlich - Akteneinsicht erforderlich, die nur ein Anwalt bekommen kann.

Ich bin "Rechtsanwalt a.D." und aufgrund psychischer Erkrankung (weswegen ich "Cannabis-Patient" bin und hier in diesem Forum aktiv) Berufs- und Erwerbsunfähig, kann nicht mehr juristisch arbeiten und daher auch keine konkreten Rechtsfragen mehr beantworten, nur aufgrund meiner Erfahrungen einige Hinweise geben.

Zu diesen Rechtsfragen, die ich nicht mehr beantworten kann, gehört eben auch, wie sich eine Gesetzesänderung zugunsten eines Verurteilten auf die Strafvollstreckung auswirkt. Im laufenden Ermittlungs- und Hauptverfahren ist eine solche Änderung zugunsten des Angeklagten stets von Amts wegen zu berücksichtigen.

Aus dem Bauch heraus würde ich sagen, daß dies auch für die Strafvollstreckung gelten müsste, die nach einer solchen Gesetzesänderung zugunsten des Verurteilten ausgesetzt werden müsste. Aber meine Hand ins Feuer legen würde ich nicht dafür.

Um eine halbwegs verlässliche Auskunft über die Chancen, in Ansehung der zu erwartenden Gesetzesänderung das rechtskräftigen Strafurteil bzw. dessen Vollstreckung noch "aus der Welt" zu bekommen, kann ich leider nur den Rat geben, einen Rechtsanwalt zu beauftragen - was aber leider ziemlich teuer werden wird, weil der Anwalt, um die Gerichtsakte einsehen zu können, sehr wahrscheinlich einen Auftrag für die Prüfung eines Wiederaufnahmeantrages (siehe oben) erhalten muß. Die Gebühren dafür dürften im oberen dreistelligen Bereich beginnen.

Einen geeigneten Anwalt kann man durch den Anwaltssuchservice des DAV (Deutscher Anwalts Verein) im Internet leicht auffinden, in dem sich die Anwälte mit ihren Spezialgebieten präsentieren. "BtMG" kann eigentlich jeder auf Strafrecht spezialisierte Anwalt.

Was die Gebühren anbelangt, sollte man sich nicht scheuen, sie im ersten Gespräch zu erfragen - aber auch für das erste Gespräch wird - wenn keine Mandatierung zustande kommt - die "Erstberatungsgebühr" fällig, die aber - nach meiner Erinnerung - auf 300 € "gedeckelt" ist, ein Betrag, der in so einem Fall aber kaum erreicht werden sollte.
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