Konkret 10/87
Günter Amendt
Die Contra Connection
Während seiner Anti-Drogen-Kampagne setzte Reagan das Gerücht in die Welt, die Sandinisten seien in den lateinamerikanischen Kokain-Handel verwickelt. Sogar Umschlagplätze und Transportwege seien bekannt. Wie auch nicht? CIA-Leute selbst hatten schließlich geholfen, sie anzulegen. Die Dollars aus dem Geschäft kassiert nicht die Regierung in Managua, sondern die Contra in Miami. Günter Amendt war in Nicaragua. Er berichtet über die Drogensituation im Land
Ronald Reagan, das war die Wiedergeburt der McCarthy und Nixon Ära im Doppelpack. Reagan
schreckte vor nichts zurück, Kommunisten weltweit, soweit sie das 'Machtgebiet' der USA
betrafen, die Hölle auf Erden heiß zu machen. Der War on Drugs, nach dem Vorbild Nixons doch
mit wesentlich mehr Mitteln ausgestattet (in Breaking the Taboo wird darüber berichtet), war
ihm bei seinem Feldzug gegen Kommunisten ein willkommenes Werkzeug.
Lange Rede kurzer Sinn, Amendt fand in Nicaragua keinen nennenswerten Drogenmarkt oder
gar ein Drogenproblem der Bevölkerung. Koks konnten sich noch einige wenige reiche leisten,
Hanf war verfügbar, nahm aber nur einen Nischenplatz ein. Aitsch gab es so gut wie nicht. Das
Problem war Alkohol in einer verarmten Gesellschaft, bis heute als Drogenproblem nicht
anerkannt.
Der Vorwurf gegen die Sandinisten, die damals die sozialistische Regierung bildeten, erwiesen
sich im nachhinein als haltlos. Die Propagandainszenierung Reagans baute darauf, das die Mehrheit
der US-Bevölkerung nicht genau wußte, wo dieses fucking Nicaragua eigentlich liegt, who the hell da
unten gegen wen kämpft und auf welcher Seite sie eigentlich stehen. Nicaragua, das hieß trouble.
Drogen, das hieß trouble. Nicaragua und Drogen, das war trouble in Potenz. Das sollte hängenbleiben,
und es blieb auch hängen, legitimierte jede Schweinerei.
Was Amendt fand, war eine Schweinerei. Pisten im Urwald, mit Hilfe der CIA angelegt. Für
Flugzeuge als Zwischenstation auf dem Weg von Bolivien und Kolumbien nach Texas oder
Florida und zurück. Koks wurde auf direktem Weg geflogen, Waffen zurück über Umwege, auch
über Deutschland. Wir sind Staat 51 ohne Stern auf der Flagge, da ist vieles möglich.
Nutznießer dieses Deals, die Contras in Nicaragua und sonst wer in Lateinamerika, der
Waffen für den Kampf gegen Kommunisten beanspruchte und zahlen konnte. Wofür
die Waffen letztendlich eingesetzt wurden, interessierte niemanden. Solange es
Erfolgsmeldungen der Contra, mit Hauptquartier in Miami, gab.
Ausführendes Organ der Transporte war ein US amerikanisches Flugunternehmen,
Southern Air Transport, zugelassen in Miami/Florida. Dieses Unternehmen hatte schon
im Vietnamkrieg Aufsehen erregt:
Von 1960 bis 1973 war die Fluggesellschaft Eigentum der CIA. Da war doch was? Erinnerungen kommen hoch an tote amerikanische Soldaten, denen man in Saigon vor der Überführung in die Staaten den Brustkorb öffnete und mit Heroin vollstopfte. In den USA wurden die Leichen geöffnet und ein zweites Mal ausgenommen. GIs brachten die Drogenfahnder auf die Spur dieser makabren Heroin-Container. Der Stoff kam aus dem »Goldenen Dreieck«, die CIAirline »Southern Air« transportierte ihn zur Weiterverarbeitung in die Leichenschauhäuser von Saigon. Das war damals. In Vietnam. Und heute, in Nicaragua? Ob Eugene Hasenfus in seiner C-123, die über Nicaragua abgeschossen wurde, neben Waffen auch Drogen transportierte, ging aus den Prozeßberichten nicht hervor. Ein Mitarbeiter des bundesdeutschen Entwicklungsdienstes (DED), den ich im Norden Nicaraguas traf, meinte nur lapidar: »Glauben Sie, die fliegen leer in der Gegend rum, wenn sie ihre Waffen abgeladen haben.«
Eugene Hasenfus war Pilot, arbeitete für die CIA und wurde über Nicaragua auf einem seiner
Transportflüge abgeschossen. Bei seinem Prozess in Managua flog der bekannte Teil dieser
Riesenschweinerei auf. Die militärische Deckung der Sauerei übernahmen Ex-Söldner,
exil-kubanische Schweinebucht-Veteranen.
Zum Ausmaß der endlosen Geschichte, deren Zentrum momentan Mexiko ist:
Dem Söldner (Hasenfus) im Dienst der CIA wurde in Managua der Prozeß gemacht. Unter anderem ging es auch um ein Bordbuch, das im Wrack seiner heruntergeholten Maschine gefunden und beschlagnahmt worden war und als Beweismittel in den Prozeß eingeführt wurde. Aus den Eintragungen ins Bordbuch und den Einlassungen von Hasenfus vor Gericht stellte die Tageszeitung »El Nuevo Diario« eine Liste all jener Stützpunkte und Militärbasen zusammen, die Hasenfus und seine Söldnerkollegen regelmäßig ansteuerten, um Waffen aufzunehmen oder abzuladen. Waffen für die Contra, in mindestens 240 Einsätzen zusammengetragen und kreuz und quer über die nördliche Halbkugel transportiert, um die Spuren zu verwischen. Zu den Flugzielen der geschäftigen Airline gehören unter anderen: Honduras, Kolumbien, Costa Rica, El Salvador und Guantanamo, der US-Stützpunkt im Süden Kubas, aber auch die Bundesrepublik Deutschland, Italien, Zypern und Großbritannien. Und selbstverständlich auch diverse Pisten und Flughäfen in den USA.
Ein Drogenhändler und Geldwäscher sagte vor einem Senatsunterausschuss in Washington aus:
Insgesamt zehn Millionen Dollar habe seine Bande, die 75 Prozent des Kokainexports aus Kolumbien in die USA kontrolliert, der Contra spendiert. Der Zeuge gab an, die Spende an CIA-Agenten in Honduras und Costa Rica weitergeleitet zu haben
Vor demselben Senats-Unterausschuß berichtet zwei Wochen später ein Jorge Morales, er habe sich 1983 erstmals mit Führern der Contra in Miami getroffen und vereinbart, ihnen im Tausch für Drogen Frachtflugzeuge, Hubschrauber und Waffen zu besorgen. Einige seiner Kontaktleute hätten sich als Mitarbeiter der CIA ausgegeben
und ihm Schutz vor Strafverfolgung in den USA versprochen.
Der vollständige Artikel ist ein Auszug aus Amendts im Konkret Literaturverlag veröffentlichten Buch:
Der große weiße Bluff. Die Drogenpolitik der USA
Den Heroindeal aus dem Goldenen Dreieck über Saigon hatten die USA versucht, China in
die Schuhe zu schieben. Mit einer ähnlichen Propagandaaktion wie der in Nicaragua 20 Jahre
später. Verlässliche Mittel gibt man nicht so leicht auf und das gilt bis heute.
Breaking the Taboo
http://www.breakingthetaboo.info/
macht Hoffnung, das Licht das Dunkel einer unfassbaren Drogenpolitik der USA durchdringt.