CanG tritt zum 1.4.2024 in Kraft - und jetzt ?

Freno
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CanG tritt zum 1.4.2024 in Kraft - und jetzt ?

Beitrag von Freno »

Vor einer halben Stunde ist das CanG in Kraft getreten und so manche lassen die Korken knallen. Auch in den Medien ist das Thema präsent: "kiffen ist jetzt legal!" Für die einen ist es ein "Meilenstein der Drogenpolitik", für die anderen der "Untergang des Abendlandes".

Fakt ist: nur der Besitz von Cannabis in den gesetzlichen Grenzen von 25g im Einzelfall und 50 g im Monat ist "als solcher" legal. Der Erwerb in jeder Form bleibt weiter illegal und strafbar. Es gibt nur 2 Ausnahmen: die 3 "Balkonpflanzen" sowie den Erwerb der dafür benötigten Samen und den Erwerb von einem CSC durch ein Mitglied dieses CSC.

Wer also mit dem Besitz von Cannabis auch im Rahmen der Mengengrenzen des CanG "angetroffen" wird, dh bei einer polizeilichen Kontrolle auffällt, kann zwar wegen des Besitzes "an sich" nicht belangt werden - aber: wenn er die Herkunft aus den oben genannten legalen Quellen nicht nachweist, besteht zumindest ein hinreichender Verdacht, daß der Besitz illegal erworben wurde, was jedenfalls weitere Ermittlungsmaßnahmen zB Hausdurchsuchung rechtfertigt. Denn der "Besitz" kann ja nicht vom Himmel gefallen sein.

Der Betroffene kann dann zur Herkunft des bei ihm angetroffenen Cannabis natürlich die Aussage verweigern - aber gerade dadurch erhärtet er den Verdacht, daß er das Cannabis illegal erworben haben könnte und entsprechende Ermittlungsmaßnahmen. Die Möglichkeit eines Erwerbs von einem CSC, bei dem der Betroffene Mitglied ist, kann durch die Strafverfolgungsbehören jedoch ausgeschlossen werden, weil die Mitgliedschaft ja "der Behörde" gegenüber angezeigt werden muß. Wer also in keinem CSC als Mitglied registriert ist, könnte legal nur durch "Balkonpflanzen" zum Besitz von Cannabis gekommen sein. Wenn dann bei einer Hausdurchsuchung keinerlei Hinweise für einen Anbau gefunden wurden, der Betroffene weiterhin schweigt, auch eine Einsicht in seine Bankkonten keinen Anhaltspunkt für den Erwerb von Samen bildet, dann ist die Überzeugung von der Illegalität und Strafbarkeit des Betroffenen aus der Sicht der Strafverfolgungsbehörden kaum noch zu erschüttern.

Fraglich ist, ob die Gerichte aufgrund entsprechender Anklagen - wohlgemerkt: bei "absolut schweigendem" Betroffenen / Angeklagten - zu Verurteilungen kommen, wohlgemerkt, stets wegen Mengen unterhalb der Grenzen des CSC. Dem steht der Grundsatz entgegen, daß eine strafbare Handlung zur Gewissheit des Gerichts erwiesen sein muß, eine "Verdachtsverurteilung" ist unzulässig. Ebenso ist es nicht zulässig, einem Beschuldigten oder Angeklagten sein Schweigen zur Last zu legen.

Aber: es gibt ein insofern gefährliches Rechtsinstitut: die Wahlfeststellung - https://de.wikipedia.org/wiki/Wahlfeststellung. Auch hat die Pflicht der Strafverfolgung, dem Beschuldigten seine Straftat nachzuweisen, eine Grenze. Wissenschaftliche Gewissheit kann - nach einem älteren Grundsatzurteil des BGH - nicht verlangt werden, es genügt, daß die richterliche Überzeugung so stark ist, daß sie etwaigem Zweifel "zu schweigen gebietet". Wenn ein Angeklagter, der mit zB 20 g Cannabis "angetroffen" wurde, und der nicht Mitglied eines CSC ist und jede Aussage verweigert - kann es da noch einen Zweifel geben, daß der Angeklagte das Cannabis illegal erworben hat und sein Schweigen nur dazu dient, sein strafbares Handeln zu verdecken ??

Das CanG wirft also eine für die Fachleute sehr interessante und für die Betroffenen sehr quälende Rechtsfrage auf: kann ein Angeklagter verurteilt werden, wenn er unter Berufung auf sein Schweigerecht von der Möglichkeit des Nachweises rechtmässigen Handelns, die ihm im Falle des rechtmässigen Handelns ohne weiteres möglich wäre, keinen Gebrauch macht, verurteilt werden ?

Man darf auf die ersten Urteile dazu und schließlich auch die Rechtssprechung des BGH sehr gespannt sein.

Ich sagte es schon 1x: das CanG ist kein Grund zum Feiern, sondern einfach nur zum Kotzen !
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Hans Dampf
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Re: CanG tritt zum 1.4.2024 in Kraft - und jetzt ?

Beitrag von Hans Dampf »

Chill runter, das Gesetz ist eine deutliche Verbesserung zur bisherigen Situation,
die von dir genannten Gründe werden einen eher kleinen, regional recht unterschiedlichen Teil der Konsumenten betreffen und für diese durchaus unangenehm sein können.
Der Kampf für eine echte Legalisierung ist noch lange nicht vorbei, allerdings auf einem anderen Niveau als zuvor.
"Das Schöne an der Mitgliedschaft im DHV ist dass man nichts tun muss außer zahlen und die Legalisierung trotzdem voranbringt. Aktiv mit-Menschen reden und sie offen für Neues zu machen erzeugt aber die größte Wirksamkeit für eine L. hier in D."
moepens
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Re: CanG tritt zum 1.4.2024 in Kraft - und jetzt ?

Beitrag von moepens »

Freno hat geschrieben: Mo 1. Apr 2024, 01:02 Wer also mit dem Besitz von Cannabis auch im Rahmen der Mengengrenzen des CanG "angetroffen" wird, dh bei einer polizeilichen Kontrolle auffällt, kann zwar wegen des Besitzes "an sich" nicht belangt werden - aber: wenn er die Herkunft aus den oben genannten legalen Quellen nicht nachweist, besteht zumindest ein hinreichender Verdacht, daß der Besitz illegal erworben wurde, was jedenfalls weitere Ermittlungsmaßnahmen zB Hausdurchsuchung rechtfertigt.
HD wenn nicht einmal eine Ordnungswidrigkeit im Raum steht?! Dann könnte man jedem alles vorwerfen, z.B. dass die Kleidung vom Schwarzmarkt ist. Wenn die Person einfach keine Angaben macht kommt dabei eh nichts raus.
Der Besitz und Erwerb von Cannabis sind nach § 34 Absatz 1 Nummer 1 bzw. Nummer 8 erst bei Überschreiten der Menge von 25 Gramm strafbar. Dies gilt unabhängig davon, ob das Cannabis auf dem Schwarzmarkt oder auf legalem Weg erworben wurde. Dieser Ansatz ist sachgerecht, um die Strafverfolgungsbehörden zu entlasten sowie aufwendige und unverhältnismäßige labortechnische Untersuchungen zu vermeiden.
Solmecke dazu: https://www.youtube.com/watch?v=0aUPf0EqsOE&t=139s
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lupo
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Re: CanG tritt zum 1.4.2024 in Kraft - und jetzt ?

Beitrag von lupo »

Freno hat geschrieben: Mo 1. Apr 2024, 01:02 ...
Ich sagte es schon 1x: das CanG ist kein Grund zum Feiern, sondern einfach nur zum Kotzen !
Ich glaube Dir ist nicht klar, was dieses Gesetz wirklich bedeutet. Ist es verbesserungswürdig? Aber sicher!
Jedoch ist es eine deutliche Verbesserung der gegenüber der vorherigen Situation. Das Gesetz wird mit der Zeit sicherlich angepasst, aber die Tür ist nun auf.
Und das ist das Wichtigste im Augenblick. Das Perfekte ist des Guten Tod, daher bin ich dankbar, dass wir nun überhaupt ein entsprechendes Gesetz haben.

Und nun auf zur Säule 2!
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Martin Mainz
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Re: CanG tritt zum 1.4.2024 in Kraft - und jetzt ?

Beitrag von Martin Mainz »

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Re: CanG tritt zum 1.4.2024 in Kraft - und jetzt ?

Beitrag von Hanfkraut »

Dazu kommt auch das die verfasser des Gesetzes der Konsumenten gerecht werden möchten, allerdings keine Praxis kennen.
Du musst doch nur deine Ernte sehr langsam Trocknen und danach Fermentieren wollen damit unerwünschte Stoffe Abgebaut werden meines Wissens nach.
Das kann je nach Verfahren und Geschmack Dauern.

Mit einfach nur Trocknen ist es nicht getan.



Ich darf dann unter Berücksichtigung das gerade Knospen Nachrreifen , Rauchbares Material sowie die 3 Pflanzen die auf die Ernte warten nicht über 50 gr. Kommen!
Verstehe ich doch richtig?

Wenn du zuviel hast musst du dann irgendwas davon vernichten!

Aber wein darf / durfte man 120 Liter im Jahr Herstellen und über Jahre hinweg Lagern.

Das dürfen wir nicht.
Es hieß Doch am Anfang das Cannabis und Alkohol dann Gleichgestellt werden muss. Davon ist nicht viel übrig geblieben. Es gibt für den Alkohol konsum keine Einschränkung obwohl es dann genauso Nötig wäre wenn dies die Politik ist

Das was nicht verraucht wurde dürfen wir nicht Lagern. wenn du Weniger Rauchst als 50gr. Im Monat bleibt auch was übrig.

Was für eine Verschwendung .
Darf niemand was schenken niemandem einladen.
Zu einer Party darf ich aber 25 gr. Bei haben die ich maximal dann alleine wegrauchen darf.
Das ist diskriminierend
Ärzte weigern sich!
Das cannabis Medizin Gesetzt hat versagt! Apotheken liefern nicht ! Kassen zahlen nicht!
https://hanfverband.de/files/normenkont ... 190910.pdf
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Re: CanG tritt zum 1.4.2024 in Kraft - und jetzt ?

Beitrag von Freno »

viewtopic.php?t=20929

quod erat demonstrandum
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lupo
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Re: CanG tritt zum 1.4.2024 in Kraft - und jetzt ?

Beitrag von lupo »

Das beweist einen Scheiß. Ich bin gestern durch Berlin mit meinem Vape gelaufen und keinen der getroffenen Cops hat es interessiert. Und nun?
Das manche Bundesländer frei drehen war doch abzusehen. Die jetzige Übergangszeit würde ich einfach mal aussitzen, wird sich alles mit der Zeit entspannen.
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Re: CanG tritt zum 1.4.2024 in Kraft - und jetzt ?

Beitrag von Parade »

Hanfkraut hat geschrieben: Mo 1. Apr 2024, 21:34 Ich darf dann unter Berücksichtigung das gerade Knospen Nachrreifen , Rauchbares Material sowie die 3 Pflanzen die auf die Ernte warten nicht über 50 gr. Kommen!
In Bayern würde ich damit rechnen. Eine Pflanze die über 50g liefern könnte würde ich da erst gar nicht anbauen oder die Pflanze während des Wuchses entsprechend beschneiden.
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Re: CanG tritt zum 1.4.2024 in Kraft - und jetzt ?

Beitrag von Freno »

lupo hat geschrieben: Di 2. Apr 2024, 11:02 Das beweist einen Scheiß. Ich bin gestern durch Berlin mit meinem Vape gelaufen und keinen der getroffenen Cops hat es interessiert. Und nun?
Das manche Bundesländer frei drehen war doch abzusehen. Die jetzige Übergangszeit würde ich einfach mal aussitzen, wird sich alles mit der Zeit entspannen.
Hier in Leipzig ist man auch extrem Cannabis-freundlich - ich habe in 2 Fällen in Gegenwart der bewaffneten Staatsmacht geraucht, in einem Fall auch zuvor gebaut; man bemühte sich staatlicherseits noch nicht einmal, wegzusehen. Ganz allgemein bemüht sich hier kaum noch jemand um konspiratives Kiffen.

Aber in anderen deutschen Regionen ist es ganz anders, am schlimmsten wohl in Bayern.

Es ist so: der Fisch stinkt immer vom Kopf her, also denen, die den Strafverfolgungsorganen - Staatsanwälten und Polizei - vorgesetzt sind. Das beginnt bei den Innen- und Justizministern, dann kommen Regierungspräsidenten, Leitende Oberstaatsanwälte (die Staatsanwaltschaften leiten), Landräte und Oberbürgermeister, Polizeipräsidenten und -direktoren, die entsprechende Einheiten der Polizei führen. Je nachdem, wie die jeweiligen Amtswalter drauf sind, wird "hart durchgegriffen" oder das "Opportunitätsprinzip" aus dem Recht der Ordnungswidrigkeiten auch auf das Strafgesetzbuch angewendet.
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Re: CanG tritt zum 1.4.2024 in Kraft - und jetzt ?

Beitrag von pepre »

Parade hat geschrieben: Di 2. Apr 2024, 17:11 In Bayern würde ich damit rechnen. Eine Pflanze die über 50g liefern könnte würde ich da erst gar nicht anbauen oder die Pflanze während des Wuchses entsprechend beschneiden.
Ja, Amtsmißbrauch¹ durch die bayerischen Cannabis-Jäger-Sondereinheiten wird es geben. Anfangs, denn in den höheren Instanzen wird das (selbst in Bayern) wieder einkassiert werden, mit unerquicklichen Folgen für die Täter. Das spricht sich dann schnell herum und setzt dem Spuk ein Ende. - Wird halt leider etwas dauern... Das sind die Musterprozesse, von den Georg immer redet. ;)

In Erwartung von staatlicher Willkür in vorauseilenden Gehorsam zu verfallen ist sicher keine Lösung.

---
¹ Oder wie auch immer das in Juristen-Deutsch heißen mag.
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Re: CanG tritt zum 1.4.2024 in Kraft - und jetzt ?

Beitrag von Freno »

Ich habe mir mal das nunmehr geltende CanG von der HP vom Bundesgesetzblatt heruntergeladen und auf den ersten Blick muß ich einige meiner vorigen Aussagen zurücknehmen - ich bin ja nicht umsonst berufsunfähig.

§ 2 Abs. 1, Zif 11, 12 CanG verbieten es, Cannabis zu erwerben oder entgegenzunehmen oder sich zu verschaffen - aber in der Strafvorschrift des § 34 I Nr. 12 wird nur derjenige mit Strafe bedroht, der "entgegen § 2 Abs. 1 Nr 12 a) mehr als 25 g Cannabis pro Tag erwirbt oder entgegennimmt b) mehr als 50 g Cannabis pro Kalendermonat erwirbt oder entgegennimmt."

Es ist paradox: es wird etwas verboten - aber das Verbot wird mit keinerlei Sanktion belegt - sozusagen eine Art gesetzlicher Amnestie für "Kleinfälle".

Ganz überschauen kann ich das nicht, weil das Verstoß gegen gesetzliche Verbote in vielerlei Hinsicht von Relevanz ist für alle Fälle, in denen die "besondere Gesetzestreue des Bürgers" verlangt wird: Gewerbeerlaubnis, Berücksichtigung bei der Ausschreibung öffentlicher Aufträge, Zulassung zu bestimmten Berufen und deren Prüfungen, Beschäftigungsverhältnisse im öffentlichen Dienst, insbesondere im Beamtenverhältnis, Waffen- und Sprengstoffbesitz, Ärzte, Apotheker, rechtsberatende Berufe usw usw.

Es sieht also so aus, daß in den o.g. Grenzen auch der Erwerb vom Schwarzmarkt zwar illegal ist, aber nicht strafbar. Das heißt va, daß in diesen Fällen der mit dem illegal erworbenen Cannabis, das gleichwohl im Rahmen der og Mengengrenzen bleibt, zwar nicht Beschuldigter wird, aber Zeuge und insofern kein Aussageverweigerungsrecht hat, sondern allenfalls ein Zeugnisverweigerungsrecht, das hier nur infrage kommen kann, wenn eine "nahestehende Person" (Ehegatte, Eltern, Kinder usw) belastet werden müssten.

Völlig offen ist für mich die Frage, ob in solchen Fällen das etwa bei einer Verkehrskontrolle aufgefundene Cannabis rechtmässig beschlagnahmt und eingezogen werden kann. Ich nehme an, zB das Bayrische Justizministerium und seine nachgeordneten Staatsanwaltschaften werden diese Frage ohne weiteres bejahen und etliche §§ und sonstige "gute Gründe" angeben können.

Dieses Gesetz ist aus juristischer Sicht einfach nur eine Katastrophe, schafft weitaus mehr Probleme, als es "eigentlich" aus der Welt schaffen wollte - zumindest für die Justiz und die Strafverfolgungsbehörden, die dieses Gesetz restriktiv anwenden werden.

Für den Konsumenten jedoch ergibt sich wirklich eine Erleichterung - sofern er nicht gerade in Bayern oder einer sonstigen Cannabis-feindlichen Region lebt.
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Re: CanG tritt zum 1.4.2024 in Kraft - und jetzt ?

Beitrag von pepre »

https://www.augsburger-allgemeine.de/ba ... 21426.html
... Auch die Münchner Polizei will das Gesetz in der von Ministerpräsident Söder geforderten Härte umsetzen. Die zuständige Pressestelle erklärt, dass Straftaten im Bereich der Rauschgiftkriminalität seit jeher niedrigschwellig verfolgt würden. Einen Unterschied zwischen Cannabis und anderen Drogen macht die Polizei also auch nach der Legalisierung nicht. ...
Äh... könnte man als Ankündigung eines Rechtsbruchs (miß)verstehen... :roll:

PS: Es stellt sich die Frage, was Söder damit bezweckt (Söder tut nur, was Söder nützt). Ganz klar ist es ein Signal nach Rechts (Law&Order). Es könnte sein, dass er das Feindbild "CSU vs Kiffer" schafft, um für Wahlkämpfe ein Analogon für "AfD vs Ausländer" zu haben. Viel zu verlieren hat er damit nicht, denn die bayerischen Kiffer werden wohl nur in Ausnahmefällen CSU wählen. - Alle rechts-populistischen Parteien dieser Welt setzten und setzen auf Feindbilder, sei es im Inneren oder Äußeren. Und offensichtlich klappt das ja auch hervorragend um sich bei konservativen Wählerschichten anzubiedern; die sehen ja in allem eine Bedrohung, was nicht so ist wie sie selbst.
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Re: CanG tritt zum 1.4.2024 in Kraft - und jetzt ?

Beitrag von Freno »

Für diejenigen, die aktuell von Repressionsfällen betroffen sind und deren Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist, kann man das CanG durchaus als einen Segen bezeichnen:

Wem nur (!) der Besitz und/oder Erwerb von Cannabis unterhalb der Grenzen des CanG vorgeworfen wird - der ja nach dem bis 31.3.24 insofern maßgeblichen BtMG strafbar gewesen war, "hat nichts mehr zu befürchten". Denn: Gesetzesänderungen zugunsten eines Beschuldigen oder bereits Angeklagten sind in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu berücksichtigen.

Ermittlungsverfahren von Polizei und Staatsanwaltschaft sind gem. § 170 II StPO "mangels Nachweises einer Straftat" einzustellen.

Wenn bereits Anklage beim zuständigen Gericht erhoben wurde, aber noch kein Hauptverhandlungstermin stattgefunden hat, kann man davon ausgehen, daß der (Vorsitzende) Richter die Staatsanwaltschaft zur Rücknahme der Anklage veranlassen wird, sofern die Staatsanwaltschaft dies nicht von sich aus tut.

Hat bereits ein Hauptverhandlungstermin stattgefunden, so muß der Angeklagte m.E. zwingend in einem erneuten Verhandlungstermin freigesprochen werden. Das gilt auch in den Fällen, in denen es bereits zu einer erstinstanzlichen Verurteilung gekommen ist, die noch nicht rechtskräftig ist, weil Berufung oder Revision eingelegt worden waren - egal von wem. Eine Rücknahme der Anklage ist jetzt nicht mehr möglich, die neuerliche Verhandlung unausweichlich - aber wenn der Freispruch sicher ist, hält sich die Belastung ja in Grenzen.

Das gilt aber wirklich nur dann, wenn es nur um den Besitz/Erwerb in den vom CanG normierten Mengengrenzen handelt. Auch nach dem CanG bleiben die Weitergabe und insbesondere das Handeltreiben verboten und strafbewehrt. Wer also, auch wenn es nur "um ein paar Gramm" geht, Cannabis weitergegeben hat - und wenn es an den Ehepartner war - oder seinem Kumpel für "einen Zwanni" was abgegeben hat, profitiert vom CanG leider überhaupt nicht, was den Schuldvorwurf anbelangt, allenfalls das Strafmaß könnte sich nach unten verschieben, was aber hier nicht ausdiskutiert werden kann.

Fortsetzung folgt.
Freno
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Re: CanG tritt zum 1.4.2024 in Kraft - und jetzt ?

Beitrag von Freno »

Da gibt es auch immer noch das berühmte Cannabis-Urteil des BVerfG vom 9.4.1994, nachdem geringfügige Mengen von der Verfolgung nach dem rechtsstaatlichen Übermaßverbot auszunehmen seien. Hier noch einmal die wesentliche Passage aus dem Urteilstenor:
L e i t s ä t z e
zum Beschluß des Zweiten Senats vom 9. März 1994
- 2 BvL 43/92 -
- 2 BvL 51/92 -
- 2 BvL 63/92 -
- 2 BvL 64/92 -
- 2 BvL 70/92 -
- 2 BvL 80/92 -
- 2 BvR 2031/92 -
(...)

3. Soweit die Strafvorschriften des Betäubungsmittelgesetzes Verhaltensweisen mit Strafe bedrohen, die ausschließlich den gelegentlichen Eigenverbrauch geringer Mengen von Cannabisprodukten vorbereiten und nicht mit einer Fremdgefährdung verbunden sind, verstoßen sie deshalb nicht gegen das Übermaßverbot, weil der Gesetzgeber es den Strafverfolgungsorganen ermöglicht, durch das Absehen von Strafe (vgl. § 29 Abs. 5 BtMG) oder Strafverfolgung (vgl. §§ 153 ff. StPO, § 31a BtMG) einem geringen individuellen Unrechts- und Schuldgehalt der Tat Rechnung zu tragen. In diesen Fällen werden die Strafverfolgungsorgane nach dem Übermaßverbot von der Verfolgung der in § 31a BtMG bezeichneten Straftaten grundsätzlich abzusehen haben.
(...)
Der Text ist von der HP des BVerfG entnommen.

Dieses Urteil hat Gesetzeskraft, also grundsätzlich den gleichen Rang, wie das CanG. Es kollidiert indessen mit dem CanG, da dieses auch "Verhaltensweisen mit Strafe bedrohen, die ausschließlich den gelegentlichen Eigenverbrauch geringer Mengen von Cannabisprodukten vorbereiten und nicht mit einer Fremdgefährdung verbunden sind" wie zB das gemeinsame Rauchen eines joints oder das unentgeltliche Weitergeben geringfügiger Mengen - iSd BVerfG, also weit weniger als die 25 g des CanG - im Freundeskreis.

Es gibt 2 althergebrachte Regeln zur Regelung von Kollisionsfällen von Gesetzen: das spätere Gesetz hat Vorrang vor dem Früheren, das speziellere Gesetz Vorrang vor dem Allgemeineren.

Es ist mir unmöglich, vorherzusagen, wie diese Regeln heute zutage auf die Kollision von CanG und dem BVerfG-Urteil angewandt werden und zu welchen Ergebnissen man kommen wird. Dabei spielt auch eine Rolle, wie man "Eigenverbrauch" und "Fremdgefährdung" vor dem Hintergrund des CanG definieren will.

Beispiel 1: A und B, die seit langen Jahren befreundet / zusammen lebend / verheiratet und regelmässige Cannabis-Konsumenten sind, rauchen gemeinsam einen joint - was nach dem CanG strafbar ist wegen "Weitergabe".
Ist das eventuell "gemeintschaftlicher Eigenverbrauch" iSd BVerfG - zumal die jeweils weitergegebene Menge weit unterhalb derjenigen der "Geringfügigkeitsverordnungen" der Bundesländer bleibt ?

Beispiel 2: A und B ziehen jeder für sich 3 Cannabis-Pflanzen nach dem CanG auf und tauschen zum Zweck des Erfahrungsaustauschs jeweils 5 g untereinander aus - auf den ersten Blick: Vorbereitung gelegentlichen Eigenverbrauchs - aber man kann auch anderer Auffassung sein.

Beispiel 3: A und B, wie im Beispiel 1 miteinander sozial verbunden, bauen jeder für sich 3 Cannabis-Pflanzen an. A hat Pech: seine Pflanzen gehen ein. Die Pflanzen von B gedeihen dagegen prächtig. B gibt A daher von seiner Ernte Cannabis an A weiter, wobei sich interessante Unterfälle bilden lassen:

a) das von B an A weitergegeben konsumfertige Cannabis reicht über die Mengengrenzen des CanG hinaus und wäre nach dem CanG "sofort zu vernichten";

b) das von B an A weitergegebene Cannabis bleibt jeweils im Bereich von 3-5 g und

aa) bleibt unterhalb von 25 g / Monat oder
bb) überschreitet 25 g / Monat
cc) überschreitet 25 g / Monat um weniger als 6 g

Beispiel 4: A und B sind - wie im Beispiel 1 - miteinander sozial verbunden und langjährige, zT auch gemeintschaftliche Cannabis-Konsumenten. A hilft B, der aus irgendwelchen Gründen kurzzeitig selbst kein Cannabis mehr erlangen kann, mit eigenem Cannabis aus. Auch hier lassen sich für den Juristen durchaus reizvolle Unterfälle bilden:

aa) die von A an B weitergegebene Menge bleibt unter 5 g
bb) A gibt an B 10 g Cannabis weiter und erhält von B dafür € 50, weil B nicht weiß, wann er sich "in natura" revanchieren kann.
cc) A gibt an B 5 g Cannabis weiter und wird von B zum Ausgleich zum Pizzaessen beim Italiener eingeladen

Ich kann nicht sagen, wie diese von mir konstruierten Beispielsfälle zu lösen sein würden - aber vielleicht machen sie deutlich, daß das o.g. Urteil des BVerfG auch nach Inkrafttreten des CanG für so manche Repressionsfälle - für die das CanG ja etliche Handhabe bietet - von Belang sein könnte.
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Hans Dampf
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Re: CanG tritt zum 1.4.2024 in Kraft - und jetzt ?

Beitrag von Hans Dampf »

Interessante Gedanken, danke für die Erläuterungen.
Wird spannend, was die ersten Urteile dazu hergeben werden 👍
"Das Schöne an der Mitgliedschaft im DHV ist dass man nichts tun muss außer zahlen und die Legalisierung trotzdem voranbringt. Aktiv mit-Menschen reden und sie offen für Neues zu machen erzeugt aber die größte Wirksamkeit für eine L. hier in D."
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Re: CanG tritt zum 1.4.2024 in Kraft - und jetzt ?

Beitrag von moepens »

Bzgl. der "geringen Menge" gab es jüngst ein Gerichtsurteil gegen einen Gärtner, bei dem die Grenze bei dem 10-fachen der erlaubten Menge gezogen wurde.

Quelle: https://amtsgericht-karlsruhe.justiz-bw ... GE=1162367
Freno
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Re: CanG tritt zum 1.4.2024 in Kraft - und jetzt ?

Beitrag von Freno »

Das von moepens mitgeteilte Urteil ist ein schönes Beispiel für einen sehr unerfreulichen Zustand, mit dem wir durch das CanG geraten sind: nämlich der Rechtsunsicherheit. Wir haben hier in den Diskussionen über das Gesetz und seine Entwürfe einige dieser Unsicherheiten ausführlich diskutiert, das AG Karlsruhe hat eine weitere aufgezeigt.

"Früher war alles besser!" : Gesetze wurden sehr langfristig vorbereitet, in Kraft traten sie regelmässig geraume Zeit nach ihrer Verkündung, so daß der Jurisprudenz genügend Gelegenheit zur wissenschaftlichen Durchdringung und zum Aufzeigen von Lücken, Unsicherheiten, Fehlern usw gegeben war. An dieser Diskussion - im wesentlichen in Fachzeitschriften - haben sich auch die Praktiker: Richter, Staatsanwälte, Notare und die sonstigen Rechtsberatenden Berufe intensiv beteiligt und eine Grundlage dafür schaffen können, daß diese Mängel der Gesetze relativ rasch durch die Rechtssprechung beseitigt werden konnten. Wer die Fachpresse einigermaßen verfolgte, wußte beim Inkrafttreten schon recht genau, wohin die Wege bei Unklarheiten gehen könnten. Die wohl bedeutenste Gesetzesreform der jüngeren Vergangenheit war das BGB, das "Bürgerliche Gesetzbuch", dessen Inkrafttreten das Leben schlichtweg aller Menschen im damaligen Kaiserreich betroffen und verändert hatte. 5 Jahre lang hatte der damalige Gesetzgeber das Inkrafttreten nach der Verkündung hinausgeschoben und das BGB war ein "voller Erfolg" gewesen, ist weltweit inzwischen vielfach nachgeahmt worden. Selbst im angelsächsischen Rechtskreis, der dem "case law" verpflichtet ist, orientiert sich va in den USA die akademische Ausbildung sehr gerne an der Systematik des BGB.

Heute ist das alles ganz anders: der "motorisierte Gesetzgeber" (Carl Schmitt) rotzt unausgegorene Gesetze nur so heraus, die auch sofort in Kraft treten - eine fachwissenschaftliche Durchdringung ist unmöglich geworden, ebenso eine Diskussion der Praktiker.

Nun stehn wir also da mit einem solchen, einigermaßen mißglückten Gesetz, von dem niemand weiß, wie mit seinen vielen Mängeln umgegangen werden könnte, sollte, müsste. Diese Unsicherheiten betreffen nicht nur die Konsumenten und von Repressionsfällen - laufenden Strafverfahren - Betroffenen, sondern auch die Richter, Staatsanwälte und Verteidger, last not least auch die Frontschweine des Rechtsstaates: die Polizei.

Die eine große Zahl der Repressionsfälle dürfte von den "Streifenhörnchen" (so nennen sie sich selbst) ausgelöst werden: Streifenpolizisten, die Konsumenten auf frischer Tat ertappen, bei Verkehrskontrollen usw. Sie wissen am allerwenigsten, wie mit den Mängeln dieses Gesetzes umzugehen sein wird. Sie werden zwar regelmässig fortgebildet, aber das braucht seine Zeit - man kann schließlich nicht alle deutschen "Streifenhörnchen" nur wegen dem CanG für 2 Wochen auf Lehrgang schicken, zumal auch diejenigen, welche die Lehrgänge veranstalten sollen, auch keinen Plan haben können.

Die Adressaten dieses Gesetzes werden somit zu Versuchskaninchen des Rechtsstaates - keine schöne Vorstellung, man kann wieder Zeter und Mordio schreien und mit Menschenrechten um sich werfen, aber das ändern nix an den Tatsachen. Auch die - weitaus besser qualifizierten - Staatsanwälte werden sich in vielen Fällen "in dubio contra reo" zu Anklagen entscheiden, weil sie sich - fachjuristisch völlig richtig - sagen: das sollen mal die Gerichte entscheiden !

So wird es also dazu kommen, daß Konsumenten, die nach ihrer "Laienwertung" mit gutem Gewissen gehandelt haben, sich gleichwohl auf der Anklagebank wiederfinden und mitunter Jahrelang mit einem psychisch, wirtschaftlich und sozial sehr belastenden Strafverfahren zu würgen haben werden.

Wer dies vermeiden möchte, dem sei angeraten, das CanG sorgsam zu studieren und die Erlaubnisse und Verbote jeweils sehr restriktiv auszulegen.

Es gibt aber einen Grund zur Zuversicht: die Justiz - ich werde nicht müde, das immer wieder zu betonen - gehört zu den stärksten Befürwortern der Legalisierung, weil sie durch ihre unmittelbare Befassung mit den Konsumenten die Erfahrung gemacht hat, daß "die Kiffer" in ihrer überwiegenden Mehrzahl ganz normale, sozial integrierte, verantwortungsbewußte Menschen sind, die völlig unnötigerweise kriminalisiert werden.

Man kann also durchaus hoffen, daß die Justiz das CanG zu Gunsten der Konsumenten auslegen wird und so einige der schlimmsten Mängel beheben wird.

Das o.g. Urteil des AG Karlsruhe ist vielleicht schon in dieser Richtigung zu interpretieren.

Aber auch diese Gesetzeskorrektur "auf dem Rechtsweg" dauert eben so lange, wie der Rechtsweg: viele Jahre.
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M. Nice
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Re: CanG tritt zum 1.4.2024 in Kraft - und jetzt ?

Beitrag von M. Nice »

Lieber ein nicht perfektes CanG, als den Status wie vor dem 1.4.2024.

Mich hat hier im FreiStatt Bayern, beim öffentlichem Konsum (bei mir med. Einnahme), jedenfalls bis jetzt, kein Polizist belästigt :mrgreen:
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Re: CanG tritt zum 1.4.2024 in Kraft - und jetzt ?

Beitrag von pepre »

https://www.merkur.de/bayern/cannabis-c ... 14684.html
[Beschlagnahmen an der D/Ö-Grenze]
...
„Die Pflanzen sind in Österreich legal bis zur Blüte“. Illegal werden sie erst, wenn sie größer sind, blühen und sich der Wirkstoff entfaltet. ... Die Pflanzen, die die Grenzpolizei sichergestellt hatte, waren größer und weiter in der Entwicklung des Wirkstoffs – und das war wohl der Grund für die Anzeigen. Das bayerische Gesundheitsministerium erläutert auf Anfrage unserer Zeitung die Rechtslage: Die Ein- und Ausfuhr von Cannabis – und damit auch von Cannabispflanzen – zu Konsumzwecken ist laut einem Sprecher verboten. Nicht grundsätzlich verboten ist aber die Ein- und Ausfuhr von „Vermehrungsmaterial“ – also von Cannabissamen und Cannabisstecklingen. Wichtig: Stecklinge dürfen „über keine Blütenstände oder Fruchtstände verfügen“.
...
Ich bin ja gespannt auf die gerichtliche Definition von "Blütenstände". Wird man ein Mikroskop brauchen?! :lol:
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